17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 15

Stephan MayerCDU/CSU - Änderung des Bundeswahlgesetzes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es ist das vornehme Recht, aber auch die Verpflichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages, nach jeder Bundestagswahl und vor jeder Bundestagswahl die 299 Bundeswahlkreise dahin gehend zu überprüfen, ob eine Neujustierung, eine Neueinteilung erforderlich ist.

Wenn der Kollege Tempel noch hier wäre, würde ich ihm gerne dazu gratulieren, dass es ihm gelungen ist, sogar eine Debatte zu einem zugegebenermaßen sehr technischen Gesetz zu parteipolitischen Zwecken zu missbrauchen. Ich möchte mich wirklich in aller Form und in aller Deutlichkeit gegen die Vorwürfe der Schieberei, der Vetternwirtschaft und der Ministergefälligkeit verwahren.

Es war so, wie es von allen Vertretern der Fraktionen ausgeführt wurde, nämlich dass uns gar nichts anderes übrig blieb, als aufgrund des ergänzenden Berichts der Bundeswahlkreiskommission mit dem Stichtag 31. Juli 2015 den Wahlkreis aus Thüringen nach Bayern zu verlagern und eben nicht den aus Hessen. Dies hat die Bundeswahlkreiskommission, wie schon Frau Kollegin Fograscher richtigerweise ausgeführt hat, bereits in ihrem Bericht im Januar 2015 deutlich gemacht. Dass dies für Thüringen schmerzlich ist, gestehe ich vollkommen zu. Es ist nicht einfach, vor Ort zu vermitteln, dass ein Wahlkreis wegfällt. Aber aufgrund der aktuellsten Zahlen – und wir haben in den letzten drei Legislaturperioden, in denen ich dieses Thema mit betreut habe, nicht anders handeln können – blieb uns nichts anderes übrig, als den Wahlkreis aus Thüringen nach Bayern zu transferieren und eben nicht den aus Hessen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mir ist auch sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir bei der Neueinteilung der Bundeswahlkreise einen wesentlichen Grundsatz verfolgt haben, nämlich die Kontinuität und das Bestreben, nur minimalinvasive Eingriffe vorzunehmen. Es ist auch kein Geheimnis: Wir sind nicht allen Vorschlägen der Bundeswahlkreiskommission gefolgt. Wenn es nach der Bundeswahlkreiskommission gegangen wäre, wären weitaus mehr Wahlkreise verändert worden, wären weitaus mehr Gemeinden mit ihren Bürgern verschoben worden.

Ich weiß aus Gesprächen mit Bürgermeistern und Gemeinde- und Stadträten, dass das vor Ort nicht gut ankommt. Das wird häufig so interpretiert: Wir sind Gemeinden minderer Klasse. Wir sind nur Manövriermasse, um die Bundeswahlkreise neu zu justieren. – Diesem Eindruck möchte ich deutlich entgegentreten. Uns bleibt in den Fällen, in denen wir eine Neueinteilung vornehmen, nichts anderes übrig. Ansonsten würde die Verfassungswidrigkeit der nächsten Bundestagswahl drohen. Es ist ja schon ausgeführt worden: Wenn am Wahltag ein Bundeswahlkreis um mehr als 25 Prozent nach oben oder unten vom Mittel der Einwohnerzahl eines Bundeswahlkreises abweicht – das liegt bei genau 245 958 –, dann wäre die Wahl verfassungswidrig. Das können wir beim besten Willen nicht sehenden Auges riskieren.

Aber wohlgemerkt: Wir haben viele Vorschläge der Bundeswahlkreiskommission nicht aufgegriffen, weil wir mit gutem Gewissen davon ausgehen, dass die 25-Prozent-Hürde am Wahltag im September 2017 nicht überschritten werden wird. Uns war es wichtig, Kontinuität zu wahren, wo dies möglich ist. Es war uns auch wichtig, die Kongruenz mit den Grenzen der Gebietskörperschaften, also vor allem der Landkreise und der kreisfreien Städte, und, wo es möglich war, auch mit den Landtagsstimmkreisen zu wahren.

Vorhin wurde Bayern erwähnt. Sehr verehrte Frau Kollegin Fograscher, Bayern war in diesem Fall ausnahmsweise wirklich der schwierigste Fall. In Bayern gab es die größten Veränderungen auch zwischen den Wahlkreisen. Aber auch hier haben wir minimalinvasive Eingriffe vorgenommen. Der Regierungsbezirk Oberfranken zum Beispiel ist schon genannt worden. Die Bundeswahlkreiskommission schlug vor, die Gemeinde Geroldsgrün und die Gemeinde Schwarzenbach vom Wahlkreis Hof in den Wahlkreis Coburg zu verlagern. Wir haben dann – dafür bin ich auch den örtlichen Wahlkreisabgeordneten sehr dankbar – den Kompromiss gefunden, dass wir nur die Gemeinde Geroldsgrün vom Wahlkreis Hof in den Wahlkreis Coburg verlagern. Im Regierungsbezirk Niederbayern ist uns Ähnliches gelungen. Die Bundeswahlkreiskommission hatte vorgeschlagen, die Verwaltungsgemeinschaft Gerzen und die Gemeinde Bodenkirchen vom Wahlkreis Landshut in den Wahlkreis Rottal-Inn zu transferieren. Wir haben uns auch hier nach vielen Gesprächen einvernehmlich darauf verständigt, nur die Verwaltungsgemeinschaft Gerzen vom Wahlkreis Landshut in den Wahlkreis Rottal-Inn zu verlagern.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir haben wirklich dokumentiert, dass wir dem wichtigen Grundsatz der Kontinuität der Wahlkreise, für den ich sehr viel Verständnis habe, in größtmöglicher Weise Rechnung getragen haben. Ich möchte nochmals allen Beteiligten und den Berichterstattern aller Fraktionen ganz herzlich danken. Ich sage das ganz offen: Es ist guter Brauch, dass wir bei der Novellierung des Bundeswahlgesetzes und bei der Neueinteilung der Bundeswahlkreise auch die Opposition intensiv miteinbeziehen. Insoweit können wir Ihnen einen Gesetzentwurf vorlegen, der aus meiner Sicht allen Bedenken Rechnung trägt und sich, glaube ich, sehen lassen kann.

Ich bitte insbesondere vor dem Hintergrund, dass in wenigen Wochen mit der Aufstellung der Bundeswahlkreiskandidaten für die Bundestagswahl 2017 begonnen werden kann, um eine zügige Behandlung im Deutschen Bundestag.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6678900
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundeswahlgesetzes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine