17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 17

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Land ist in der Flüchtlingsfrage nach wie vor gespalten. Das haben wir am letzten Wahlwochenende wohl alle deutlich gemerkt. Ich hoffe, dass die Große Koalition begriffen hat, was die Zahlen für sie bedeuten. Deshalb sage ich für meine Fraktion deutlich: Wir stehen zur Aufnahme von Flüchtlingen, von Menschen, die vor Bomben und Terror flüchten, und zwar nicht nur, weil es die Genfer Flüchtlingskonvention gebietet, sondern weil es ein zutiefst humanes Handeln bedeutet. Deswegen ist es wichtig, dass wir für die Integration von Menschen sorgen.

Wir als Linke stehen eindeutig gegen eine dumpfe Stimmungsmache, die unterstellt, dass Flüchtlinge nur oder zumindest überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Sie können arbeiten, sie wollen arbeiten, aber dafür brauchen sie einfach Unterstützung.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Erstens. Der Erwerb von Sprachkenntnissen ist dabei das A und O. Das, was hier bislang geboten worden ist, ist eigentlich armselig. Sechs-Monats-Kurse wurden in Teilzeit angeboten und dadurch auf zwölf Monate ausgedehnt. Lehrer, die diese Menschen unterrichten, werden schlecht bezahlt, wodurch sie aufstocken müssen. Das, meine Damen und Herren, ist Ihre Integrationspolitik.

Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit hat dieser Tage erst erklärt, dass die bisher geplanten 290 000 Plätze bei weitem nicht ausreichen. Deshalb sagt die Linke ganz klar und eindeutig: Wir brauchen mehr und qualitativ bessere Sprachkurse, Schluss mit der völlig daneben liegenden Diskussion darüber, dass eine Selbstbeteiligung der Flüchtlinge an den Kosten erfolgen soll.

Zweitens. Integration und Härte, wie von Herrn de Maizière gefordert und umgesetzt, gehen einfach nicht zusammen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In meinem Wahlkreis gibt es eine junge Familie. Ich will Ihnen eindeutig zeigen, dass die Familie existiert.

(Die Rednerin hält ein Bild hoch)

Aufgrund der neuen Abschiebepraxis hat in Zwickau eine Afghanin dieser Tage einen – wie es so schön heißt – Abschiebebescheid, einen Ausreisebescheid bekommen. Die Frau ist Mutter von drei Kindern. Ein Kind hat sie auf der Flucht verloren, ein kleines Mädchen ist ertrunken. Das jüngste Kind ist gerade ein Jahr alt. Ihr Ehemann arbeitet bei einem mittelständischen Unternehmen im Ort. Sein Chef sagt jetzt: Das kann doch wohl nicht wahr sein. Die Mutter soll abgeschoben werden, und der junge Mann soll mit den drei Kindern hierbleiben. Er soll zur Arbeit gehen und dabei den Kopf frei haben, wenn seine Frau in Afghanistan den Kriegszuständen ausgesetzt ist. Das ist doch keine Integrationspolitik, meine Damen und Herren. Das ist doch schäbig. So etwas können wir doch nicht wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Maßnahmen aus der Abteilung „Hauptsache billig“ brauchen wir überhaupt nicht. Mit den 100 000  1-Euro-Jobs für Flüchtlinge ist niemandem geholfen. Frau Pothmer, Sie haben diese angesprochen. Wir haben dazu eine andere Meinung. Wir wissen, dass diese 1-Euro-Jobs nicht in den ersten Arbeitsmarkt führen. Es kann doch nicht sein, dass wir die Leute dann in 1-Euro-Jobs abschieben.

Wir brauchen Fachkräfte. Frau Nahles sagt – und da sind wir sogar bei Frau Nahles –,

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Da sind wir die ganze Zeit schon, nur Sie nicht!)

„dass die Flüchtlinge zu Fachkräften von morgen werden“. Ja, die Flüchtlinge sollen die Fachkräfte von morgen werden und nicht die Billigkräfte von heute sein. Aber ich glaube, durch 1-Euro-Jobs Qualifikationen zu vermitteln, ist ein bisschen schwierig. Das ist doch bloß ein Abhaken, und das ist etwas, was wir nicht wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen dringend die Aufhebung der Vorrangprüfung und das Bleiberecht für Asylsuchende. Diejenigen, die bereits eine Arbeit gefunden haben oder eine Ausbildung haben, müssen hierbleiben dürfen, und die Anerkennung der erworbenen Abschlüsse muss einfach schneller funktionieren.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Wir unterstützen den Antrag der Grünen, aber ich wünsche mir schon, dass Sie einmal in sich gehen, meine Damen und Herren von der Koalition. Der Sonntag der letzten Woche liefert Ihnen sehr viele Beweise dafür.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Kollegin Daniela Kolbe für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6679022
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge
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