17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 17

Kerstin GrieseSPD - Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns zum Thema des Abends zurückkommen: Was können wir praktisch tun, um Flüchtlinge in Arbeit zu integrieren? Hier geht es in der Tat darum, dass sie schnell die deutsche Sprache lernen und schnell Zugang zu Ausbildung und Arbeit bekommen. Es liegt eine riesige Chance darin, weil zwei Drittel der Flüchtlinge unter 30 Jahren sind; es sind also junge Leute. Daher gibt es ganz viele Chancen: Bildungschancen und Chancen der Integration. Es geht darum, sie zu nutzen. Daran werden wir mit aller Kraft arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Wir schaffen das. Aber wir sagen auch: Wir machen das. – Wir sagen auch, wie wir das machen. Ich will ein erfolgversprechendes Modell aus meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen erwähnen: die „Integration Points“. Es gibt in Nordrhein-Westfalen 47, in jedem Arbeitsamtsbezirk einen. Ich konnte gerade in der letzten Woche mit der Frau Staatssekretärin den „Integration Point“ im Kreis Mettmann besuchen. Dort arbeiten die Arbeitsagentur, das Jobcenter und die kommunale Ausländerbehörde Hand in Hand zusammen, um Flüchtlinge zu integrieren, Sprachkurse zu vermitteln, Qualifikationen festzustellen, sie in Praktika und Arbeit zu vermitteln. Das war ein sehr positives Erlebnis.

Dort gibt es hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Wir haben eine Frau kennengelernt, die sechs arabische Dialekte kann und aus einem einfachen Job im Bereich des Sicherheitsdienstes in einen qualifizierten Job gewechselt ist. Das ist also auch eine Jobmaschine, ein Arbeitsmotor. Dort arbeiten, wie gesagt, hochmotivierte Menschen. Ehrenamtliche kommen zusammen mit Flüchtlingen dorthin, sie nehmen sie an die Hand und gehen mit ihnen zu den Sprechstunden, und es findet wirklich Vermittlung aus einer Hand statt. Wir hatten auch noch das Erfolgserlebnis, dass ein Flüchtling gerade erst in einen Arbeitsplatz in einem Restaurant in meiner Heimatstadt Ratingen vermittelt wurde. Es geht also, wenn alle zusammen anpacken und alle zusammenarbeiten. Es gibt viele gute Beispiele, die zeigen, was wir schon auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Die Jobcenter und die Arbeitsagenturen haben mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Wir haben die Möglichkeiten, Praktika zu absolvieren, erleichtert. Dazu, dass die Integrationsminister auf der heutigen Konferenz gefordert haben, die Vorrangprüfung zeitlich befristet auszusetzen, sage ich ausdrücklich: Ich halte das für einen bedenkenswerten Vorschlag, über den wir noch einmal sprechen sollten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn in vielen Regionen gehen nahezu 100 Prozent der Prüfungen so aus, dass der Flüchtling den jeweiligen Job annehmen darf. Da muss man sich überlegen, ob das nicht ein Stück Bürokratieabbau wäre.

Wir haben viel Geld für Sprachkurse bereitgestellt. Ein kleiner Wink an das BMI, das nicht da ist: Das gemeinsame Sprachkonzept muss jetzt schnell kommen.

Ich finde es gut, dass wir auch das Drei-plus-zwei-Modell verabredet haben, sodass junge Flüchtlinge, die sich in der Ausbildung befinden, nach ihrer Ausbildung zwei Jahre hierbleiben können. Das sind die richtigen Schritte zur Integration in Arbeit und Ausbildung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber ich sage ganz klar: Wir müssen noch mehr machen. Wir brauchen die dazu erforderlichen finanziellen Mittel. Darüber müssen wir offen sprechen. Darum geht es ja gerade in diesen Wochen, in denen der Haushalt aufgestellt wird. Ich finde es gut, dass die Länder-Integrationsminister da heute noch einmal Druck gemacht haben. Denn auch wir von der SPD-Bundestagsfraktion sagen schon lange: Wir brauchen ein Integrationspaket.

Ich verstehe allerdings nicht, warum sich Bayern der heutigen Integrationsministerkonferenz verweigert hat.

(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [SPD])

Ich halte es sogar für grob fahrlässig, sich noch nicht einmal der Diskussion zu stellen; denn gerade jetzt brauchen wir ein solidarisches Zusammenwirken von Kommunen, Ländern und Bund,

(Tobias Zech [CDU/CSU]: Wir betreiben schon Integration, Frau Kollegin! Gucken Sie einmal, wie Ihre SPD-geführten Länder mit Integration umgehen! Wir brauchen keine Belehrungen der SPD! Wirklich nicht! 10 Prozent!)

und auch das Bundesland Bayern sollte dabei sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht jetzt um konkrete Maßnahmen und um finanzielle Mittel, damit die Menschen hier gut miteinander leben und arbeiten können, seien sie hier aufgewachsen oder zu uns geflohen. Es geht um das Miteinander aller.

Wir wollen, dass aus den Flüchtlingen Nachbarinnen und Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen werden. Daran werden wir intensiv arbeiten. Das ist die große Aufgabe der nächsten Jahre. Lassen Sie uns das planvoll und tatkräftig anpacken.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6679085
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge
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