18.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 162 / Tagesordnungspunkt 19 + ZP 3

Pia-Beate ZimmermannDIE LINKE - Reform der Pflegeberufe

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Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Herr Gröhe, wir stimmen mit Ihnen sowie mit den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und auch mit den Gewerkschaften überein, dass die Aufwertung der Pflegeberufe schon lange überfällig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Und es ist gut, dass auch Sie das endlich erkannt haben.

Nicht gut ist allerdings, dass Sie jetzt versuchen, uns weiszumachen, dass Ihr Gesetz zur Reform der Pflegeberufe diese Aufwertung wirklich vornimmt. Ihr Vorschlag ist schlicht ein Schmalspurgesetz, das den Herausforderungen im Bereich der Pflegeberufe überhaupt nicht gerecht wird.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Rawert [SPD]: Auf jeden Fall breit genug für breite Diskussionen!)

Bevor man sich entscheidet, einen Beruf zu erlernen, schaut man sich die Arbeitsbedingungen an. Man fragt sich: Wäre das ein Beruf für mich? Werde ich in dem Beruf Spaß haben? Werde ich den Beruf lange ausüben können, womöglich bis zum Ende des Berufslebens? Ich finde, Sie sollten sich einmal die Zeit nehmen, über die heutigen Arbeitsbedingungen in den Pflegebereichen nachzudenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Herren Gröhe und Laumann, hätten Sie derart schlechte Arbeitsbedingungen in Ihrem Ministerium wie manch eine Pflegekraft, so hätten Sie schon lange hingeschmissen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Umso mehr gilt mein gesamter Respekt allen Pflegekräften in diesem Land.

Meine Damen und Herren, wir meinen, eine gewisse Zusammenlegung der Pflegeberufsausbildungen macht durchaus Sinn und entspricht dem aktuellen Stand der Pflegewissenschaften. Deswegen wollen wir eine integrierte Ausbildung mit einer zweijährigen gemeinsamen Grundausbildung und anschließender einjähriger Schwerpunktsetzung in allgemeiner Pflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür braucht es eine qualitativ hochwertige Ausbildung, die zukunftsgerecht ist, sich den aktuellen Herausforderungen in der Pflege stellt und die nach dem Berufsabschluss eine Berufsfähigkeit sicherstellt. Das setzt aber gute Arbeitsbedingungen im gesamten Pflegebereich voraus.

(Beifall bei der LINKEN)

Der erste und richtige Schritt wäre eine bundesweit einheitliche Personalbemessung.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das haben wir gestern diskutiert!)

Sonst besteht nämlich weiterhin die Gefahr, dass die praktische Ausbildung infolge von Personalmangel leidet und Auszubildende, wie heute schon viel zu oft, als günstige Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Bessere Arbeitsbedingungen bedeuten auch gute Löhne. Insbesondere in der Altenpflege haben wir da einen riesigen Nachholbedarf. Gerade vor dem Hintergrund Ihres generalistischen Gedankens ist das von hoher Bedeutung; denn sonst wird am Ende die Altenpflege der große Verlierer Ihrer Reform sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auch ein attraktives Arbeitsumfeld mit verlässlichen Dienstplänen und genügend freien Tagen trägt zur Steigerung der Pflegequalität bei.

Ohne einen entsprechenden Paradigmenwechsel treten Sie, Herr Minister Gröhe, in Fragen der Aufwertung der Pflege auf der Stelle. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Gröhe, es besorgt mich sehr, dass Sie das alles eigentlich wissen und trotzdem auf eine Schmalspurausbildung und flexibel einsetzbare Pflegekräfte setzen, nicht auf die Spezialisierung.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Quatsch!)

Qualität und Qualitätssteigerung in der Pflege sieht Ihr Entwurf jedenfalls nicht vor.

(Mechthild Rawert [SPD]: Noch einmal lesen!)

Das will ich den Menschen in diesem Land ganz klar sagen: Sie ignorieren die eigentlichen Probleme und machen Politik auf dem Rücken der Beschäftigten, auf dem Rücken der Menschen mit Pflegebedarf sowie ihrer Angehörigen. Wer das nicht glaubt, der sollte sich doch einfach mal die Eckpunkte für eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung anschauen. Die Ausbildungsinhalte werden dort nahezu überhaupt nicht beschrieben.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das kommt doch noch! Die sind in Arbeit!)

Meine Damen und Herren, das macht doch Ihre Situation noch einmal deutlich: Sie wissen gar nicht ganz genau, wie Sie Ihre vielbeschworene Generalistik ausgestalten wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir Abgeordnete sollen von Ihnen die Katze im Sack kaufen; denn es bleibt unklar, ob durch Ihre Neugestaltung der Ausbildung tatsächlich eine qualitativ hinreichende Berufsfähigkeit hergestellt werden kann.

Umso erfreuter war ich natürlich, als ich mir die Empfehlungen des Bundesrates angeschaut habe; denn er hat Ihnen sehr gute Hinweise mit auf den Weg gegeben, zum Beispiel, dass Pflegeschulen – anders als es Ihr Entwurf vorsieht – nicht zum Abschluss von Ausbildungsverträgen ermächtigt werden können. Das geht mit der Klarstellung einher, dass Auszubildende während der gesamten Ausbildungszeit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind und keine Schüler; denn Mitbestimmung sichert Ausbildungsqualität.

(Beifall bei der LINKEN – Mechthild Rawert [SPD]: Grundgesetz lesen!)

Er fordert Sie auch auf, eine vollumfänglich gerechte, gemeinsame und einheitliche Finanzierung der neuen Pflegeausbildung sicherzustellen. Das bedeutet, dass der Eigenanteil der Menschen mit Pflegebedarf nicht weiter ansteigen darf. Das begrüßen meine Fraktion und ich sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Gröhe, hören Sie auf die Alarmsignale aus dem Bundesrat, der sie auffordert, das Inkrafttreten Ihrer Reform um ein Jahr zu verschieben. Somit wäre mehr Zeit, um einen Entwurf vorzulegen, der die Aufwertung der Pflegeberufe ernsthaft zum Ziel hat.

Meine Damen und Herren, ich kann nur eindringlich dafür appellieren, den Blindflug in einem so sensiblen Politikbereich wie dem der Pflege endlich zu stoppen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Nehmen Sie die Pflegeausbildungsreform ernst und setzen Sie bei den wirklichen Problemen an. Eine Schmal­spurausbildung jedenfalls ist nicht der Weg, um die Pflege zukunftsfest zu machen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Kommt auch nicht!)

Darum wird es von der Linken keine Zustimmung zu Ihrer Generalisierung geben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Frau Parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6680328
Wahlperiode 18
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Reform der Pflegeberufe
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