Harald WeinbergDIE LINKE - Reform der Pflegeberufe
Vielen herzlichen Dank! – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Im Vergleich zu unserer gestrigen Debatte zum Personalnotstand in den Krankenhäusern sind wir, glaube ich, beim Thema Pflegeausbildung, zumindest was die Diagnose angeht, beieinander.
Wir brauchen Tausende zusätzlicher Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten. Und in Zukunft wird der Bedarf sicher noch steigen. Jeder und jede von uns will bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit gut gepflegt werden. Dafür brauchen wir mehr Pflegekräfte. Wir müssen den Beruf attraktiv machen; denn man kann auf Dauer nur dann personelle Zuwächse haben, wenn man den Ausbildungswilligen ein gutes Angebot macht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir können uns auch nicht allein auf Pflegekräfte aus dem Ausland verlassen; denn diese werden in ihren Heimatländern gebraucht. Wir müssen selber ausbilden und auch gut ausbilden. Darüber reden wir heute.
Es fängt bereits bei den Ausbildungsbedingungen an. Derzeit müssen Auszubildende in einigen Bundesländern für den Besuch der Pflegeschulen immer noch Schulgeld bezahlen. Wen wundert es eigentlich, wenn junge Menschen keine Lust haben, von ihren knappen Ausbildungsvergütungen auch noch einen Teil in die Schulausbildung zu stecken? Das schreckt ab und macht die Ausbildung unattraktiv. Es ist gut, dass damit Schluss gemacht worden ist. Damit setzen Sie eine alte Forderung von uns um. Das ist sehr gut, und das erkennen wir an.
(Beifall bei der LINKEN)
Was weniger gut ist: Sie gewähren den Auszubildenden auch weiterhin keine Mitbestimmungsrechte; denn es bleibt dabei, dass Privatschulen Ausbildungsträger sein können. Das hat Folgen für die Auszubildenden: Kein Betriebsrat oder Personalrat kann sie vertreten. Es gibt keine Jugend- und Auszubildendenvertretungen und keine Vertrauensleute.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Schüren Sie nicht solche Ängste!)
Die Auszubildenden bleiben so Auszubildende zweiter Klasse. Der Bundesrat fordert daher zu Recht, dass das geändert wird. Hier sehen wir deutlichen Nachbesserungsbedarf.
(Beifall bei der LINKEN)
Was auch nicht geht – das ist bereits angesprochen worden –, ist, dass Sie die Ausbildung letztlich durch die Pflegebedürftigen selbst finanzieren. Weil wir in der Pflegeversicherung das Teilkaskoprinzip haben, werden die Pflegesätze durch die Kosten der Ausbildung erhöht. Die Ausbildung von Pflegekräften ist aber eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft und nicht die alleinige Aufgabe der derzeit Pflegebedürftigen. Wir wollen nicht die berechtigten Interessen der Auszubildenden gegen die der Pflegebedürftigen ausspielen. Aber genau das machen Sie mit dieser Regelung. Daher fordern wir wie auch die Länder eine vollständige Finanzierung der Ausbildungskosten.
(Beifall bei der LINKEN)
Zum Schluss noch ein Wort zur generellen Ausrichtung Ihres Gesetzentwurfs. Grundsätzlich ist es richtig, dass die Ausbildungen in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege näher zusammenrücken sollen; denn viele Inhalte sind gleich oder ähnlich. Aber es gibt auch Inhalte, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Wenn Sie nun eine komplett einheitliche Ausbildung regeln wollen, dann schütten Sie unseres Erachtens das Kind mit dem Bade aus.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Es liegt in der Natur der Sache, dass etwa für die Kinderkrankenpflege wichtige Inhalte schlicht nicht mehr gelehrt würden und dass die Praxisphasen außerhalb von Kinderstationen nicht dafür qualifizieren, in Kinderstationen eigenverantwortlich eingesetzt zu werden. Wir wollen daher eine dreijährige Ausbildung, davon die ersten zwei Jahre gemeinsam und das dritte Jahr als Spezialisierungsjahr getrennt voneinander.
(Beifall bei der LINKEN)
Nur so ist eine hohe Qualität der Ausbildung zu bewerkstelligen, die auch den eigenen Ansprüchen der Pflegekräfte an sich selbst genügt.
Neben der Ausbildungsreform in Richtung einer integrierten Ausbildung müssen wir die Ausbildungssituation in den Einrichtungen in den Blick nehmen. Wir brauchen eine ausreichende Zahl an qualifizierten Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern. Wir brauchen ausreichend Zeit für Praxisanleitungen.
(Petra Crone [SPD]: Das stimmt! Steht alles drin!)
Wir brauchen keine Anrechnung der Auszubildenden auf den Personalschlüssel.
(Beifall bei der LINKEN)
Auszubildende dürfen vor allen Dingen nicht als Reserve in Nachtschichten oder Sonderschichten eingesetzt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun geht es in die Beratungen und in die Anhörung. Ich sage einmal so: Möge der Struck’sche Geist über uns kommen und das Gesetzesvorhaben in die richtige Richtung bringen.
(Hilde Mattheis [SPD]: Das müssen Sie aber auch machen!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Carola Reimann für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6680436 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Reform der Pflegeberufe |