Ralph BrinkhausCDU/CSU - Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Andreae, das war eine sehr engagierte Rede, und es freut mich außerordentlich, dass die Grünen jetzt ihr Herz für den Mittelstand entdeckt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Andreae, ich gebe Ihnen einen Tipp: Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann hören Sie auf, höhere Spitzensteuersätze zu fordern. Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann hören Sie auf, eine Vermögensabgabe zu fordern. Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann hören Sie auf, die Familienunternehmen mit Erbschaftsteuer belasten zu wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann denken Sie darüber nach, dass gerade der Mittelstand unter hohen Energiepreisen, die Sie immer weiter nach oben treiben wollen, leidet. Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann gucken Sie sich doch mal an, was Ihre Landesumweltminister mit Landesentwicklungsplänen machen, mit denen sie dem Mittelstand jegliche Erweiterungsmöglichkeiten nehmen, wie das bei mir in Nordrhein-Westfalen der Fall ist.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie bringen das durcheinander! Sie regieren in diesem Land seit zehn Jahren! Haben Sie schon mal gemerkt, dass Sie seit zehn Jahren in diesem Land regieren?)
– Herr Hofreiter, wenn Sie Innovationsförderung machen wollen, dann denken Sie daran: Wer ist denn die technologiefeindlichste Partei hier in Deutschland? Das sind Sie.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch eine alberne Oppositionsrede, die Sie hier halten! Reden Sie mal mit Ihrem Finanzminister!)
Auch wenn die Aufregung bei den Grünen jetzt sehr groß ist – denn scheinbar ziehen Sie sich den Schuh an, den ich Ihnen gerade hingestellt habe –,
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
sollten wir nichtsdestotrotz über Forschung und Entwicklung reden. Forschung und Entwicklung sind wichtig. Wir wissen, dass die Zukunftsfähigkeit einer Industriegesellschaft von Forschung und Entwicklung abhängt.
Wir sind in Deutschland mit unserem Anteil von Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt übrigens gar nicht so schlecht. Das gilt insbesondere seit 2005.
(René Röspel [SPD]: Seit 1998! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Seit 98!)
Das wird uns auch von unabhängigen und uns nicht nahestehenden Wissenschaftlern bestätigt. Es ist so, dass wir uns erheblich verbessert haben dank der Politik der Großen Koalition, angefangen mit Frau Bulmahn,
(René Röspel [SPD]: Das stimmt!)
als sie noch in Amt und Würden war, und jetzt mit Frau Wanka. Das heißt, da ist viel, viel geleistet worden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber Rot-Grün!)
Jetzt wird gesagt: Wir haben ein Problem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Da könnte die steuerliche Forschungsförderung helfen. – Ich finde, das sollte man nicht ganz von der Hand weisen. Ich glaube, das muss man diskutieren. Steuerliche Forschungsförderung kann durchaus ein attraktives Mittel sein, um auch kleine und mittlere Unternehmen in diesem Bereich zu fördern. Aber, Frau Andreae, das ist nicht, wie Sie es dargestellt haben, der große grüne Knopf, auf den Sie drücken, und dann wird in dem Bereich alles gut.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ein schwarzes Stoppschild, Herr Kollege!)
Daher will ich jetzt versuchen, anhand einiger Punkte etwas Wasser in diesen Wein zu gießen. Sie haben diese Behauptung aufgestellt: Alle machen das, außer Estland und Deutschland. – Wissen Sie, wer das am meisten macht? Das unglaublich erfolgreiche volkswirtschaftliche Konstrukt Frankreich.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwehren! Abwehren! Abwehren!)
Die Franzosen sind ganz groß darin. Ist das für uns ein Rollenmodell? Ich weiß es nicht. Sie machen nämlich immer eines: Sie nehmen einen Bereich aus dem Forschungsförderungskonzept heraus und sagen: Das wird in anderen Ländern gemacht, das wird in Deutschland nicht gemacht. Vor diesem Hintergrund sagen Sie dann: Das müssen wir in Deutschland auch machen.
Lassen Sie uns doch einmal über das sprechen, was in Deutschland gemacht wird. Wir sind zum Beispiel sehr stark darin, Forschungsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Die ganze Welt beneidet uns um unsere Spitzenforschungsinstitute: Max Planck, Helmholtz-Gemeinschaft, Fraunhofer. Damit können wir glänzen. Wir sind darin sehr stark geworden, durch die Exzellenzinitiativen an den Universitäten Spitzenforschung nach Deutschland zurückzuholen. Hier haben wir sehr viel geleistet, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD] – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mal zum Thema!)
Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Dr. Gambke, Bündnis 90/Die Grünen. Wollen Sie diese zulassen?
Ja, aber immer gern doch.
Bitte schön, Herr Kollege Dr. Gambke.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. – Die schwungvolle Art Ihres Beginns und Ihre Argumentation lassen eher vermuten, dass die Erregung bei Ihnen liegt und weniger bei uns.
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ihr Argument zu Frankreich höre ich häufig. Es ist Ihnen schon bewusst, dass wir hier einen Gesetzentwurf für kleine und mittlere Unternehmen vorlegen? Und es ist Ihnen auch bewusst, dass zum Beispiel die Ausführungen, die Experten zu diesem Thema machen – vor kurzem der Wochenbericht des DIW, den Sie oder derjenige, der Ihnen Ihre Rede aufgeschrieben hat, möglicherweise im Hinterkopf haben und der sich kritisch mit der Frage Frankreichs auseinandersetzt –, nicht berücksichtigen, dass in Frankreich eben alle Unternehmen eine steuerliche Forschungsförderung erhalten? Deshalb würde ich Sie bitten, in Ihren Ausführungen darauf Rücksicht zu nehmen.
Mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen argumentieren wir, dass die Art der Projektförderung, die wir haben, eben nicht in dem Maße zur Wirkung kommt, wie es gedacht ist. Ich würde Sie bitten, sich auf den Gesetzentwurf zu konzentrieren. Dann bekommen wir eine gute Debatte hin.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht sollten Sie den mal lesen, den Gesetzentwurf!)
Lieber Herr Kollege Gambke, ich konzentriere mich auf den Gesetzentwurf. Sie haben nämlich das EFI-Gutachten als Kronzeugen in Ihrem Gesetzentwurf angeführt. Im EFI-Gutachten steht, dass bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen Frankreich sehr weit vorne liegt. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Die andere Geschichte – Sie können sich wieder setzen – kommt im Laufe meiner Rede noch vor.
Ich war stehen geblieben bei den Exzellenzinitiativen. Ich möchte gerne weitermachen mit einer unglaublich guten Sache, die wir hier in Deutschland eingeführt haben, mit den Spitzenclustern. Es gibt Spitzencluster im Bereich der Innovation von intelligenten technischen Systemen bei mir in Ostwestfalen, im Bereich der Karbontechnologie in Bayern und ganz viele andere Dinge. Diese Infrastruktur – das ist die Herausforderung – müssen wir besser zugänglich machen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dass da ein Bedarf besteht, ist klar. Es gibt schon Projekte, die darauf hinwirken. Es ist zielführend, zu fragen: Was habe ich, und wie kann ich aus dem, was ich habe, etwas noch Besseres machen? Daran sollten wir arbeiten.
Im Übrigen: Wir haben auch eine Direktförderung. Schauen Sie sich einfach einmal an, was auch dazu in diesem EFI-Gutachten steht. Die Kommission braucht fast eine Seite, um die ganzen Direktförderinstrumente aufzuzeigen: von dem ZIM-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums über die Industrieforschung bis hin zur KfW-Förderung. Sie sagen, dass damit zu viel Bürokratie verbunden ist: Dann lassen Sie uns darüber reden, wie wir die Bürokratie abbauen, wie wir all dies für kleine und mittelständische Unternehmen zugänglich machen.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einverstanden! Macht doch mal einen Vorschlag!)
In meinem Wahlkreis – das ist meine Erfahrung – gibt es Unternehmen mit fünf Mitarbeitern, die an diesen Programmen teilnehmen. Das heißt, es ist nicht so, dass diese Programme für kleine und mittelständische Unternehmen prinzipiell nicht geeignet sind. Daran müssen wir meines Erachtens aber noch mehr arbeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Steuerliche Forschungsförderung bedeutet natürlich auch, dass wir Subventionen geben. Wir müssen immer sehr, sehr vorsichtig sein, wenn wir Subventionen auf den Weg bringen. Subventionen erzeugen einen Abhängigkeitseffekt. Man gewöhnt sich an sie, man wird von ihnen abhängig. Es gibt Leute, die sagen: Das ist wie eine Droge. – So weit will ich nicht gehen. Aber Subventionen verzerren Entscheidungen, und Subventionen verzerren den Wettbewerb. Vor allen Dingen haben wir ein Problem – darüber müssen wir insgesamt einmal reden –: Welche Subvention wird denn evaluiert? Wo wird denn geguckt, welche Wirkmächtigkeit eine Subvention hat? Auch über diese Geschichte müssen wir reden.
Nichtsdestotrotz: Es kann gerechtfertigt sein, an der einen oder anderen Stelle Subventionen zu geben. Wenn das so ist, dann aber bitte nicht über das steuerliche System. Wenn uns etwas Gutes einfällt, sagen wir immer: Der Transmissionsriemen ist das Steuersystem. Jetzt stehe ich hier auch als Finanzpolitiker, und als solcher sage ich: Die gleichen Leute, die heute die steuerliche Forschungsförderung hochhalten – wie gesagt, ich will das nicht kritisieren –, sagen an anderer Stelle: Das deutsche Steuersystem ist zu kompliziert, das müsste man dringend einfacher gestalten. – Das ist ein Wertungswiderspruch. Wenn ich das deutsche Steuersystem, das einfach, gerecht und ergiebig sein soll, mit Steuerungs- und Lenkungszwecken belaste, dann wird es irgendwann richtig kompliziert. Sie können mir jetzt vorhalten, dass das auch für die Wohnungsbauförderung gilt. Ja, das ist richtig. Das ist auch bedenklich. Und ja, das gilt auch für die steuerliche Förderung der Elektromobilität; auch das ist richtig. Ich bin der Meinung: Der Transmissionsriemen Steuersystem sollte nur sehr, sehr dosiert angewandt werden.
Nächster Punkt. Wir haben natürlich auch eine fiskalische Komponente. Wir stehen momentan vor ganz schwierigen Haushaltszeiten. Wir haben die Herausforderung der Migration. Es geht ferner um äußere Sicherheit und innere Sicherheit. Wir alle wissen sehr genau, dass die Steuereinnahmen nicht auf ewig so bleiben werden, wie sie jetzt sind, dass wir mit einer konjunkturellen Delle und einer höheren Arbeitslosigkeit rechnen müssen. Wir haben die Schuldenbremse. In dieser Situation neue Maßnahmen und Programme zu fordern, ist meines Erachtens sehr ambitioniert.
Sie können jetzt, wenn Sie mir noch zuhören, sagen: Aber das ist doch alles so schrecklich wichtig; wir müssen das doch an dieser Stelle machen. – Komischerweise – das sage ich auch als Haushaltspolitiker – ist alles immer schrecklich wichtig. Dementsprechend muss man eine Priorisierung vornehmen, was nicht dagegen spricht, die Forschung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen zu fördern. Aber man sollte das intelligent machen.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich finde das derartig uninspiriert!)
Sie haben gesagt: Sie immer mit Ihren Patentboxen. – Patentboxen gibt es in vielen Ländern auf dieser Welt. Sie bedeuten – das sage ich für diejenigen, die mit dem steuerlichen System nicht so vertraut sind –, dass die Ergebnisse von Wissenserwerb, Patente und Lizenzen, privilegiert besteuert werden. Das ist eine Geschichte, die Realität ist. Jetzt wird eines geändert – und zwar aufgrund der internationalen BEPS-Initiative; dabei geht es darum, Steuervermeidung zu bekämpfen –, indem gesagt wird: Ihr könnt in Irland, in den Niederlanden und in den anderen Ländern, wo das so gemacht wird, Patente und Lizenzen nur noch dann privilegiert besteuern, wenn dort auch geforscht wird. – Dies wird in vielen Gutachten nicht berücksichtigt. Man muss sich darüber unterhalten, was passiert, wenn ich weiß, dass ich in Irland auf die Erlöse, die ich aus einem Patent erziele, weniger Steuern zahle als in Deutschland, aber nur, wenn ich auch in Irland forsche. Das wird viel verändern, ob uns das gefällt oder nicht. Deswegen würde ich das mit den Patentboxen nicht einfach so abtun, Frau Andreae. Wir müssen uns, glaube ich, sehr ernsthaft damit beschäftigen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind die Mitnahmeeffekte! Unlogisch!)
Letzter Punkt. Wir haben auch einen ordnungspolitischen Rahmen. Der ordnungspolitische Rahmen besagt, dass der Staat dafür verantwortlich ist, Infrastruktur bereitzustellen, gut ausgebildete Menschen bereitzustellen, die Rahmenbedingungen durch Rechtssicherheit und ein vernünftiges Steuersystem so zu schaffen, dass wirtschaftliches Handeln möglich ist. Dass man in einen wirtschaftlichen Prozess hineingrätscht und dort durch direkte Subventionen etwas tut, sollte eigentlich die Ausnahme sein. Deswegen sollten wir uns an jeder Stelle sehr genau überlegen – auch aus ordnungspolitischem Grund –, wo wir als Staat in Wirtschaftsprozesse direkt intervenieren und wo wir es sein lassen. Wir als Union sagen: Es ist immer besser, den Ordnungsrahmen bereitzustellen. Es ist immer besser, dafür zu sorgen, dass wir gute Fachkräfte haben, dass die Abgabenlast nicht zu hoch wird, dass es nicht zu viel Bürokratie gibt und dass es ein Innovationsklima gibt, als direkt in irgendeiner Art und Weise einzusteigen.
Das ist das Angebot, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Wenn Sie bereit sind, darüber nachzudenken, wie wir die Steuerlast senken, wie wir die Bürokratie abbauen, wie wir die Zahl von Vorschriften senken, wie wir mittelständischen Unternehmern helfen, ihrem Geschäft nachzugehen, dann haben wir eine gute Diskussionsgrundlage.
In dem Sinne: Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6680564 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen |