18.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 162 / Tagesordnungspunkt 20

Kai GehringDIE GRÜNEN - Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Forschungspolitiker möchte ich den Finanzpolitikern der Koalition noch einmal herleiten, warum wir heute überhaupt diese Initiative vorschlagen. Um als Wissensökonomie und Volkswirtschaft zukunftsfähig zu bleiben, müssen wir höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung entfachen, und zwar sowohl mit staatlichen als auch mit privaten Mitteln. Diese Bundesregierung muss sich endlich unser Ziel zu eigen machen, 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu investieren. Dafür ist es höchste Zeit!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur so rücken wir international endlich in die Gruppe der Innovationsspitzenreiterländer auf und stärken auch unser wirtschaftliches Fundament. Tragende Stützen dieses Fundaments sind in unserem Land die kleinen und mittleren Unternehmen, die unsere Wirtschaft vielfältig und krisensicher machen und auch Jobmotoren sind. Dieses Fundament darf nicht instabil werden; denn die KMU-Forschungstätigkeit lässt leider seit Jahren schleichend nach. Da brauchen wir dringend eine Trendwende!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen fordern wir als Grüne im Bundestag – genauso wie Ihre regierungseigene Expertenkommission Forschung und Innovation – seit Jahren, eine steuerliche Forschungsförderung für KMUs einzuführen. Früher dachten viele, dass die Union ein Mittelstandsversteher ist.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war mal!)

Das war wohl einmal so. Heute legen wir als erste Fraktion einen Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag vor, aus dem hervorgeht, wie das konkret gehen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben also eine innovative Opposition. Darüber müssten Sie sich als Koalition eigentlich freuen; denn mehrmals haben Union und SPD die steuerliche Forschungsförderung vor Wahlen versprochen, zu Regierungszeiten dann aber nicht angepackt. Im SPD-„Regierungsprogramm 2013–2017“ heißt es:

Neben der Projektförderung wollen wir eine neue Form der steuerlichen Forschungsförderung etablieren, die kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommt.

Aha!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Im gemeinsamen Regierungsprogramm von CDU und CSU war noch umfassender formuliert:

Den Anteil für Forschung und Entwicklung am BIP wollen wir weiter steigern. Dazu soll ... eine steuerliche Forschungsförderung gehören, die unternehmerische Anstrengungen für neue Ideen und Technologien unterstützt.

Aha!

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Wenn die einen viel und die anderen noch mehr fordern, sollte im Ergebnis doch mehr als nichts dabei herauskommen, liebe Koalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das stimmt!)

Dank Ihnen bleibt Deutschland neben Estland das letzte EU-Land, das keine steuerliche Forschungsförderung hat. Das benachteiligt im Wettbewerb um die besten Ideen und behindert Innovation. Dieses Hindernis wollen wir wegräumen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie viele Länder haben eine Projektförderung?)

Die Projektförderung bleibt.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie viele Länder in der EU haben das?)

Wenn Sie sagen, sie solle entbürokratisiert werden, dann machen Sie es doch. Wir sind dabei. Immer wieder haben Experten betont, dass effektive Anreize für Innovationen gerade für KMU nicht allein durch die klassischen Förderprogramme gesetzt werden können. Notwendig sind eben auch vernünftige steuerliche Rahmenbedingungen, die Innovationen fördern. Ob es das EFI-Gutachten in Serie war oder auch der Bericht der Fratzscher-Kommission: Alle Ihre Expertinnen und Experten fordern Sie auf, eine gezielte steuerliche Forschungsförderung einzuführen. Das können Sie doch nicht länger ignorieren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns als Fraktion intensiv mit der Materie auseinandergesetzt, mit Praktikern, Finanz- und Steuerexperten, mit Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert. Wir sind überzeugt: Unser „KMU-Forschungsbonus“ schließt eine klaffende Lücke in der deutschen Innovationsförderung. Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern können ihn in Form einer Steuerermäßigung von 15 Prozent aller FuE-Ausgaben in Anspruch nehmen. Wir legen da übrigens die Definition der EU zugrunde. Mit diesem Forschungsbonus können KMU noch stärker als bisher zum Katalysator für die sozialökologische Modernisierung unserer Wirtschaft werden.

Für diese Unternehmen ist eine unbürokratische FuE-Förderung mit klaren und einfachen Regeln wichtig. Daher haben wir sorgfältig abgewogen, wie wir die Zielgenauigkeit gewährleisten und Mitnahmeeffekte des Instruments wirksam verhindern können. Wenn Sie von der Union dies als Hauptargument aufbauen, dann lachen wirklich die Hühner. Schauen Sie sich Ihre Patentboxenvorschläge an; die bergen sehr große Gestaltungsrisiken. Deshalb läuft Ihr Argument völlig ins Leere.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mir die verbockte schwarz-gelbe Hotelsteuer anschaue, dann muss ich sagen: Die ist um ein Vielfaches teurer.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

– Die gibt es immer noch. Daran muss man die Leute manchmal erinnern. – Das ist tatsächlich eine verbockte und verfehlte Subvention. Wir wollen dagegen Forschungsinvestitionen fördern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Das Betreuungsgeld fehlt noch!)

Wenn Sie meinen, bessere Vorschläge zu haben, dann legen Sie diese doch vor. Jeder konstruktive Änderungsantrag ist besser als das destruktive Zerreden unseres Gesetzentwurfs. Wir legen Ihnen eine konkrete Ausgestaltung für dieses wichtige Innovationsinstrument als Zukunftsvorsorge vor – für mehr Ideen und Kreativität, für neue Produkte und Verfahren. Auf diese Weise sorgen wir für wirtschaftliche Erneuerung und Jobs mit Zukunft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb folgen Sie doch endlich den Ratschlägen aus Praxis, Wissenschaft und zahlreichen Regierungskommissionen, und setzen Sie Ihr eigenes Wahlprogramm um! Oder stimmen Sie einfach unserem Gesetzentwurf zu. Die Tüftler und die Daniel Düsentriebs der Republik und in den KMU werden es Ihnen danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Gabriele Katzmarek.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6680623
Wahlperiode 18
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen
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