18.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 162 / Tagesordnungspunkt 20

Heinz RiesenhuberCDU/CSU - Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Ich bedanke mich erst einmal bei den Grünen für diese muntere Debatte. Es gab vielfältige Anregungen, facettenreiche Problembetrachtungen, wichtige Eckpunkte.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super Lösungen!)

Wir befinden uns hier in einem ziemlich langfristigen Prozess. Auch Sie haben dieses Thema nicht erst heute entdeckt; denn Sie haben schon 2009 einen Antrag zu dem Thema gestellt, zu dem wir heute Ihren Gesetzentwurf beraten.

Frau Sitte hat darüber gesprochen, dass der BDI eine erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben hat. Der historischen Wahrheit zuliebe muss ich Ihnen sagen: Ich habe in den 90er-Jahren eine mühsame Lobbyarbeit beim BDI gemacht, bis er zur Einsicht, zur Vernunft gekommen ist und dieses zukunftsweisende Konzept in seinen Bestand genommen hat.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE] gewandt: Genau da hat es angefangen!)

Wie ist die Lage? Wir haben eine vorzügliche, ausdifferenzierte Forschungspolitik, wahrscheinlich eine der reifsten auf der ganzen Welt: Grundlagenforschung mit sicherem Rahmen, Max-Planck-Institute, Universitäten, Leibnitz und Helmholtz, stetige Wachstumsraten, verlässliche Planbarkeit. Wir haben eine Forschung zur Problemlösung in der Praxis, in der Wirtschaft, in Umwelt, in Technik, eine Hightech-Strategie. Wir haben eine große Vielfalt von Forschungsinstitutionen und die industrielle Gemeinschaftsforschung. Das hat Philipp Murmann angesprochen. Wir haben die Fraunhofer Gesellschaft. Wir haben also eine vorzügliche Forschungslandschaft. Für die Forschungsförderung gibt der Bund im Jahr 15 Milliarden Euro aus. Wir haben diesen Betrag in den vergangenen Jahren gewaltig gesteigert, insgesamt um 65 Prozent, beim Mittelstand um 80 Prozent. – Okay.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt zum Gesetzentwurf!)

Jetzt reden wir über 5 Prozent dieser Summe – nur um die Proportionen zu zeigen – für die steuerliche Forschungsförderung. Dabei geht es nicht um einen Paradigmenwechsel, sondern um die Frage, ob etwas in einer Gesamtstrategie einer reifen Industrienation zusätzlich sinnvoll sein kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dazu haben wir einige Argumente von der Expertenkommission für Forschung und Innovation, künftig sage ich nur: EFI. Sie sagt: Wir haben eine Abnahme der Innovationsdynamik unseres Mittelstands. Und sie sagt weiter: Die Innovationsausgaben des Mittelstandes lagen vor 20 Jahren bei 2,7 Prozent, jetzt sind es 1,6 Prozent vom Umsatz.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alarmierend!)

Das ist schlecht. So etwas wirkt sich nicht über Nacht aus. Ich bin glücklich, dass sich die mittelständischen Unternehmen nach wie vor an den Weltmärkten prima schlagen. Fast die Hälfte der Hidden Champions auf den Weltmärkten sind deutsche Mittelständler.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kommen aus Baden-Württemberg!)

Das heißt, wir sind stark. Aber wir müssen schauen, wie wir so stark bleiben.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit unserem Gesetz!)

Es ist zu Recht gesagt worden, dass unsere schönen Instrumente, vom ZIM bis zur direkten Projektförderung über verschiedene Programme, auch des BMBF, für viele Mittelständler nicht so recht zugänglich sind. Da ist die steuerliche Forschungsförderung eine mögliche Antwort –

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

aber nicht als Alternative. Die Projektförderung soll auf jeden Fall weitergeführt werden, auch die Programme, die wir jetzt in unterschiedlichen Kontexten haben, von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen mit ihrer IGF über das ZIM bis hin zu den Einzelprojekten. Aber jetzt haben wir die Chance auf etwas Zusätzliches.

Bei der Frage, wie das auszugestalten ist, können wir uns über einige Punkte streiten und einigen. Philipp Murmann sagt zu Recht, dass wir schon vor sechs Jahren die Position ausformuliert haben, dass die Personalkosten bei der steuerlichen Forschungsförderung als Bemessungsgrundlage dienen sollten. Wir haben eine Reihe von gemeinsamen Punkten, auch was die Verlustzeiten bei jungen Unternehmen angeht. Wir können uns bei allen Punkten einigen.

Frau Katzmarek sagt zu Recht: Es hängt hier natürlich auch am Geld. – Beim Geld sieht die Sache so aus, Freunde: Natürlich haben wir zurzeit, in diesem Jahr, das Geld nicht. Da glaube ich den Finanzpolitikern mit ihrer ordnungspolitischen Leidenschaft in großer Demut.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also haben wir seit den 90ern kein Geld dafür? Das glauben Sie doch selber nicht!)

Aber die Frage, wie wir die nächste Strategie anlegen, ist schon interessant.

(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: In der Tat!)

Es ist eine wichtige Frage, ob alle demokratischen Parteien die steuerliche Forschungsförderung in ihre Wahlprogramme aufnehmen.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Wir nicht!)

Wer dann mit uns koaliert, weiß ich noch nicht, aber zu einer Einigung in der Sache zu kommen, wird dann erheblich erleichtert.

(Richard Pitterle [DIE LINKE]: Vielleicht die CSU?)

Das heißt, wenn wir hier Geld bereitstellen wollen, dann müssen wir das zu Beginn der Legislaturperiode gemeinsam festlegen.

Wie sieht es da aus? Die EFI empfiehlt, bis 2020  3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu investieren. Frau Wanka sagt: Der Anteil muss stetig weiter wachsen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut es aber nicht!)

Herr Vizekanzler Gabriel sagt: Es sollen 4,5 Prozent des BIP im Jahr 2025 sein, wie bei Südkorea. Das sind schon anspruchsvolle Zahlen. Und manche sagen: Oh Gott, das fassen wir gar nicht an.

Jetzt machen wir uns einmal klar: 2007 waren wir bei 2,45 Prozent; jetzt, nach acht Jahren, sind wir fast bei 3 Prozent des BIP.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fast!)

Wir haben also den Anteil der Forschungsausgaben am Bruttosozialprodukt seit 2007 um gut 0,5 Prozentpunkte gesteigert. Dabei hat allein der Bund seine jährlichen Forschungsausgaben um 6 Milliarden Euro gegenüber 2007 gesteigert. Weiter dieses Tempo zu halten, wird für die Zukunft Deutschlands wichtig sein. Das, worüber wir jetzt sprechen, entspricht einem Anteil von 10 Prozent der jährlich 6 Milliarden Euro. Freunde, killen wir nicht die Sache von vornherein mit Trivialargumenten, sondern schauen wir, wie die ganze Geschichte in eine Gesamtstrategie eingepasst werden kann! Ich wiederhole: Es geht hier nicht darum, jetzt einen Paradigmenwechsel durchzuziehen.

Die anderen Länder interessieren mich insofern, als dort die Modelle zur Ausgestaltung der steuerlichen Forschungsförderung durchaus optimiert worden sind. Alles, was andere erfunden haben, brauchen wir uns nicht selbst auszudenken. Auch in der Forschung ist es wichtig, so viel zu kopieren, wie man kann. Nur dann bekommt man den Kopf frei für die Innovationen.

Was insgesamt bleibt, ist eine Gesamtstrategie, bei der wir ein zusätzliches Element hinzugewinnen. Da vertraue ich auf die Weisheit der Finanzpolitiker. Da vertraue ich auf die Klugheit der Haushaltspolitiker.

(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Jawohl!)

Wir denken nicht nur daran, wo man überall sparen kann – Sparen kann teuer sein –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sondern wir denken darüber nach, wie wir eine Zukunft für Deutschland aufbauen,

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und arbeiten alle mit fröhlicher Zuversicht daran. Wir freuen uns, wenn die Mittelständler glücklich sind; denn dann arbeiten sie gut. Und wenn sie gut arbeiten, dann zahlen sie Steuern. Und wenn sie Steuern zahlen, dann freuen sich die Finanzpolitiker. So sind alle glücklich, wenn wir die richtigen Instrumente ansetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Frohe Ostern! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie zu!)

In diesem fröhlichen Geist voll Tatkraft und Unternehmensgeist, der diesem Parlament sprichwörtlich zu eigen ist, wollen wir jetzt einmal schauen, dass wir diese Sache so gestalten, dass sie der Zukunft unseres Landes dienlich ist, und dass die, die die Arbeit zu machen haben, Freude daran haben, denn davon leben wir alle.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Swen Schulz von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6680690
Wahlperiode 18
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen
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