Klaus MindrupSPD - Atomausstieg in Europa
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen nach Harrisburg 1979, Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011, dass es keine friedliche und sichere Nutzung der Atomenergie gibt.
(Zuruf von der LINKEN: Genau!)
Etwas, das den Menschen gegenüber anderen Wesen auszeichnet, ist, dass er eigentlich lernfähig sein sollte.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Außer der Union!)
Wir müssen weiterhin festhalten – ich bin ein großer Anhänger der sozialen Marktwirtschaft –, dass es keine kostengünstige oder billige Atomenergie gibt. Eine Technik, die weltweit nicht versicherbar ist, das ist keine volkswirtschaftlich oder wirtschaftlich sinnvolle Technik.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])
Das Atomkraftwerk Fessenheim ist 1970 in Bau gegangen. Ich wäre sehr vorsichtig, an dieser Stelle Aussagen über die Sicherheit eines solchen Kraftwerks zu treffen. Die Elektrotechnik von 1970 finden Sie ansonsten überwiegend im Museum. Das Fachgespräch, das wir hatten – offenbar waren wir nicht alle beim selben Fachgespräch –, hat deutlich gemacht, dass die Risiken mit dem Alter der Reaktoren exponentiell steigen. Ich bin Naturwissenschaftler; ich weiß, worüber ich hier rede.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass es in Deutschland Pläne gab, die Atomenergie so stark auszubauen, wie es in Frankreich der Fall war. Wenn wir in Deutschland nicht eine so starke Anti-AKW-Bewegung gehabt hätten, dann hätten wir heute so viele Reaktoren wie in Frankreich, und wir wären in viel größeren Schwierigkeiten. Daher ist es noch einmal Zeit, Danke an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Anti-AKW-Bewegung zu sagen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir nicht Anfang der 70er-Jahre diesen Fehler des Einstiegs gemacht hätten und den Weg von Dänemark gegangen wären, würden wir heute noch besser dastehen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Frau Dr. Hendricks dafür bedanken – sie ist heute leider nicht da –, dass sie jetzt in den kritischen Dialog mit den Nachbarstaaten gegangen ist. Sie darf aber dabei nicht allein gelassen werden. Sie muss unterstützt werden. Insofern ist es auch gut, dass wir hier debattieren.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch von Sigmar Gabriel!)
– Auch.
Ergänzen möchte ich drei Punkte, die aus meiner Sicht für die Zukunft wichtig sind.
Wir müssen in Deutschland – wenn wir nicht angefangen hätten, national Vorreiter zu sein, dann stünden wir in der Welt in vielen Punkten nicht so gut da, auch beim Klimaschutz nicht – den Weg der Energiewende konsequent und glaubwürdig weitergehen. Wir müssen die Bürgerenergieprojekte weiter fördern. Wir müssen auch den Ausbau der kostengünstigen Windkraft an Land fördern. Da gibt es ja den wunderbaren Wismarer Appell, der von den Bundesländern und auch von den Gewerkschaften und von der Industrie breit getragen wird. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Wir müssen die Energiewende auch ganzheitlich angehen, das heißt, wir müssen zukünftig stärker den Transportbereich und auch den Wärmebereich mit angehen und dort die Erneuerbaren fördern. Das ist das Erste.
Das Zweite ist: Hier ist ja schon viel über Europa gesprochen worden. Wir brauchen auch ein Zeichen der Solidarität mit Europa. Der DGB hat schon vor langer Zeit einen Marshallplan für Europa zur Stärkung der Realwirtschaft vorgeschlagen. Dieser müsste den Schwerpunkt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz setzen. Dann bekommen wir auch weitere Unterstützung für unseren Weg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])
Der letzte Punkt ist: Sicherheit muss Chefsache sein. Das heißt, es ist nicht nur ein Thema für Frau Dr. Hendricks, unsere Umweltministerin, sondern nach Auffassung der SPD auch ein Thema für die Kanzlerin. Es muss auch in Europa auf die Agenda kommen. Denn Atomenergie ist eine Hochrisikotechnologie. Sie muss so schnell wie möglich abgebaut werden.
Ich möchte mich für die Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen allen frohe Ostern. Ich hoffe, wir sehen uns anschließend gesund in diesem Haus wieder.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6680883 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Atomausstieg in Europa |