13.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 163 / Zusatzpunkt 1

Heribert HirteCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an das anknüpfen, was meine Vorredner und insbesondere der Kollege Michelbach schon gesagt haben: Wir haben in den letzten Jahren unglaublich viel im Kampf gegen Steuerverlagerung und Steuerhinterziehung gemacht, und die jetzt vom Bundesfinanzminister vorgestellten Punkte sind ein weiterer Schritt in diese richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb möchte ich auch – darauf wurde nämlich noch nicht hingewiesen – ergänzen, dass wir vor nicht einmal einem Monat im Rahmen der Reform der Abschlussprüfung durch das sogenannte AReG auch die aggressive Steuerplanung als „Nebentätigkeit“ von Abschlussprüfern im Handelsgesetzbuch verboten haben, im Übrigen auch auf Initiative unseres Finanzministeriums.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich will aber auch einmal daran erinnern, was ich damals in diesem Zusammenhang hier gesagt habe, nämlich dass dieser Schritt auch als Signal dafür anzusehen ist, dass wir auf europäischer Ebene eine klarere Regelungskompetenz für das materielle Steuerrecht brauchen. Das hat aber eine manchmal verschwiegene Kehrseite. Diese Kehrseite ist, dass dann auch die Kompetenzen des Europäischen Parlaments, insbesondere seine Haushaltskompetenzen, denen der nationalen Parlamente entsprechen müssten; und das ist zurzeit noch nicht der Fall.

Damit bin ich bei der Forderung nach dem sogenannten Country-by-Country-Reporting hinsichtlich der Steuerzahlungen multinationaler Unternehmen. Das ist eine gute Idee, aber sie funktioniert nicht, solange eben die materiellen steuerlichen Vorschriften des Steuerrechts – insbesondere zur Gewinnermittlung – nicht untereinander entsprechend angepasst werden, selbstredend mit der gerade geforderten demokratischen Beteiligung. Denn ansonsten vergleichen wir Äpfel mit Birnen.

Noch schwieriger wird es bei den grenzüberschreitenden Fällen. Sie lassen sich jenseits des europäischen Rechts nur durch Abkommen – insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen – erfassen; das haben wir schon gehört. Dabei ist es zweifelsfrei richtig, Möglichkeiten zur Manipulation des Steuersubstrats zu verringern. Aber auch hier erfüllt es mich als Rechtspolitiker mit einer gewissen Sorge, dass es sich allein um Regierungsabkommen handelt, die dann allein durch Verständigungsvereinbarungen der beteiligten Regierungen ausgelegt und konkretisiert werden können. Ich meine, hier ist eine Beteiligung des betroffenen Steuerpflichtigen zwingend geboten; denn sonst könnte aus einem Doppelbesteuerungsabkommen, das eigentlich der Vermeidung der Doppelbesteuerung bzw. der Abgrenzung dient – das ist völlig richtig –, leicht ein Abkommen zur Begründung der doppelten Besteuerung werden. In manchen Einzelfällen ist das ja so.

Zudem muss man bei der Forderung nach unbeschränktem grenzüberschreitenden Datenaustausch, die gerade von der Opposition sehr oft betont wurde, ein bisschen vorsichtig sein. Den Steuerbehörden in Russland und China vertraue ich, sofern es darum geht, mitzuteilen, dass ein Konto besteht. Aber der Gedanke, alle Daten, die unsere Steuerbehörden haben, auch mit den Steuerbehörden in den genannten Ländern zu teilen, erfüllt mich mit einer gewissen Sorge. Und mich beunruhigt, dass gerade von den Grünen, die sonst den Datenschutz so hochhalten, dieser Punkt so nicht angesprochen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Schluss einen kurzen Blick ins Gesellschaftsrecht werfen. Lieber Kollege Schick – auch er twittert gerade; das kann ich gleich nachlesen –

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre Ihnen ganz aufmerksam zu!)

– ja, doppelte Arbeit geht immer; das ist wunderbar –, es gibt auch durchaus Sachverhalte, bei denen Briefkastenfirmen fast zwingend erforderlich sind. Auch Sie arbeiten ja am Kapitalmarktrecht und wissen von daher, dass die Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft unter einer Schwelle von 3 Prozent gerade noch nicht meldepflichtig ist. Wenn Sie etwas nicht transparent machen wollen, weil eine Beteiligung unterhalb einer gewissen Schwelle das auch nicht erforderlich macht, dann bleibt Ihnen letztlich, weil im Bereich des Börsenhandels sehr schnell darüber geredet wird, nur der Weg über ebendiese Briefkastenfirmen. Man muss einfach in Erinnerung rufen, dass es dafür durchaus notwendige Sachverhalte und legale Zwecke gibt.

Anders ist dies – das ist völlig klar – in Bezug auf den Fiskus, die Strafverfolgung und die Geldwäsche. Deshalb brauchen wir – wir haben es gehört – eine Reform auf der Grundlage der vierten Antigeldwäscherichtlinie der EU gerade in Bezug auf Gesellschaftsanteile, die noch nicht auf diese Weise, wohl aber unter Berücksichtigung der Privatsphäre öffentlich gemacht werden. Da setzen wir jetzt an, und das werden wir umsetzen. Aber auch hier müssen wir notwendigerweise die rechtsstaatlichen und datenschutzrechtlichen Vorschriften beachten. Eine Datenabfrage in dem angedachten ergänzenden Handelsregister setzt deshalb eine klare Zweckbestimmung vo­raus, weshalb sie auch zu dokumentieren ist. Voraussetzung für die Erforderlichkeit muss sein, dass man vorher keine Auskunft vom Gesellschafter bekommen hat, ob er auf der Grundlage eines Treuhandverhältnisses tätig ist. Dementsprechend ist die Öffnung des Zugriffs nur für den Fiskus und nicht etwa für andere interessierte Kreise vorzunehmen.

Wir sind – das ist das Entscheidende – auf dem richtigen Weg. Daran lassen Sie uns gemeinsam weiterarbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als letzter Redner in der Debatte spricht Fritz Güntzler, ebenfalls für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6751360
Wahlperiode 18
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen
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