13.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 163 / Zusatzpunkt 1

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Veröffentlichung der Panama Papers verschafft uns die Möglichkeit, in dieser Aktuellen Stunde noch einmal darzustellen, was die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in dieser Legislaturperiode schon geleistet haben. Es schärft auch den Fokus auf das Thema; das wurde bereits mehrfach angesprochen. Ich verstehe nur manchmal die große Aufregung nicht, die nebenbei auch noch vermittelt wird. Man kann darüber diskutieren, ob das Ausmaß bereits so bekannt war. Aber dass es immer Briefkastenfirmen gab, war, glaube ich, allen, die sich mit diesem Thema befassen, schon grundsätzlich bekannt.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch dem Bundesfinanzminister!)

Zur sachlichen Debatte gehört auch, festzustellen, dass es ganz legitime Gründe geben kann, eine Briefkastenfirma oder eine Offshoregesellschaft zu nutzen, und dass das nicht per se illegal oder illegitim ist. Das hat ja auch Minister Walter-Borjans, der leider schon gehen musste, im Handelsblatt erklärt;

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die kennt dann jeder! Das ist dann transparent und so!)

und das fand ich auch vernünftig. Es darf eben keine Vorverurteilung geben. Man wundert sich schon, warum mancher diese Wege geht. Aber das ist nicht per se ein Problem. Deshalb wäre es gut, wenn die Journalisten, die so gelobt worden sind, über ihr Netzwerk die entsprechenden Daten den Strafverfolgungsbehörden bzw. den deutschen Steuerbehörden bekannt machen, damit die Ermittlungen beginnen können, damit wir die am Schlafittchen fassen können, die wir bekommen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Zimmermann, ich will jetzt nicht den Versuch machen, den Tweet von Herrn Gutting zu interpretieren. Ich erlebe ja in Diskussionen, dass Sie an unserer Seite stehen, wenn es um die Bekämpfung von Steuerbetrug geht. Aber vor Wolfgang Schäuble stellte ja die SPD die Finanzminister; ich hatte das Gefühl, dass man damals noch nicht ganz so ernst bei der Sache war

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Na, na!)

und es erst losging, seitdem Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister ist. So habe ich jedenfalls den Tweet von Herrn Gutting verstanden. Ich glaube, dann erscheint das auch in einem anderen Licht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das hätte ich an seiner Stelle jetzt auch so gemacht!)

Meine Damen und Herren, die Debatte hat, wie ich glaube, gezeigt: Rein nationale Lösungen werden nicht zum Erfolg führen. Wir gehen den internationalen Weg. Das ist kein Ausweichen nach dem Motto „Wir machen das international, damit das gar nicht klappt“. Wir können ja Ergebnisse vorweisen. Einige steuerliche Aspekte, die mich sehr bewegen, wurden bereits genannt. Der automatische Informationsaustausch ist eine riesige Erfolgsgeschichte. Über 100 Staaten sind dabei. Das ist sicherlich noch nicht genug. Panama zum Beispiel macht nicht mit. Die Bundesregierung hatte zwar mit Panama das Auskunftsrecht nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens ausgehandelt. Das wurde aber nur paraphiert, nicht ratifiziert, weil es einen Regierungswechsel in Panama gab. Da müssen wir weiter Druck machen. Vielleicht können wir die Panamaer nun auch zum automatischen Informationsaustausch bewegen. Klar muss dabei sein, dass diejenigen, die nicht mitmachen, auf eine gesonderte Liste – diese kann man meinetwegen auch schwarze Liste nennen – kommen und Konsequenzen zu tragen haben. Aber bei diesen Listen muss klar sein – das ist auch in der heutigen Diskussion im Finanzausschuss deutlich geworden –, dass die Namen von Unternehmen nach den gleichen Kriterien darauf gesetzt werden und es keine unterschiedlichen Kriterien geben darf. Von daher ist es, wie im Zehn-Punkte-Programm vorgeschlagen, sinnvoll, dass die OECD den Prozess begleitet.

Die Kollegen haben bereits auf den BEPS-Prozess hingewiesen, den Minister Schäuble eingeleitet hat. Er umfasst 15 Maßnahmen. Die sogenannten Lizenz- und Patentboxen – ein schönes Thema – wurden bereits angesprochen. Es geht darum, Gewinnverlagerungen zu vermeiden. Aber man sieht am BEPS-Projekt auch, dass nicht alles so einfach ist. Wenn es dort heißt, man wolle eine Offenlegung von Steuersparmodellen oder von sogenannter aggressiver Steuergestaltung, dann stellt sich natürlich dem geneigten Leser die Frage: Was ist denn das überhaupt? Wenn ich bei der Veräußerung meiner Immobilie, die ich vermietet habe, die Spekulationsfrist von zehn Jahren ausnutze, ist das, glaube ich, noch keine aggressive Steuergestaltung, wenn ich den § 6 b EStG nutze, auch nicht. Aber wo ist die Grenze überschritten, sodass wirklich aggressive Steuergestaltung vorliegt? Darüber haben wir ja, lieber Kollege Hirte, auch im Rahmen des AReG diskutiert.

Das Bundesverfassungsgericht hat ja immer wieder entschieden – ich zitiere –, dass der Steuerpflichtige seine Angelegenheiten und Rechtsverhältnisse so einrichten kann, dass er möglichst wenig Steuern zahlen muss. Er ist also nicht gezwungen, möglichst viele Steuern zu zahlen. Er darf also Steuergestaltung vornehmen – das ist übrigens legal und auch legitim –, er darf die Steuern nur nicht hinterziehen. Solange er die Gesetze anwendet, ist Steuergestaltung in Ordnung.

Herr Kollege Hirte hat schon einiges über Country-by-Country-Reporting gesagt. Weil Kollege Hofreiter gesagt hat, wir würden da blockieren, halte ich fest: Das ist im BEPS-Projekt beinhaltet. Das wird kommen.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Öffentlichkeit blockieren Sie!)

– Er hat gesagt, wir blockierten Country-by-Country-Reporting. – Es stimmt, wir haben eine unterschiedliche Auffassung darüber, Herr Kollege Schick, ob wir die Öffentlichkeit einbinden. Ich meine, das Steuergeheimnis hat in Deutschland einen eigenen Wert. Von daher finde ich es richtig, dass die Daten, die für die Steuerermittlung entscheidend sind, zwischen den Finanzbehörden ausgetauscht werden und nicht der ganzen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird nicht funktionieren!)

Da ist ein Dissens. Wir müssen sehen, dass es Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft geben könnte, wenn wir das anders handhaben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Debatte neigt sich jetzt, jedenfalls für heute, dem Ende zu. Als ich Panama hörte, dachte ich an ein Kinderbuch, das ich einmal gelesen habe: Oh, wie schön ist Panama. Da sind ja der Tiger und der Bär unterwegs und kommen da wieder an, wo sie herkommen, und stellen fest, dass es da doch ganz schön ist. Janosch hat dazu einmal erklärt: Jeder lebte schon immer im Paradies, er hat es nur nicht gewusst.

Vielleicht bringen einige derjenigen, die ihr Geld nach Panama gebracht haben, ihr Geld doch dorthin zurück, wo sie herkommen, weil es auch dort ganz schön ist.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6751364
Wahlperiode 18
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen
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