Herbert BehrensDIE LINKE - Änderung des Luftverkehrsgesetzes
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Luftverkehrsgesetz soll in vielen Punkten verändert werden, aber ich will mich auf zwei Punkte beschränken, um etwas mehr Zeit zum Argumentieren zu haben.
Die Überwachung der Gesundheit ist der erste Punkt. Es wurde eben noch einmal deutlich hervorgehoben, dass wir uns mit der Flugtauglichkeit der Pilotinnen und Piloten befassen müssen, nachdem wir das schreckliche Unglück der Germanwings-Maschine zu konstatieren hatten. Es hat eine umfassende Aufarbeitung und Bearbeitung gegeben. Ich glaube, wir haben uns im Ausschuss in verantwortungsbewusster Weise mit dieser Frage beschäftigt. Wir sind dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, und ich will gern begründen, warum das der Fall gewesen ist.
Wir stellen fest, dass der Wettbewerbsdruck in der Luftverkehrswirtschaft enorm ist. Er hat sich langsam bis in die Flugzeugkanzeln hineingefräst. Es gibt Geschäftsmodelle, bei denen Piloten nur noch dann bezahlt werden, wenn sie auch tatsächlich fliegen. Das übt natürlich einen enormen Druck auf die Beschäftigten aus, die aufpassen müssen, wie viele Erkrankungen und wie viele Auszeiten sie sich nehmen können. „ Pay per Flight“ heißt dieses Geschäftsmodell, das wir verurteilen.
(Beifall bei der LINKEN)
Aus diesem Grund, aber auch aufgrund der Germanwings-Katastrophe, war es nötig, uns mit den Sicherheitsanforderungen und den Gesundheitsanforderungen an die Piloten zu befassen. Wie kann sichergestellt werden, dass nur körperlich und seelisch wirklich gesunde Piloten in der Kanzel ihren Dienst tun? Der Verkehrsminister hat es eben erwähnt: Er setzt auf lückenlose Kontrolle auch der Gesundheitsdaten und auf zusätzliche unangekündigte Zufallskontrollen. Dann wissen die Piloten, dass sie nicht ungestraft oder nicht ohne die Gefahr, erwischt zu werden, diese Substanzen zu sich nehmen dürfen. Das kennen wir aus dem Straßenverkehr. Das ist okay, denn es geht um die Gesundheit der in der Luftverkehrswirtschaft tätigen Menschen.
Aber wir müssen wissen, was diese lückenlose Überwachung der Gesundheitsdaten auch nach sich zieht. Das heißt, zu fragen ist: Gibt es Möglichkeiten, diese zu umgehen, wenn sich jemand nicht so wohl fühlt oder wenn – wie ich es eben gesagt habe – ein bestimmtes Geschäftsmodell dahintersteckt, das jemanden sogar dazu zwingt, nach Umgehungstatbeständen zu suchen?
Darum haben wir versucht, mit unseren Vorschlägen in die Debatte einzugreifen und insbesondere dieses Argument aufzugreifen. Wir sind da nicht ganz allein. Auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit, EASA, hat in ihrem Abschlussbericht zum Germanwings-Unglück festgestellt, dass es durch verschiedene Programme möglich sein muss, auf die Piloten einzuwirken, sodass sie wirklich nur dann ihren Dienst antreten, wenn sie körperlich und auch seelisch topfit sind.
Wir haben auch den Vorschlag gemacht: Lasst uns doch Regelungen finden, durch die wir in der Lage sind, ganz dicht an die Beschäftigten selbst über Tarifverträge und Betriebsräte heranzukommen. Nicht nur wachsende Bürokratie sorgt für mehr Sicherheit, sondern auch ganz dicht an den Beschäftigten ansetzende Programme, die es ihnen erleichtern, sich zu offenbaren, wenn es ihnen nicht gutgeht. Das ist im Gesetzentwurf nicht enthalten, darum werden wir diesen Gesetzentwurf auch ablehnen müssen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der heute Morgen noch keine Rolle gespielt hat, nämlich die Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen. Dazu haben wir einen Entschließungsantrag vorgelegt. Auch hier ist erkennbar, dass aufgrund der Liberalisierung des Marktes seitens der EU-Kommission und der nachfolgenden Gesetzentwürfe der Bundesregierung der Deregulierung Tür und Tor geöffnet sind. Diese reicht bis zu den Bodenabfertigungsdiensten. Inzwischen ist es den Flughafenbetreibern untersagt, ausschließlich und allein für den Flughafen und die damit im Zusammenhang stehenden Bodenabfertigungsdienste verantwortlich zu sein. Darum sind sogenannte Drittabfertiger zugelassen, die in einer Anlage zur Verordnung genannt werden.
Nun hat man in Düsseldorf diese Bodenabfertigungsdienste ausgeschrieben, obwohl für Düsseldorf festgelegt wurde, dass nur zwei Drittabfertiger auf dem Vorfeld und in den Diensten eingesetzt werden dürfen. In Düsseldorf sucht man einen dritten Anbieter und hat diese Aufgabe ausgeschrieben. Jetzt versucht man hier, mit einer entsprechenden Maßnahme dieses illegale Handeln auf dem Düsseldorfer Flughafen zu legitimieren. Das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN – Peter Wichtel [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)
Das ist nachträgliches Legalisieren einer nichtlegalen Handlung. In Schönefeld haben wir übrigens das gleiche Verfahren. Auch dort wird die Obergrenze, die in der Verordnung festgelegt ist, überschritten.
Es ist nicht in Ordnung, dass das Thema Sicherheit an dieser Stelle nicht angemessen berücksichtigt wird. Haben wir denn mehr Sicherheit, wenn mehr Firmen für die Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen zuständig sind? Ist es nicht vielmehr so, dass wir mit gut kontrollierten Unternehmen, die qualitativ hochwertige Arbeit leisten und die tariflichen Standards einhalten, für ein hohes Maß an Sicherheit auf den Flughäfen sorgen? Ich meine, das ist der richtige Weg. Ein hohes Maß an Sicherheit gibt es nur mit guten Arbeitsbedingungen. Gute Arbeit und Sicherheit gehören zusammen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Helga Kühn-Mengel [SPD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als die EU-Kommission eine Ausweitung des Wettbewerbs und mehr Konkurrenz in diesem Bereich forderte, waren wir uns im Ausschuss einig. Wir haben die Gefahren gesehen und einhellig gesagt: Nein, wir wollen den Wettbewerb begrenzen. Hier aber wird einfach so getan, als ob ein Mehr an Bodenverkehrsdiensten nicht zu einer Liberalisierung führt. Das ist nicht in Ordnung. Darum sage ich: Nehmen Sie unseren Entschließungsantrag ernst. Greifen Sie die darin genannten Vorschläge auf, damit es auf den Flughäfen, auch in den dem Flugfeld vorgelagerten Bereichen, wirklich sicher ist; denn Sicherheit ist das höchste Gebot in der Luftfahrt. Wie gesagt: Gute Arbeit und mehr Sicherheit sind zwei Seiten einer Medaille.
(Beifall bei der LINKEN)
Arno Klare ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6752999 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Luftverkehrsgesetzes |