14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 3 + ZP 2

Peter WichtelCDU/CSU - Änderung des Luftverkehrsgesetzes

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Sitzungswoche des vergangenen Jahres haben wir hier im Plenum des Deutschen Bundestages die erste Lesung des geplanten Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes durchgeführt. Damals haben wir uns darauf verständigt, dass wir uns vor dem Hintergrund des Germanwings-Unfalls Zeit nehmen und intensiv prüfen wollten, ob das eingebrachte Änderungsgesetz an der einen oder anderen Stelle noch verbessert werden kann.

Nach intensiven Beratungen und in enger Abstimmung mit unserem Koalitionspartner haben wir nun einen Änderungsantrag verfasst, der das vorliegende Änderungsgesetz an einigen Stellen angemessen unterstützt. Durch die Eingaben, die wir gemacht haben, und mit der heute vorgesehenen Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs werden wir alle Akteure im Feld der Luftfahrt – Passagiere, Beschäftigte und die Unternehmen der Luftverkehrswirtschaft – mit einem klaren luftverkehrsrechtlichen Rahmen und einer nachhaltigen und verantwortungsbewussten Luftverkehrspolitik unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung hat die vorliegende Gesetzesänderung insbesondere auch deswegen in das Parlament eingebracht, um auf mehrere Vorgaben der Europäischen Kommission einzugehen und die bestehenden gesetzlichen Regelungen anzupassen. Die EU-Kommission ist nämlich zum Beispiel der Auffassung, dass das geltende deutsche Luftrecht hinter den Anforderungen der europäischen Gesetzgebung zurückbleibt, weil in den Verfahren zur Festlegung von Flugverfahren weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine Prüfung der Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete durchgeführt wird.

Die EU-Kommission hat vor diesem Hintergrund bereits im Jahr 2013 sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Parallel dazu hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland bestätigt, dass UVPs bereits im Zulassungsverfahren für Flughäfen umfassend durchgeführt werden müssen. Die UVP müsse sich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erstrecken. Dabei sollen die abwägungserheblichen Auswirkungen geprüft werden.

Die Bundesregierung hat diesen Einwänden mit dem Gesetzentwurf nun Rechnung getragen. Auch wir sorgen mit unserem Änderungsantrag noch einmal für Klarheit und betonen beispielsweise im Hinblick auf die Änderung in § 8 des Luftverkehrsgesetzes, dass die Untersagung der Abwicklung von An- und Abflugverkehr über bestimmten Gebieten durch die Planfeststellungsbehörde keinesfalls die Befugnisse der Fluglotsen zu verkehrslenkenden Maßnahmen aus dringenden Sicherheitsgründen nach § 31 Absatz 3 Luftverkehrs-Ordnung einschränkt. Unmittelbar verkehrsregelnde Maßnahmen bleiben der Planfeststellungsbehörde also auch weiterhin untersagt.

Bei einer weiteren unklaren Rechtssituation, die es aufzulösen galt, ging es um die Landeplätze für Helikopter. Im Gegensatz zu meinem Vorredner halte ich das deutsche Rettungswesen für wichtig.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist absolut wichtig! Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man dafür Rechtssicherheit schafft!)

In der Vergangenheit gab es keine entsprechende Regelung, und es wurde geduldet, dass Rettungsflüge stattfinden. Herr Krischer hat hier laut und deutlich in den Raum gestellt, dass wir eine solche auch nicht brauchen und dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Bis dato war es aber eben nicht selbstverständlich. Wir haben uns deshalb bewusst damit befasst, und es hat einige Zeit gedauert, bis wir zu den richtigen Maßnahmen und Schritten gekommen sind.

Der Hintergrund ist: Nach den gesetzlichen Vorgaben soll der Betrieb von Luftfahrzeugen grundsätzlich auf Flugplätzen abgewickelt werden. Durch das Inkrafttreten der EU-Verordnung 965/2012 ergibt sich nun die Möglichkeit, den Hubschrauberbetrieb der Luftrettung von und zu sogenannten Örtlichkeiten von öffentlichem Interesse zuzulassen, worunter auch Krankenhäuser fallen.

Meine Damen und Herren, aber auch das war noch nicht alles. Die Krankenhäuser waren der Meinung: Das klappt dann überall. – Wir mussten in der Diskussion mit dem Verband in der Anhörung feststellen, dass hier weitere Debatten und auch unsere Unterstützung notwendig waren. Dazu haben wir in unserem Antrag einiges dargelegt. Wir haben zum Beispiel aufgenommen, dass Dachlandeplätze nicht einfach von der neuen Regelung ausgenommen und damit gestrichen werden, sondern jeweils eine Einzelfallprüfung stattfindet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Andreas Rimkus [SPD])

In diesem Zusammenhang darf ich auf Folgendes hinweisen: Es war nicht klar, dass Hubschrauberlandeplätze, die nicht eingerichtet und auch nicht genehmigt sind, als sogenannte Notlandeplätze auch mehrfach angeflogen werden können. Deswegen haben wir gestern im Ausschuss bewusst und gezielt noch einmal angesprochen, dass Landeplätze dort, wo Gefahr für Leib und Leben besteht, regelmäßig und mehrfach angeflogen werden dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit zwei ganz entscheidenden Änderungen in einem anderen Bereich haben die Koalitionsfraktionen dafür gesorgt, dass im Gesetz Klarstellungen hinsichtlich der Kontrolle von Luftfahrzeugführern im Zusammenhang mit Alkohol, Drogen und Medikamenten vorgenommen werden. Die Dienstfähigkeit, die durch die betäubende, bewusstseinsverändernde oder aufputschende Wirkung von Medikamenten beeinträchtigt werden könnte, soll kontrolliert werden. Verantwortlich hierfür sollen die Luftfahrtunternehmen sein, die eine seitens des Luftfahrt-Bundesamtes anerkannte Niederlassung oder den Hauptsitz in Deutschland haben. Zudem hat das LBA nun selbst auch die Möglichkeit, stichprobenartig zu kontrollieren. Also können von ihm neben der bisher bestehenden rechtlichen Möglichkeit, technische und betriebliche Zustände von Luftverkehrsfahrzeugen im Rahmen von § 29 des Luftverkehrsgesetzes zu überprüfen, nun auch die stichprobenartigen Untersuchungen und Verdachtskontrollen mit Blick auf die Dienstfähigkeit durchgeführt werden.

Ein weiterer Baustein war, das heute schon hohe Sicherheitsniveau durch die Einführung einer flugmedizinischen Datenbank weiter heraufzusetzen. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir nach langer Diskussion den richtigen Weg gefunden haben. Ergänzend haben wir die Behörde ermuntert, tätig zu werden und diese Datenbank zu beurteilen. Wir haben uns darauf verständigt, dass die Tauglichkeitszeugnisse, so wie es der Minister ausgeführt hat, als medizinische Befunde der Bewerber personenbezogen gespeichert werden.

Den Zugriff auf diese Datenbank erhalten ausschließlich die dafür zuständigen medizinischen Mitarbeiter des Luftfahrt-Bundesamtes. Die Pseudonymisierung wird aufgehoben. Somit kann in Zukunft genau festgestellt werden, wie die Entwicklung bei jedem Einzelnen verläuft und ob es Probleme gibt oder nicht. Ich denke, wenn man sich das genau ansieht, dann erkennt man, dass wir dem Thema Datenschutz besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Nun sollen als Muster für diese Neuregelungen die datenschutzrechtlichen Regelungen zur Seediensttauglichkeit dienen, wo heute schon die Gesundheitsdaten der Seeleute personenbezogen in das Seediensttauglichkeitsverzeichnis übermittelt werden.

Meine Damen und Herren, diese notwendigen Regelungen sollen natürlich auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Fluggesellschaften weiterhin das anbieten, was sie schon heute anbieten, nämlich Piloten, die Probleme haben, den ungehinderten Zugang zu Ärzten im Rahmen von Beratungen und Prävention zu ermöglichen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Regelung, die es bei deutschen Luftverkehrsgesellschaften gibt, auf europäischer Ebene und auf der Ebene der IATA ebenfalls einzuführen,

(Beifall des Abg. Andreas Rimkus [SPD])

sodass es im Luftverkehr insgesamt zu mehr Sicherheit kommen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nun wurde vorhin der Vorwurf geäußert, es sei nichts zum Thema Bodenverkehrsdienste gesagt worden. In der letzten Legislaturperiode, Herr Kollege Behrens und Herr Krischer, gab es einen eindeutigen Beschluss des Deutschen Bundestages, die deutsche Bundesregierung aufzufordern, dass über die zwei Abfertiger hinaus, die die Regelungen vorsehen, keine weiteren zugelassen werden sollen. Die Bundesregierung hat auf Einwand und Nachfrage der Koalition erklärt: Dieses Thema gehört nicht ins Gesetz. Deswegen ist es herausgenommen worden. Diese Frage kann durch das Ministerium im Wege einer Verordnung geklärt werden, wenn die bisherige Regelung nicht dem Willen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages entspricht. Ich sehe dort niemanden, der das machen will.

Wir werden also, wie von mir vorgetragen, dem heute vorliegenden Gesetzentwurf mit den vorgenommenen Änderungen ausdrücklich zustimmen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist überraschend!)

Ich sage noch einmal sehr deutlich, dass die Thematik Lärm bzw. Fluglärm nicht Inhalt dieses Gesetzvorhabens ist, weil wir diese Thematik überhaupt nicht auf der Tagesordnung hatten. Das wird in einer künftigen Novelle des Luftverkehrsgesetzes berücksichtigt werden.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag!)

Sie tun ja so, als wenn es keine Lärmgrenzen gäbe. Das ist bei uns in Deutschland geregelt, und diese Regelungen werden eingehalten.

Sie haben in den Raum gestellt, dass bei heutigen Flugroutenänderungen mehr Bevölkerung von Lärm betroffen sei. Ich kenne in Deutschland keine einzige beratende Fluglärmkommission, die nicht dem Grundsatz folgt, dass Änderungen nur vorgenommen werden, wenn dadurch weniger Menschen belastet werden.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist am Flughafen Düsseldorf aber anders!)

– Herr Krischer, Sie sind kein Verkehrspolitiker, sondern in anderen Bereichen tätig. Deswegen liegen Sie an dieser Stelle schlichtweg falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Herr Kollege.

Herr Präsident, ich habe gesehen, dass meine Redezeit abgelaufen ist. Mein Minister sollte 15 Minuten lang reden, hat aber nur 10 Minuten lang geredet.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist er auch gegangen!)

Deswegen dachte ich, dass ich wenigstens 2 Minuten von dieser Zeit bekommen könnte. Ich komme jetzt aber zum Schluss.

Herr Kollege Wichtel, wenn es so wäre, wie Sie vermuten, wäre die Situation nicht ganz so kompliziert, wie sie ist. Sie sind aber offensichtlich im Finale. Das beruhigt mich schon einmal.

Den Anträgen der Linken können wir nicht zustimmen. Auch dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, über den wir schon im letzten Jahr diskutiert haben und in dem wir außer Verboten und sonstigen Themen nichts gefunden haben, können wir nicht zustimmen. Wir sind der Auffassung, dass das, was derzeit mit Blick auf Flug­lärm sowie Flugroutenfestlegungen und -veränderungen gemacht wird, in einem sehr geordneten und guten Rahmen gemacht wird. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen und die Anträge ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nun erhält die Kollegin Sabine Leidig für die Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6753053
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Änderung des Luftverkehrsgesetzes
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