Anette Kramme - Stärkung der beruflichen Weiterbildung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jemand Kluges hat einmal gesagt: Lernen ist wie das Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück. – Dieser Satz, der natürlich immer schon richtig war, hat durch die rasante technologische Entwicklung, die wir aktuell erleben, eine neue Relevanz erfahren. Tatsächlich ist die Digitalisierung – um im Bild des Ruderers zu bleiben – ein gewaltiger Strom. Wir brauchen eine hohe Schlagzahl, um mit den schnellen Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt mitzuhalten; denn nicht nur unsere Art des Einkaufens und unseres Kommunizierens ändert sich, sondern auch, wie wir arbeiten.
Weiterbildung und Qualifizierung werden deshalb für jede und für jeden von uns immer wichtiger. Weiterbildung und Qualifizierung sind dabei logischerweise die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Das ist der Grundgedanke, der Kern unseres Gesetzentwurfs. Dabei haben wir insbesondere zwei Gruppen im Blick: geringqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Menschen, die schon lange vergeblich Arbeit suchen. Für sie verbessern und erweitern wir die Fördermöglichkeiten. Sie bekommen eine bessere Chance auf einen Berufsabschluss und damit auf eine gute und dauerhafte Beschäftigung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Qualifizierung lohnt sich aber nicht nur für den Einzelnen. Qualifizierung ist auch eine Zukunftsinvestition für das Land. Unsere Wirtschaft wird mehr Fachkräfte brauchen, als künftig zur Verfügung stehen, und die Wirtschaft braucht Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die mit ihrer Qualifizierung auf der Höhe der Zeit sind. Dabei können wir auf niemanden verzichten.
Was machen wir nunmehr mit diesem Gesetzentwurf? Das Gesetz, dessen Entwurf wir heute beraten, wird die Weichen so stellen, dass Lernen und Qualifizierung ganz selbstverständlich etwas Lebenslanges sind. Das gilt für die Menschen, die hier leben, das gilt aber genauso für die, die bei uns Schutz suchen und einen Neustart in Deutschland wagen wollen. Auch Flüchtlingen soll die Tür offen stehen, sich zu qualifizieren und damit auf dem deutschen Arbeitsmarkt langfristig Fuß zu fassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Was schlagen wir in diesem Entwurf konkret vor?
Erstens. Wir sagen denen, die Schwierigkeiten bei Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Mathematik oder IT haben, dass das kein Hindernis mehr sein soll. Bei Bedarf können sie das vor oder begleitend zu einer Weiterbildung nachholen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Endlich!)
Deutschland hat hier auch international Aufholungsbedarf.
Zweitens. Wir wollen Bildungserfolge belohnen. Mit Erfolgsprämien wollen wir Anreize setzen, eine mehrjährige Weiterqualifizierung auch bis zum Berufsabschluss durchzuhalten und abzuschließen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU])
Heute bricht nahezu jeder Vierte vorzeitig seine berufsabschlussbezogene Weiterbildung ab. Das führt nicht nur zu Frustrationen bei den Leuten selbst, sondern es kostet natürlich auch eine Menge Geld. Darum bin ich mir sicher: Erfolgsprämien lohnen sich für alle.
(Beifall bei der SPD)
Drittens. Wir wollen Weiterbildung gerade in kleinen und mittleren Unternehmen erleichtern. Deshalb sollen in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten auch Weiterbildungen gefördert werden, die außerhalb der Arbeitszeit liegen. Das ist ein echtes Anliegen des Mittelstands.
Viertens. Für Menschen, die nur sehr schwer in Arbeit zu vermitteln sind, verlängern wir die Möglichkeit, sich im Arbeitsalltag im Betrieb zu erproben. Konkret geht es hier um Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden. Ihre Dauer soll in Zukunft zwölf statt bislang sechs Wochen betragen können. Das ist besonders für langzeitarbeitslose Menschen eine gute Chance, um in die berufliche Praxis wieder reinzukommen. Aber es ist zugleich auch eine gute Möglichkeit für Flüchtlinge, in unsere Arbeitswelt hineinzufinden. Damit verbindet sich nicht zuletzt die Chance, schneller und besser Deutsch zu lernen und sich zu integrieren. Als Kollegin oder Kollege gehört man schließlich zum Team.
Fünftens. Wir verbessern den Schutz für berufliche Auszeiten bei Weiterbildung oder Kindererziehung nach dem dritten Lebensjahr. Wir schaffen die Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung, um Lücken im Versicherungsschutz zu vermeiden. Damit tragen wir auch der Entwicklung Rechnung, dass die Lebensläufe schlichtweg vielfältiger werden.
Wir wollen Weiterbildung möglichst attraktiv gestalten – für Arbeitgeber und für Beschäftigte. Denn wir sitzen im gleichen Boot. Wenn sich alle gemeinsam in die Riemen legen, kommen wir insgesamt schneller voran. Das wollen wir mit diesem Gesetzesentwurf erreichen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin Sabine Zimmermann.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6753326 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der beruflichen Weiterbildung |