Karl SchiewerlingCDU/CSU - Stärkung der beruflichen Weiterbildung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten den vorliegenden Gesetzentwurf in der ersten Lesung auf dem Hintergrund einer sich in Deutschland verändernden Arbeitswelt.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor dem Hintergrund!)
Dadurch müssen wir eine höhere Flexibilität an den Tag legen und uns stärker auch auf die Bereiche der beruflichen Bildung und der beruflichen Integration konzentrieren.
Es ist mein Schicksal, dass ich immer nach den Linken reden darf
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich ein Drama!)
und jedes Mal das große Glück habe, ihnen sagen zu müssen und zu dürfen – lassen Sie mich das, Frau Kollegin Zimmermann, auch jetzt zunächst am Anfang sagen –, dass ihre Realitäten mit unseren Realitäten nicht übereinstimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das glauben wir!)
Unsere Realität lautet: Wir haben eine hohe Beschäftigung, wir haben eine niedrige Arbeitslosigkeit.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Viel zu viele in Langzeitarbeitslosigkeit!)
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass über 1 Million Menschen in den letzten Jahren zusätzlich in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gekommen sind
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Manche haben drei Jobs!)
und dass wir diesen Schritt gegangen sind, ohne dass es nötig war, dass die Bundesagentur für Arbeit oder wer auch immer Geld in die Hand nehmen musste, weil sie ganz einfach alleine ihren Weg in den Arbeitsmarkt gefunden haben. Die Gleichung „Weniger Mittel gleich weniger Beschäftigung“ ist falsch; das ist eine linke Argumentation. Mit der Realität hat sie allerdings nichts zu tun.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will Sie auf einen zweiten Punkt hinweisen: Natürlich haben wir die Mittel im Bereich der Arbeitsmarktpolitik,
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Für Weiterbildung!)
die wir aufgrund der Finanzkrise und der gestiegenen Arbeitslosigkeit nach dem Crash im Jahr 2007 erhöht hatten, seit 2010 wieder reduziert. Dies war möglich, weil wir einen Aufwuchs an Beschäftigung hatten und Menschen wieder in Arbeit gekommen sind.
Mit dem Gesetzentwurf, den wir jetzt vorlegen, wollen wir gezielt dafür sorgen, dass das, was uns die Bertelsmann-Stiftung heute in einer Stellungnahme bestätigt hat, nämlich dass Deutschland im internationalen Vergleich hinsichtlich Aufstiegsmobilität recht gut dasteht,
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Auch bei der Armut und bei niedrigen Löhnen!)
dass Menschen, die zunächst eine befristete Beschäftigung haben, in Deutschland eine gute Perspektive haben, in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zu kommen, und dass das, was wir an Flexibilität am Arbeitsmarkt haben, jetzt durch entsprechende Hilfen im Bereich der beruflichen Qualifizierung unterlegt werden muss. Deswegen, meine Damen und Herren, müssen wir uns den neuen Anforderungen des Arbeitsmarktes stellen. Hier geht es nicht um Überlegungen aus der Steinzeit. Hier geht es darum, dass die neuen Entwicklungen – Stichworte sind hier etwa Digitalisierung, Flexibilisierung, Arbeit 4.0 – bei den Beschäftigten und bei den Betrieben neue Arbeitssituationen erfordern. Diesen Herausforderungen stellt sich der vorliegende Gesetzentwurf.
Ich halte es für einen guten und für einen wichtigen Schritt, wenn wir zum Beispiel kleinen und mittleren Betrieben einen Weg eröffnen, dass sie dann, wenn sie ihr Personal außerhalb der Beschäftigungszeit qualifizieren und schulen, dafür auch Unterstützung durch die Agentur für Arbeit bekommen können. Das ist ein wichtiger Hinweis. Wir helfen auch kleinen und mittleren Betrieben im Bereich der beruflichen Qualifizierung. Das ist wichtig für den Schutz und zum Erhalt von Arbeitsplätzen, ein nicht zu unterschätzender Aspekt vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklung, die wir im Augenblick erleben.
Meine Damen und Herren, wir wollen mit diesem Gesetzentwurf natürlich auch etwas für Menschen ohne Berufsabschluss tun. Frau Kollegin Zimmermann hat darauf hingewiesen, wie viele Menschen das sind. Darauf reagieren wir im Augenblick,
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
indem wir dabei helfen, dass auch Kulturtechniken wie Rechnen, Schreiben und Lesen vermittelt werden. Wir wollen genau in diesem Bereich einen Ansatz finden. Ich kann beim besten Willen – so viel dazu zu sagen, sei mir gestattet – nicht erkennen, was daran ernsthaft zu kritisieren ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ein weiterer Punkt, den wir mit dem Gesetz umsetzen, ist die Weiterbildungsprämie für Menschen, die sich schwertun, sich zu motivieren, die Ausbildung, die sie begonnen haben, tatsächlich zu beenden. Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Nicht alle, die jetzt langzeitarbeitslos sind und ein Angebot der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters erhalten, nehmen dies, aus welchen Gründen auch immer, an. Wir haben hier unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und Lebensrealitäten. Wir machen keine Gleichmarschpolitik, sondern wir müssen sehen, wie wir den jeweiligen Bedarfslagen der Menschen entgegenkommen können.
Einen Punkt, der ebenfalls im Gesetzentwurf steht, halte ich dabei auch für wichtig: Wir haben den Blick auch auf diejenigen gerichtet, die kurzfristig beschäftigt sind, weil ihre berufliche Tätigkeit eine kurzfristige Beschäftigung impliziert. In der Situation befinden sich zum Beispiel die Künstlerinnen und Künstler. Wir alle schauen abends gespannt auf den jeweiligen Kommissar des Tatorts oder auf einen anderen Star, der gerade die Täter ermittelt. Aber all diejenigen, die im Hintergrund im künstlerischen Bereich tätig sind und nur ein kurzfristiges Arrangement haben, sehen wir nicht. Diese zahlen zwar für die sechs Wochen, die sie dort tätig sind, in die Arbeitslosenversicherung ein, haben aber aufgrund der Gestaltung kaum eine Möglichkeit, daraus Geld zu bekommen, wenn sie tatsächlich einmal kein Arrangement haben. Hierfür haben wir im Gesetz eine Regelung, die wir bis Mitte 2018 verlängern werden.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unwirksam, Karl!)
Unser erklärtes Ziel ist es darüber hinaus, in diesem Bereich zu dauerhaften Regelungen zu kommen. Ich persönlich halte das für einen wichtigen Punkt zur Förderung und Unterstützung gerade der Menschen, die im Kulturbereich tätig sind.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf dient dem Zweck, die berufliche Qualifizierung und Weiterbildung zu stärken, dient dazu, die Arbeits- und Beschäftigungssituation zu verbessern und zu verstetigen, und dient letztendlich dazu, denjenigen, die der Hilfe dringend bedürfen, die entsprechende Unterstützung zu geben. Insofern ist das eine gute Entwicklung, die wir hier für die Menschen einleiten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6753328 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der beruflichen Weiterbildung |