14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 5

Stephan StrackeCDU/CSU - Stärkung der beruflichen Weiterbildung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeitsmarktentwicklung ist in der Tat erfreulich; die Vorrednerin hat darauf hingewiesen. Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist nach wie vor in hervorragender Verfassung.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist er nicht!)

Das gilt in besonderem Maße für Bayern; denn das Jahr 2015 war ein Jahr der Rekorde. 3,6 Prozent ist die niedrigste Jahresquote seit Beginn der entsprechenden Erfassungen im Jahr 1994.

Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kommt auch bestimmten Zielgruppen zugute: Ältere, aber auch diejenigen, die gehandicapt sind, und Langzeitarbeitslose profitieren von dieser Entwicklung. Uns ist es in Bayern in den letzten zehn Jahren gelungen, die Zahl der Arbeitslosen um knapp 50 Prozent zu reduzieren. Das zeigt, dass Bayern ein Job- und Wachstumsmotor ist. Der BA-Chef geht davon aus, dass sich der Arbeitsmarkt weiter gut entwickeln wird, obwohl sich bereits heute zeigt, dass sich immer mehr Flüchtlinge arbeitslos melden werden.

In diesem erfreulichen Umfeld setzen wir an für Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwerer haben als andere. Im Koalitionsvertrag haben wir dazu vereinbart, die Arbeitsförderung weiter zu verbessern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir diese Vereinbarung für eine präventive und aktive Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik um. Ausdrückliches Ziel ist ein verbesserter Zugang von gering qualifizierten Arbeitnehmern sowie Langzeitarbeitslosen zu einer abschlussbezogenen Weiterbildung.

Aus aktuellem Anlass ein Wort im Hinblick auf die gestrige Einigung der Spitzen der Regierungskoalition auf Eckpunkte für ein Integrationsgesetz. Gegenstand der Einigung sind unter anderem weitere Verbesserungen für die Ausbildungsförderung von Flüchtlingen. Damit werden die bestehenden Instrumente passgenau für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive weiterentwickelt. Die Eckpunkte sind an dieser Stelle tatsächlich sehr konkret.

Das beweist: Wir spielen nicht Flüchtlinge gegen einheimische langzeitarbeitslose Menschen aus – oder umgekehrt. Wir müssen jetzt endlich mit der Neiddiskussion Schluss machen, die von einigen geführt wird. Dabei handelt es sich um eine Debatte, die zum Ziel hat, Gruppen gegeneinander auszuspielen. Wir haben nicht nur 1 Million Flüchtlinge, sondern auch knapp 1 Million Arbeitslose im SGB-II-Bezug. Alle brauchen gleichermaßen unsere Unterstützung. Keiner wird aus dem Blick geraten, keiner geht verloren. Das ist das Markenzeichen unserer Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Genau deshalb ist es richtig, verstärkt auch in die berufliche Weiterbildung zu investieren. Sie stellt eine der Säulen der Fachkräftesicherung dar. Deswegen stärken wir auch die Instrumente der Weiterbildung. Dabei nehmen wir insbesondere folgende Gruppen in den Blick: Die Arbeitnehmer, die noch nicht über einen Berufsabschluss verfügen, sollen die notwendigen Grundkompetenzen wie Lesen, Rechnen und Schreiben erhalten. Weiterhin geht es um die jüngeren Arbeitnehmer in kleinen und mittleren Unternehmen. Wir bezuschussen deren berufliche Weiterbildung, die außerhalb der Arbeitszeit stattfindet. Außerdem fördern wir auch ältere Arbeitnehmer, die beispielsweise in Transfergesellschaften tätig sind, damit sie die notwendige Qualifizierung erhalten. Dabei muss sich auch der Arbeitgeber mit mindestens 50 Prozent an den Lehrgangskosten beteiligen.

Auch Langzeitarbeitslose und Arbeitslose mit schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen lassen wir nicht aus dem Blick. Für sie verlängern wir die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung von sechs auf zwölf Wochen. Schließlich stellt die Vermittlung in Ausbildung eine ganz wichtige Weichenstellung dar. Bei Langzeitarbeitslosen kommt es insbesondere darauf an, dass sie geeignet sind und das notwendige Durchhaltevermögen aufweisen. Wir wissen, dass nur 10 bis 20 Prozent der Langzeitarbeitslosen tatsächlich die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Frau Staatssekretärin hatte zu Beginn dieser Debatte darauf hingewiesen, dass jeder Vierte seine Ausbildung abbricht. Es gibt also in diesem Bereich eine besorgniserregende Entwicklung.

Die Koalition hat sich darauf geeinigt, einer solchen Entwicklung mit einer Weiterbildungsprämie entsprechend zu begegnen. Ich will nicht verhehlen, dass ich dieses Instrument insgesamt eher kritisch beurteile, weil es auch eine Frage der Fairness ist; denn andere Auszubildende erhalten eine solche Prämie nicht. Sie müssen ihre Prüfungen bestehen, ohne eine Prämie zu bekommen. Wir haben uns aber darauf geeinigt, dass wir dieses Instrument befristen und auch evaluieren. Nach Abschluss der Evaluation sollten wir uns genau anschauen, ob sich das Instrument tatsächlich bewährt hat.

Der zweite wichtige Teil des Gesetzentwurfes betrifft die Verbesserung des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung. Das klingt meist profan oder technisch; für die Betroffenen aber ist das von zentraler Bedeutung, um ihren Arbeitslosenversicherungsschutz zu erhalten. Das wird beim Thema der verkürzten Anwartschaftszeit für überwiegend kurzzeitig befristet Beschäftigte besonders deutlich. An dieser Stelle geht es vor allem um die soziale Absicherung von Künstlern und Kulturschaffenden.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 0,7 Prozent!)

In diesem Bereich hätte ich mir sicherlich mehr vorstellen können. Die Alternative für die Koalition wäre eine generelle Verlängerung der Rahmenfrist gewesen. Auch von den Kulturschaffenden wird das nicht gewünscht. Es würde auch zu weitreichenden Konsequenzen führen und würde, insbesondere was die finanziellen Aspekte anbelangt, mit großen Mehrkosten für die Bundesagentur für Arbeit verbunden sein. Natürlich ist es auch in der Sache falsch. Wir brauchen in diesem Bereich keine Lockerungen, um die Arbeitslosigkeit zu verwalten, sondern wir benötigen flächendeckende Lösungen zum Abbau vor allem der Langzeitarbeitslosigkeit. Deswegen wäre dieser Vorschlag auch ein Fremdkörper gewesen. Aus diesem Grunde ist es gut, dass dieser Punkt bereits bei der Befassung durch das Kabinett gestrichen wurde und die Bundesregierung entsprechende Avancen des Bundesrates in dieser Hinsicht abwehrt.

Es gibt sicherlich noch viele Gesprächspunkte. Die Bundesländer haben noch Änderungswünsche. Einen davon habe ich gerade angesprochen. Die Opposition glänzt, was eigenständige Vorlagen zum Gesetzentwurf betrifft, nicht gerade mit eigenen Vorschlägen für die genannten Bereiche.

Wir werden jetzt eine Sachverständigenanhörung beschließen. Ich freue mich auf die intensiven Debatten zu diesem Gesetzentwurf. Ich meine, dass er insgesamt ausgewogen und gut ist. In diesem Sinne wollen wir die entsprechenden Anhörungen auch durchführen.

Ein herzliches Dankeschön.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6753389
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Stärkung der beruflichen Weiterbildung
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