Hans-Joachim Fuchtel - Menschenrechtsschutz bei Produktion im Ausland
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass der Einsturz des Rana Plaza wohl für uns alle ein Grund war, zu überlegen, wieweit wir unser Leben auf Kosten anderer gestalten, und Anlass zum Handeln gegeben hat. Wir sind uns auch einig, dass die Transparenz erhöht werden muss. Wir sind uns auch einig, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht in entsprechender Weise wahrzunehmen haben. Aber wir sind uns, wie ich der Debatte entnehme, nicht einig, auf welche Weise das geschehen soll. Ich entnehme der Debatte auch, dass manche einfach nicht bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, was alles jetzt auf den Weg gebracht wird.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich halte Frau Künast zugute, dass sie von vornherein sagt, dass die Umsetzung ihres Vorschlags Jahre in Anspruch nehmen wird. Aber gerade das wollen wir nicht. Wir wollen, dass jetzt geholfen wird, dass jetzt mit den Maßnahmen begonnen wird. Das hilft den Näherinnen in Bangladesch und anderswo.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben schon zwei Jahre vertan!)
– Ja, es hat 2014 angefangen.
Sie sagen, man kann als Verbraucher überhaupt nichts tun. Ich habe in meiner langen Zeit als Abgeordneter hier noch nie mein Handy gebraucht, um etwas zu demonstrieren. Zwischenzeitlich gibt es die App „Siegelklarheit“, die Sie herunterladen können. Sie können damit beim Einkauf das Siegel an einem Hemd oder an einer Bluse einscannen. Die App zeigt dann eine rote, eine gelbe oder eine grüne Ampel. Die App sagt Ihnen zum Beispiel auch, warum eine rote Ampel zu sehen ist. Das ist doch ein Fortschritt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So eine App gibt es schon länger, Herr Staatssekretär!)
Die Menschen können anfangen, selber mitzuwirken.
Wir brauchen in der gesamten zukünftigen Debatte auch den Konsumenten an unserer Seite.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn 87 Prozent der Verbraucher sagen, es sei ihnen wichtig, zu wissen, wie die Kleidung, die sie tragen, hergestellt worden ist, dann müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, sich noch im Shop zu informieren, um dann entsprechend einkaufen zu können.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt doch kein Siegel für konventionelle, das Menschenrechte einhält! Außerdem haben wir das falsche Handy!)
Das ist ein ganz praktischer Fortschritt in dieser Angelegenheit.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leuchten Sie mal Ihren Anzug ab!)
Die Debatte hat uns auch veranlasst, in neuen Kategorien zu denken, zum Beispiel in der Kategorie „Lieferketten“; denn durch die Daten von Lieferketten haben wir ganz andere Möglichkeiten, Probleme zu analysieren, Probleme stückweise anzugehen. Diese neue Politik der Lieferketten haben wir nach Europa getragen, sogar bis zum G-7-Gipfel. Das hat zu Beschlüssen geführt, deren Umsetzung jetzt ansteht. Eine Umsetzung erfolgt auch im Textilbündnis. Das ist keine kleine Veranstaltung nur zur Schau und auf Wahlen bezogen, wie hier behauptet wurde; das ist angesichts der Problematik ein bisschen zu billig, Herr Movassat. Vielmehr wollen wir dafür sorgen, dass alle an einem Strang ziehen. Wir wollen, dass man kritisch diskutiert und Stück für Stück die Qualität verbessert. Das ist das Ziel der ganzen Übung. Das ist meiner Meinung nach für die Zukunft sehr wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind bei weitem nicht nur national unterwegs. Wir haben das Anliegen an die EU-Kommission herangetragen. Es gibt jetzt die Garment-Initiative, die wir absolut unterstützen. Wir arbeiten mit allen Ländern zusammen, die in Europa bereits etwas tun. Wir sind auch vor Ort aktiv. Zwischenzeitlich gehören unserem Bündnis Firmen an, die allein in Bangladesch insgesamt ein Umsatzvolumen von circa 1,5 Milliarden Dollar erreichen. Wer da noch behauptet, dass sich nichts bewegt, der ist in einer anderen Welt zu Hause.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sich bewegt, bewegt sich längst ohne Sie!)
– Das bewegt sich sehr wohl mit uns, und zwar zentral mit uns. So etwas gab es vorher noch nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! H & M hat die Veränderung gemacht! Vor Ihrem Bündnis!)
Ich kann nur dazu aufrufen, dass wir diesen konkreten Weg weitergehen. Wir sind sehr daran interessiert und sehen mit großer Zuversicht, dass sich immer mehr Firmen dem Bündnis anschließen. Vorhin wurde davon gesprochen, dass dem Bündnis bereits so viele Firmen beigetreten sind, dass ein Marktanteil von 55 Prozent abdeckt ist. Man kann davon ausgehen, dass der Anteil in der Zwischenzeit bei fast 60 Prozent liegt. Das Ziel ist ein Marktanteil von 75 Prozent. Ich möchte sehen, ob Sie dann noch solche Reden halten.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Gerne!)
Ich bitte um weitere Debatten an dieser Stelle, damit wir über die positive Entwicklung, die mit Hilfe des BMZ erfolgt, berichten können. Ich kann Sie nur einladen: Helfen Sie mit, Verbraucher zu aktivieren, damit wir bei der Erreichung der Ziele noch schneller vorankommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Fuchtel, bevor Sie das Pult verlassen: Erlauben Sie noch eine Frage von Herrn Movassat?
Ich habe ja schon gesagt: Jede Chance, ein bisschen länger über dieses Thema zu reden, ist gut.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich schon genug geredet! Aber, gut!)
Es freut mich natürlich, Herr Staatssekretär, dass ich Ihnen mehr Redezeit verschaffen kann. Mich würde interessieren: Wird es im Rahmen des Textilbündnisses am Ende allgemeine Regeln für alle Teilnehmer, für alle Unternehmen geben? Oder wird es nur einen Katalog mit individuellen Maßnahmen geben? Ehrlich gesagt, das ist eine Frage, die mir noch keiner aus der Bundesregierung ganz konkret beantworten konnte.
Die Entwicklung wird natürlich dahin gehen, dass man zum Schluss eine plakative Möglichkeit hat, um zu sehen, ob ein Produkt nachhaltig hergestellt wurde oder nicht, aber das kann nicht von heute auf morgen geschehen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er aber nicht gefragt! Das war gar nicht seine Frage!)
Es wurde von Frau Künast ja gesagt, dass es Jahre dauern wird, bis Ihre Gesetzgebung überhaupt umgesetzt ist. Ich wage allerdings die Behauptung, dass die Praxis hier schneller sein wird als die Umsetzung dessen, was Frau Künast hier sagt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hören ja nicht zu!)
Sie ziehen völlig falsche Schlüsse. Ich kann nur sagen: Da muss ein Schritt nach dem anderen gemacht werden, damit das zu einem Ganzen werden kann. Seinerzeit hatten wir sehr viele Siegel und alles Mögliche auf dem Markt. Es geht darum, dass man Konsens herstellt und das entsprechend auf den Weg bringt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr grüner Knopf?)
Sie können hier aber nicht verlangen, dass das Ei bereits gelegt ist, bevor überhaupt daran gedacht wurde, dass es entstehen soll.
Insoweit, meine Damen und Herren: Stück für Stück wird sich die Sache bewegen. Wir haben aber nicht weggeschaut, als die Kameras nicht mehr da waren, sondern Minister Müller hat weiter für die Sache gekämpft. Er hat Zwischenerfolge, die wir heute darstellen konnten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann einem passieren, dass man bei Zwischenfragen keine Antwort bekommt! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das war eine Frage, die man mit Ja oder Nein beantworten kann, und es kam nur Geschwurbel!)
Vielen herzlichen Dank, Herr Fuchtel. – Nächster Redner in der lebendigen Debatte: Klaus Barthel für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6753944 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Menschenrechtsschutz bei Produktion im Ausland |