Christian Lange - Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen abschließend beraten können. Es ist nämlich an der Zeit, die Strafbarkeitslücke zu schließen, die mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahre 2012 aufgezeigt worden ist.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die beruflichen Entscheidungen von Heilberufsangehörigen unter den besonderen Schutz des Strafrechts gestellt werden. Diese heilberuflichen Entscheidungen sollen sich am Patientenwohl orientieren und nicht von eigenen finanziellen Interessen der Heilberufsangehörigen gesteuert werden.
Die Bundesregierung war bestrebt, mit ihrem Gesetzentwurf den Besonderheiten des Gesundheitswesens angemessen Rechnung zu tragen und das strafwürdige Verhalten klar zu umgrenzen. Ich glaube, das ist uns ganz ordentlich gelungen.
Der Ausschuss hat noch einige Punkte aufgegriffen, gegenüber denen in der Sachverständigenanhörung Bedenken geäußert wurden. Er schlägt vor, die beiden neuen Straftatbestände auf die Tatvarianten der unlauteren Bevorzugung zu begrenzen und die Bezugnahme auf die berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit zu streichen. Wir hatten ursprünglich die zweite Variante für erforderlich gehalten, um auch Fälle außerhalb von Wettbewerbslagen erfassen zu können, in denen es keine Bevorzugung geben kann. Wir können uns aber der Einschätzung des Ausschusses anschließen, dass im Gesundheitswesen in den allermeisten Fällen von einer Wettbewerbslage ausgegangen werden kann.
Die Süddeutsche Zeitung, meine Damen und Herren, berichtete in ihrer Ausgabe vom 8. April 2016, dass künftig angeblich kein Arzt strafrechtlich belangt werden könne, wenn er einen Patienten aus wirtschaftlichem Eigeninteresse falsch behandeln würde. Es war zu lesen, dass Fälle denkbar seien, in denen Ärzte bewusst ein schlechteres Medikament verschrieben, weil sie im Gegenzug Geld vom Pharmaunternehmen erhielten. Ein solches Vorgehen könne zu massiven Nachteilen und im schlimmsten Fall zu gesundheitlichen Schäden der Patienten führen und müsse daher – das ist in der Tat richtig – auch geahndet werden können.
Meine Kolleginnen und Kollegen, hier haben wir eine Situation beschrieben bekommen, in der eine medikamentöse Behandlung indiziert ist und es offensichtlich mehrere für eine Behandlung in Betracht kommende Medikamente gibt. Es liegt daher ein Handeln innerhalb des Wettbewerbs vor. Das heißt, der Arzt entscheidet sich zwischen mehreren in Betracht kommenden Medikamenten und damit zwischen verschiedenen im Wettbewerb befindlichen Produkten. Wenn er sich bestechen lässt, damit er ein bestimmtes Medikament bevorzugt, ist das geradezu der typische Anwendungsfall der Tatbestandsvariante der unlauteren Bevorzugung, die auch nach den Änderungen der Koalitionsfraktionen unverändert fortbesteht, das heißt, strafbar bleibt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Möglicherweise beruht das wiedergegebene Beispiel aber auch auf dem Missverständnis, dass es hier um einen Fall einer überhaupt nicht indizierten Behandlung geht. Von einer nicht indizierten Verordnung bzw. Behandlung könnte aber nur dann ausgegangen werden, wenn der Patient überhaupt nicht medikamentös hätte behandelt werden dürfen und der Arzt ohne entsprechende Indikation alleine deshalb ein Medikament verordnete, weil er dadurch einen Vorteil durch das Pharmaunternehmen erhält. Selbst in solchen Fällen ist aber in aller Regel ein Handeln im Wettbewerb und damit eine Strafbarkeit gegeben. Im Übrigen kommt immer auch noch eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung zum Nachteil des Patienten und gegebenenfalls wegen Betrugs zum Nachteil der Krankenkasse in Betracht.
Auf der Basis der Begründung der Ausschussempfehlung gehen wir also davon aus, dass die erste Tatbestandvariante ausreichend ist, um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten und alle wesentlichen Fallkonstellationen strafrechtlich zu erfassen: Dies erfasst auch den Bereich der personalisierten oder individualisierten Medizin und eine gezielte Therapie.
Schließlich begrüßen wir ausdrücklich, dass der Ausschuss empfiehlt, das Strafantragserfordernis aufzuheben und die neuen Tatbestände als Offizialdelikte auszugestalten.
Wir meinen, das ist ein sehr guter Beitrag zum Patientenschutz in Deutschland, und deshalb hoffe ich auf möglichst breite Unterstützung bei Ihnen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank, Christian Lange. – Nächste Rednerin: Kathrin Vogler für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6754010 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen |