14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 9

Astrid FreudensteinCDU/CSU - Gendergerechte und soziale Filmförderung

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne! Ich habe ja schon zu vielen Anträgen der Linken gesprochen. Aber der jetzige Antrag gehört schon zu den tollsten. Kaum ein anderer vorher offenbarte so abseitige Ideen. Kaum ein anderer vorher war so realitätsfern. Kaum ein anderer vorher war so nah an der Planwirtschaft wie der jetzt vorliegende.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hören wir doch jedes Mal von Ihnen! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so unkreativ!)

Ich greife mir einmal ein paar Highlights heraus, die Sie noch gar nicht erwähnt haben. Zunächst komme ich jedoch zu einem Punkt, den auch die Kollegen schon angesprochen haben. Sie beklagen die soziale Lage der Filmschaffenden und verlangen, dass Produktionsfirmen, die keine Tarif- oder Mindestlöhne zahlen, für drei Jahre von der Filmförderung ausgeschlossen werden.

Es ist richtig, dass es im Bereich der sozialen Absicherung von Filmschaffenden noch offene Baustellen gibt; das wurde bereits erwähnt. Wir haben aber auch schon einiges getan, zum Beispiel mit dem Gesetz zur Stabilisierung der Künstlersozialversicherung. Aber dass die Beschäftigten in der Filmbranche den Mindestlohn bekommen, ist sicher nicht Sache des Filmförderungsgesetzes. Die Einhaltung des Mindestlohns kontrolliert bei uns der Zoll. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Zahlungen entsprechend zu dokumentieren. Wer sich daran nicht hält, dem drohen horrende Strafzahlungen. Das ist geregelt. Das ist unterliegt sicher nicht dem Filmförderungsgesetz.

Abenteuerlich ist leider auch Ihre Idee, alle 25 Kilometer ein Kino zu platzieren. Wie soll das denn funktionieren? Schon jetzt kämpfen kleinere Kinos auch in den Städten ums Überleben. Denen wollen Sie jetzt noch ein bisschen Konkurrenz verpassen, indem Sie alle 25 Kilometer ein neues Kino hinstellen. Die Betreiber haben dann bei jeder Vorstellung komplett freie Platzwahl, weil sie ganz allein sein werden.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, so ist es!)

Das ist Ihnen vermutlich egal. Das ist im Übrigen reine Planwirtschaft. Solange der Staat das zahlt, geht das. Irgendwann ist er jedoch pleite. Aber das hatten wir alles schon, und das brauchen wir tatsächlich nicht mehr, Herr Kollege.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben sich natürlich auch Gedanken darüber gemacht, wie Sie die Kinos, die Sie alle 25 Kilometer bauen wollen, füllen. Dafür müssen die Kleinen ran. Alle 4- bis 16-Jährigen sollen zweimal im Jahr ins Kino gehen, schulisch oder außerschulisch organisiert. Nun gibt es leider überhaupt keinen Grund, die Kinder nur zum Kinobesuch zu verpflichten. Mit der gleichen Berechtigung müsste man sie zweimal im Jahr zum Tanz schicken, ins Theater, in eine Skulpturenausstellung, in eine Fotoausstellung, in eine Gemäldeausstellung, zu einer Lesung und zu einem Bibliotheksbesuch.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Recht haben Sie! Das ist gar kein schlechter Gedanke!)

Dann sind die Kleinen in der Tat gut unterwegs. Aber ich kann Ihnen sagen: Auch Kinder und Jugendliche dürfen in unserem Land anschauen, lesen und anhören, was sie wollen und so oft sie wollen. Das ist Teil der Freiheit des Einzelnen in unserem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Das sollen sie weiter können, Frau Kollegin! Keine Sorge!)

Fast die Krone Ihres Antrags ist das Thema Gendergerechtigkeit. Das nannte man früher die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Sie jetzt neu erfinden. Sie wollen Filme, bei denen Frauen für Regie, Drehbuch oder Produktion verantwortlich sind, mit doppelten Referenzmitteln ausstatten. Wie kommen Sie denn auf so etwas? Genauso gut könnten Sie Architektinnen das doppelte Honorar ausbezahlen oder für das Klopapier, das von einer Firma geliefert wird, deren Chefin eine Frau ist, das Doppelte hinlegen. Das ist, kurz und gut gesagt, ein absoluter Verstoß gegen jedes Antidiskriminierungsgesetz.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt werfen Sie etwas durcheinander!)

Das geht überhaupt nicht. Ich weiß überhaupt nicht, wie Sie auf so etwas kommen.

(Karin Binder [DIE LINKE]: Aber dass Frauen weniger verdienen, das geht schon?)

Sie wollen die Mitarbeiter der Filmfördereinrichtungen zu Change-Seminaren schicken. Vermutlich wissen viele noch nicht einmal, was das ist.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Schlimme bei Ihnen!)

In Change-Seminaren muss man seine Rollenbilder und seine Stereotypen hinterfragen, sozusagen eine kleine geistige Umerziehungsmaßnahme. – Danke, auch das brauchen wir nicht.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Kleingeist findet man bei Ihnen immer wieder!)

Fast das Allerbeste ist: Sie verlangen spezielle Einreichtermine nur für Frauen. Aus irgendeinem Grund unterstellen Sie Frauen, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Drehbücher rechtzeitig abzugeben. Mein Gott, was haben Sie für ein Frauenbild!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Schluss komme ich zu Ihrem Vorschlag, es müssten Filme über bisher vernachlässigte gesellschaftliche Minderheitengruppen besser unterstützt werden. Das läuft ganz getreu nach dem Motto: Gedreht wird, was das Publikum sehen soll, nicht das, was das Publikum sehen will. – Wissen Sie, auch hier ist es so: Die Kunst ist frei. Niemand muss sich von der Politik vorschreiben lassen, welchen Filmstoff er sich vornimmt, damit er Fördergelder bekommt.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen Sie am besten Ihrem Vorsitzenden! Bei der Kunstförderung!)

Der Schwarz-Weiß-Kurzfilm eines Transgender-Regisseurs ist tatsächlich nicht mehr wert als die Komödie eines männlichen Drehbuchschreibers, der daheim mit Frau und Kindern lebt. Das ist die Freiheit, die wir in unserem Land genießen und die wir mit Sicherheit gegen all Ihre Bevormundungsfantasien verteidigen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für Sie zum Trost, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken: Der Schuh des Manitu ist einer der meistgesehenen deutschen Filme. Fast 12 Millionen Bundesbürger wollten das schwule Indianer-Cowboy-Pärchen sehen. Das ist in der Tat eine bisher vernachlässigte gesellschaftliche Minderheitengruppe. So schlecht ist das Publikum also gar nicht, wie Sie sehen.

Ich finde, Ihr Antrag gehört eindeutig ins Genre der Unterhaltung. Man könnte glatt sagen, er ist eine echte Gag-Kanone, die aber leider nicht förderfähig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein echter Tiefschlag!)

Letzte Rednerin in der Aussprache ist die Abgeordnete Hiltrud Lotze, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6754201
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Gendergerechte und soziale Filmförderung
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