Hiltrud LotzeSPD - Gendergerechte und soziale Filmförderung
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Kinofilm, den ich gesehen habe, war der Film Mustang, eine türkisch-französisch-deutsche Kooperation, die mit Mitteln der Filmförderungsanstalt, also der FFA, gefördert wurde. Dieser Film handelt von fünf jungen Schwestern in der Türkei, die nach und nach von ihrer Familie in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, bis hin zur Zwangsverheiratung.
Der Film hat unterschiedliche Kritiken bekommen. Bei der Vorstellung, die ich im Rahmen der Berlinale gesehen habe, hat er die Zuschauerinnen und Zuschauer sehr berührt. Ich glaube, man kann sagen, er hat sie auch aufgewühlt. Dieser Film hat eine Botschaft transportiert.
Regie geführt hat bei diesem Film eine Frau. Die Frage, ob ein männlicher Regisseur die Geschichte genauso oder anders erzählt hätte, ob er ebenfalls diese Emotionen ausgelöst hätte, ist müßig. Interessant ist aber, was Dieter Kosslick, der Direktor der Berlinale, gestern im Kulturausschuss gesagt hat. Er hat gesagt: Die künstlerischen Gesichtspunkte stehen bei einem Film immer im Vordergrund. Die erfolgreichsten Hollywood-Produktionen zurzeit sind von Frauen gemacht worden. Frauen hatten bei der Berlinale die Hauptslots, wie man neudeutsch sagt, also die besten Vorführzeiten.
Meine Damen und Herren, das Kino ist ein Kulturort. Filme sind Kulturgüter. Es ist bereits gesagt worden, dass Kino und Filme natürlich auch Wirtschaftsgüter sind. Deswegen brauchen wir ein starkes, aber natürlich auch ein modernes Filmförderungsgesetz, um unsere wertvolle Filmlandschaft zu erhalten und zu fördern. Wie erfolgreich diese ist, hat mein Kollege Burkhard Blienert gerade gesagt. Film ist letztendlich auch Bildung.
Frau Staatsministerin Grütters hat mit ihrem Gesetzentwurf zur Förderung des deutschen Films einen guten Vorschlag gemacht.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
Auch das hat der Kollege Blienert schon ausgeführt. Ich möchte besonders auf den Teilaspekt der Gendergerechtigkeit eingehen.
Im Gesetzentwurf aus dem Hause der BKM werden erste Schritte eingeleitet, um die Situation der Produzentinnen, Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen zu verbessern.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn?)
So soll der Frauenanteil in den Gremien der Filmförderanstalt erhöht werden.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht nicht aus!)
Für den Verwaltungsrat und das Präsidium der Filmförderanstalt soll ab Inkrafttreten des Gesetzes eine Frauenquote von 30 Prozent gelten, ab 2018 dann eine paritätische Besetzung. Auch für die einzelnen Förderkommissionen der FFA soll ab Inkrafttreten eine paritätische Besetzung gelten.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Ich möchte erwähnen, dass man im Königreich Schweden sehr gute Erfahrungen mit einer paritätischen Besetzung gemacht hat. Ich glaube, Frau Kollegin Freudenstein, Schweden ist von der Planwirtschaft relativ weit entfernt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Entscheidend ist aber, dass der Gesetzentwurf die Filmförderungsanstalt im Ganzen dazu verpflichtet – ich zitiere –, „bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Belange der Geschlechtergerechtigkeit“ hinzuwirken. Das wird der FFA nun ins Stammbuch geschrieben. Für uns als SPD-Fraktion ist es Verpflichtung und Auftrag, darauf zu achten, ob das auch umgesetzt wird.
Wenn sich dann allerdings nichts ändert und nicht mehr Filmprojekte von Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen oder Produzentinnen gefördert werden, dann müssen wir über weitere Maßnahmen nachdenken und sie ergreifen.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da warten wir noch lange! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sankt-Nimmerleins-Tag!)
Es ist Fakt, dass es ein Ungleichverhältnis zwischen Frauen und Männern gibt.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat die CDU noch nicht verstanden!)
Das zeigt die derzeitige Förderkulisse. Unser Ansatz ist aber, Schritt für Schritt vorzugehen, und die jetzt zu beschließende gendergerechte Gremienbesetzung ist ein erster guter Schritt.
(Beifall bei der SPD)
Was Sie in Ihrem Antrag fordern, nämlich die Hälfte der Fördergelder an Projekte zu vergeben, an denen Frauen maßgeblich mitwirken, können wir in den Blick nehmen, wenn die jetzt ergriffenen Maßnahmen nicht zum Ziel führen.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre schon mehr gegangen!)
Noch eine Anmerkung zum Schluss: Eine staatlich verordnete Quote steht im Widerspruch zur künstlerischen Freiheit; das ist richtig. Aber eine Realität, die Frauen aufgrund ihres Geschlechts strukturell benachteiligt, schränkt die künstlerische Freiheit ebenso ein. Und die Freiheit gilt nun einmal für Männer und Frauen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6754202 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Gendergerechte und soziale Filmförderung |