14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 14

Matthias HauerCDU/CSU - Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend den Entwurf eines Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes. Dabei geht es um drei große Themenbereiche: erstens um die Bekämpfung von Marktmissbrauch, zweitens um die Anforderungen an Zentralverwahrer und drittens um bessere Informationen für Kleinanleger. Die Europäische Union hat drei Verordnungen und eine Richtlinie zu diesen Themenbereichen erlassen. Diese werden wir heute im deutschen Recht verankern. Wir gehen damit einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung besserer Finanzmarktregulierung. Wir erhöhen die Transparenz und die Integrität der Finanzmärkte und stärken gleichzeitig den Anlegerschutz.

Nach dem Auftakt heute wird demnächst das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz folgen. Wir werden darin das deutsche Recht an die Finanzmarktverordnung MiFIR anpassen und die Finanzmarktrichtlinie MiFID II in deutsches Recht umsetzen. Was erwartet uns mit ­MiFID II und MiFIR?

Unabhängigen Anlageberatern wird es EU-weit verboten, Zuwendungen anzunehmen. Die EU vollzieht damit das nach, was bei uns in Deutschland bereits seit August 2014 vorgeschrieben ist. Aber auch in Deutschland wird die Regelung verschärft: Künftig dürfen auch nichtmonetäre Vorteile grundsätzlich nicht mehr angenommen werden.

Wir werden die Aufsichtsbehörden weiter stärken. Sie erhalten die Befugnis, bei Finanzprodukten einzuschreiten. Die Aufsichtsbehörden können Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von Finanzinstrumenten beschränken oder gar untersagen.

Wesentliches wird sich bei der Beratung und der Kommunikation zwischen Kunden und Wertpapierdienstleistungsunternehmen wie Banken ändern. Ein neues europäisches Beratungsprotokoll wird eingeführt. Zudem müssen telefonische Beratungsgespräche künftig aufgezeichnet werden, um Anleger besser zu schützen und Marktmissbrauch besser zu verfolgen.

Auch im Bereich des Hochfrequenzhandels vollzieht Europa weitgehend das nach, was hier bereits gilt, wobei Deutschland schon seit 2013 eine Vorreiterrolle einnimmt.

Dies alles wird erst Bestandteil des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes sein. Die Verzögerungen auf europäischer Ebene nehmen uns die Möglichkeit, schon heute Klarheit über diese Details zu schaffen, was wir gerne getan hätten.

Ein großer Dank gilt unserem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und dem Bundesfinanzministerium. Aufgrund der Verzögerung auf europäischer Ebene waren wir gezwungen, die Finanzmarktnovellierung kurzfristig in zwei Teile aufzuspalten, um die fristgerechte Umsetzung der heute zu beratenden europäischen Rechtsakte zu gewährleisten. Das hat das Bundesfinanzministerium hervorragend geleistet. Vielen Dank dafür!

Es ist sehr bedauerlich, dass die Umsetzung des zweiten Teils nun verzögert wird; denn gerade MiFID II und MiFIR enthalten wichtige Maßnahmen zum Anlegerschutz und zur Transparenz der Finanzmärkte. Dass wir auf den Finanzmärkten mehr Transparenz brauchen, haben die letzten Tage noch einmal deutlich gezeigt. Wie Panama und andere Steueroasen an Steuerhinterziehung und Geldwäsche mitwirken, ist zutiefst schäbig. Dagegen gilt es weiterhin konsequent vorzugehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble engagiert sich seit Jahren für mehr Transparenz. Die Panama-Enthüllungen zeigen deutlich, dass er mit seiner Politik auf dem richtigen Kurs ist, Steuerhinterziehung gerade auch durch eine intensivere internationale Zusammenarbeit auszutrocknen.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Der verschließt doch die Augen vor allem!)

Deutschland hat in diesem Bereich seit Jahren eine Vorreiterrolle übernommen: sowohl innerhalb der G 7 und der G 20, aber auch innerhalb der OECD. Dadurch sind wir auf internationaler Ebene deutlich vorangekommen. Fast 100 Staaten bekennen sich mittlerweile zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Ab September 2017 werden Finanzinstitute auf internationaler Ebene nun Informationen austauschen, damit besser gegen Steuerhinterziehung und andere illegale Tätigkeiten vorgegangen werden kann. Der Anstoß dazu erfolgte hier in Berlin auf der Steuerkonferenz im Oktober 2014. Es muss das Ziel sein, dass sich alle Staaten am Informationsaustausch beteiligen. Das ist ein mühseliger Prozess, aber jeder zusätzliche Staat, der sich beteiligt, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch bei der sogenannten BEPS-Initiative der OECD geht Deutschland mit dieser Bundesregierung voran. Damit wird das grenzüberschreitende Verschieben von Gewinnen durch multinationale Konzerne bekämpft. Es ist gut, dass sich Deutschland und das Vereinigte Königreich seit 2012 verstärkt für die BEPS-Initiative einsetzen und den Prozess seitdem deutlich vorangebracht haben.

Nicht zuletzt durch das große Engagement unseres Bundesfinanzministers haben wir in den vergangenen drei Jahren mehr erreicht als in Jahrzehnten zuvor. Und auch der aktuelle Fall zeigt, dass es richtig war und ist, konsequent die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu verbessern. Diesen Weg werden wir als Union weiter fortsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Deutsche Bundestag hat in den vergangenen Jahren viel dafür getan, um die Märkte zu stabilisieren und ihre Anfälligkeit für neue Finanzkrisen zu reduzieren. Insgesamt haben wir seit der Finanzkrise 40 Maßnahmen umgesetzt, die zur stärkeren Regulierung der Finanzmärkte und zum Schutz der Anleger beitragen. Auch der heutige Gesetzentwurf dient in erster Linie dazu, Anleger besser zu schützen. Was sind die wesentlichen Punkte?

Erstens. Mit den Regelungen zum Marktmissbrauch gehen wir auf europäischer Ebene konsequent vor gegen Insidergeschäfte, gegen die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen und gegen Marktmanipulation. Bislang war das Thema Marktmissbrauch in den einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich geregelt. Nicht einmal schwere Verstöße waren überall strafrechtlich sanktioniert. Auch die Sanktionen waren von Staat zu Staat sehr unterschiedlich. Diese Lücken konnten Täter durch die unterschiedlichen Regelungen auf europäischer Ebene bislang ausnutzen. Dadurch konnte Marktmissbrauch in der Vergangenheit leider nur unzureichend bekämpft werden. Gerade auch, weil Täter über Staatsgrenzen hinweg agieren, ist die EU-weite Harmonisierung mehr als sinnvoll.

Zweitens. Mit den Regelungen zu den Zentralverwahrern werden auch die Anforderungen an sie EU-weit harmonisiert. Zentralverwahrer sind es, die neu emittierte Wertpapiere registrieren. Sie führen zentrale Wertpapierkonten. Sie erfassen, wem welche Wertpapiere gehören. In der EU verwahren sie Wertpapiere im Gesamtvolumen von rund 39 Billionen Euro und wickeln Wertpapiergeschäfte im Volumen von etwa 500 Billionen Euro ab. Schon bei diesen Größenordnungen liegt auf der Hand, wie wichtig es ist, dass die Verwahrer Wertpapiergeschäfte ordnungsgemäß und pünktlich durchführen.

Drittens. Mit der sogenannten PRIIPs-Verordnung erhalten Anleger künftig ein EU-weit einheitliches Informationsblatt für verpackte Anlageprodukte. Als verpackt gelten alle Anlageprodukte, bei denen das Geld der Kunden nicht direkt, sondern nur indirekt am Kapitalmarkt investiert wird. Das ist zum Beispiel der Fall bei offenen oder geschlossenen Investmentfonds, aber auch bei fondsgebundenen Lebensversicherungen. Diese Informationsblätter, auch Beipackzettel genannt, sind den Anlegern vor Vertragsabschluss vorzulegen. Sie können damit Chancen, Risiken, aber auch Kosten besser überblicken, aber dadurch auch die Produkte besser miteinander vergleichen.

Für uns in Deutschland ist die Idee dieser Informationsblätter alles andere als neu. Wir sind auch bei diesem Thema bereits in den vergangenen Jahren vorangegangen. Wir haben Beipackzettel vorgeschrieben für die Anlageberatung bei Finanzinstrumenten, bei Verträgen zur Altersvorsorge oder über Versicherungen, für Investmentvermögen und für viele Produkte des Grauen Kapitalmarkts. In den nächsten Wochen werden wir uns auch noch einmal intensiv mit den Produktinformationsblättern für einfache Finanzprodukte, also für Aktien und einfache Anleihen, befassen. Wir werden sehr genau evaluieren, ob in diesem Bereich Optimierungsbedarf besteht.

Ich komme zum Schluss. Selten standen die europäische Idee und der europäische Zusammenhalt mehr unter Beschuss als in den letzten Monaten. Viele Menschen zweifeln an der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union. Auch im Bereich der Finanzmarktregulierung zeigt sich, dass wir gemeinsame europäische Lösungen brauchen, um Verbesserungen herbeiführen zu können. In einer immer komplexer werdenden und völlig vernetzten Welt sind nationale Maßnahmen selten die Lösung für internationale Probleme – weder im Bereich der Finanzmarktregulierung noch in anderen Politikbereichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Dann hat jetzt die Kollegin Susanna Karawanskij für die Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6754533
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz
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