Emmi ZeulnerCDU/CSU - Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von den Grünen, Sie haben in Ihrem Antrag wichtige Aspekte angesprochen und den Finger in die Wunde gelegt. Es ist tatsächlich so, dass sich 16 Ihrer 22 Forderungen in der Strategie der Bundesregierung wiederfinden. Natürlich wünscht man sich immer ein Mehr an Geld, aber auch Sie wissen, dass Deutschland zum Beispiel der viertgrößte Beitragszahler im Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria ist.
Man fragt sich als Gesundheitspolitiker, wenn man zu diesem Thema spricht: Was mag die Diagnose HIV für einen Menschen bedeuten, für die Partnerschaft, für die Familie, für die Freunde, für das Arbeitsumfeld? Wir können die Antwort nicht geben, und die Ängste, die dahinterstehen, können wir auch nur erahnen. Zu der Angst um die eigene Gesundheit kommt sicherlich die Sorge vor Diskriminierung und Stigmatisierung. Auch wenn viele diesen Gedanken gerne weit von sich schieben, so müssen wir uns natürlich bewusst sein: Eine hundertprozentige Sicherheit vor dem Virus gibt es bis jetzt noch nicht.
Das HI-Virus ist keine schmutzige Krankheit, die nur bestimmte Personenkreise angeht. Er kann jeden von uns treffen. Ende 2014 lebten in Deutschland etwa 84 000 Menschen mit HIV, und es gab leider 3 200 Neuinfektionen. Deshalb stehen wir als Politiker in der Verantwortung, der Krankheit und ihren Begleiterscheinungen wirksam entgegenzutreten. Obwohl seit Ende der 80er-Jahre große Anstrengungen unternommen wurden, um über HIV und Aids aufzuklären, so ist diese Krankheit dennoch weiterhin mit Vorurteilen behaftet. Leider werden Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten von vielen immer noch als selbstverschuldet angesehen. Es ist erschreckend, wenn Umfragen der Deutschen AIDS-Hilfe zeigen, dass jeder zehnte Betroffene schon einmal davor zurückscheute, eine Arztpraxis aufzusuchen, als dies nötig gewesen wäre, dass jedem Fünften schon einmal eine medizinische Behandlung verwehrt wurde und dass jeder Vierte, der offen mit seiner HIV-Infektion umgeht, vom Arbeitgeber diskriminiert wurde. Solche Diskriminierungen sind nicht nur unangebracht, sondern sie entbehren auch jeder rationalen Grundlage.
Menschen mit einer HIV-Infektion können heute ein normales Leben führen. Aufgrund der enormen Fortschritte in der medikamentösen Therapie müssen sie, anders als noch vor Jahrzehnten, nicht länger fürchten, jung an einer Begleitbagatellerkrankung zu sterben. Obwohl wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben, ist es somit noch ein weiter Weg, bis Diskriminierung vollständig abgebaut ist.
Liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Bundesregierung ist sich den in Ihrem Antrag aufgezeigten Problemen durchaus bewusst. Sie geht diese Probleme aktiv an, und sie schafft Lösungen. So konnten wir erreichen, dass Deutschland zu den Ländern mit der niedrigsten HIV-Neuinfektionsrate in Europa zählt. Erst in der vergangenen Woche – Sie haben es angesprochen – hat die Bundesregierung die Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen vorgelegt. Diese Strategie begrüßen wir sehr; denn sie holt die Betroffenen ebenso wie potenziell Gefährdete dort ab, wo sie stehen, und geht auf deren individuelle Lebenssituation ein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie umfasst auf nationaler Ebene fünf Handlungsfelder, die durch konkrete Maßnahmen mit Leben erfüllt werden sollen: erstens gesellschaftliche Akzeptanz schaffen, zweitens bedarfsorientierte Angebote weiter ausbauen, drittens integrierte Prävention, Tests und Versorgungsangebote weiterentwickeln, viertens sektorübergreifende Vernetzung der Akteure fördern, fünftens Wissensgrundlage und Datennutzung weiter ausbauen.
Es ist aber nicht nur unserer Gesundheitspolitik, sondern auch mutigen Kampagnen wie „Gib Aids keine Chance“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu verdanken, dass die Zahl der Neuinfektionen seit mehreren Jahren – leider auf einem leicht erhöhten Niveau – stabil ist. Es ist auch ein Verdienst der BZgA, dass Kondome heute ein Alltagsgegenstand sind. Diese Enttabuisierung müssen wir auch für die Krankheit selbst erreichen.
Zudem ist mir wichtig, den zahlreichen Selbsthilfeorganisationen, die unglaublich wertvolle Arbeit leisten, zu danken. Es muss für uns selbstverständlich bleiben, dass diese ausreichend finanziell gestützt werden.
Eine wichtige Säule der Versorgung bilden zudem unsere niedergelassenen Ärzte, die sich auf die Behandlung HIV-Infizierter spezialisiert haben. Sie stellen eine hohe Qualität sicher. Davon profitieren natürlich vor allem die Patienten.
Es ist aber auch so, dass bei den Landärzten und auch den spezialisierten Ärzten in absehbarer Zeit ein Mangel droht. Deswegen müssen wir Anstrengungen unternehmen, den Nachwuchs für dieses Berufsfeld zu begeistern. Auch unsere Hausärzte, wie gesagt, stellen eine wichtige Säule der Versorgung dar. Deswegen wollen wir auch dort die Fort- und Weiterbildungsangebote ausbauen.
Ich könnte noch sehr lange über dieses Thema reden. Aber meine Redezeit ist fast beendet. Dennoch möchte ich noch einen ganz wichtigen Punkt ansprechen und bitte deswegen um Verständnis – präventiv.
Wenn er nicht zu lang wird.
Nein. – Bei der Bekämpfung von HIV verzeichnen wir auch Erfolge. Leider besteht in anderen Bereichen zu Recht die Sorge, dass sich bei jungen Menschen verschiedene Krankheiten verbreiten, zum Beispiel Chlamydien, HPV. Es ist auch nachgewiesen, dass die Zahl der Syphilisinfektionen zugenommen hat. Hier droht sich ein Teufelskreis zu entwickeln. Wir dürfen nicht riskieren, dass wir an der einen Front gewinnen und zeitgleich an der anderen verlieren. Deswegen ist es hervorragend, dass die Strategie der Bundesregierung einen ganzheitlichen Ansatz fährt und sich nicht nur auf eine Krankheit fokussiert, sondern alle Krankheiten im Blick hat.
In diesem Sinne wünsche ich weiterhin gute Beratungen.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Kollege Harald Petzold.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6754592 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030 |