14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 15

Georg KippelsCDU/CSU - Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Zeitpunkt, in der Rolle als letzter Redner der Debatte und bei diesem hohen Maß an Übereinstimmung fällt es schon ausgesprochen schwer, einen kritischen Unterton in die Diskussion zu bringen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Müssen Sie ja auch nicht! Machen Sie doch mal Zusagen!)

Das ist zwar nicht unbedingt nötig. Aber ich denke, es muss gestattet sein, sich zumindest mit den Punkten, an denen dieser doch sehr ausführliche Antrag den Kern der jetzt noch vorhandenen Problemstellungen vielleicht nicht so richtig trifft, kritisch auseinanderzusetzen.

Die Überschrift des Antrags besagt, dass die Aidsepidemie in Deutschland und weltweit bis 2030 beendet werden soll. Gestatten Sie mir, dass ich eine internationale Komponente hineinbringe, da ich mich als Mitglied des AwZ schon seit längerem aktiv mit dieser Fragestellung auseinandersetzen darf und muss, was sich darin dokumentiert, dass ich Mitglied des Vereins „Freunde des Globalen Fonds Europa“ bin, in dem Ihre ehemalige Kollegin, Frau Wieczorek-Zeul, als stellvertretende Vorstandsvorsitzende entscheidende Beiträge zur Fortentwicklung der Arbeit des GFATM leistet.

Zu Ihrer Frage, Herr Petzold, warum denn die CDU/CSU-Fraktion diesem Antrag nicht einfach vorbehaltlos zustimmen kann, kann ich nur sagen: Man kann eben nicht vorbehaltlos zustimmen, wenn – und das ist nun leider auch wieder im Antrag der Grünen passiert – bestimmte Fragestellungen mit Begeisterung ideologisch überzogen werden

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn? – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beispiel!)

und dadurch schon ein bisschen ein falscher Unterton in diese Debatte hineinkommt. Lassen Sie mich deshalb exem­plarisch einige Punkte aufgreifen, die mit Sicherheit sehr wichtig sind.

Entscheidend ist, dass wir im Rahmen unserer Bekämpfungsstrategie darauf abstellen, dass die nationale Situation in einem untrennbaren Zusammenhang mit der internationalen Situation steht.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das konnten Sie dem Antrag auch entnehmen!)

Die Mobilität der Menschen, aber auch die Wanderungsbewegungen aus osteuropäischen Ländern hin in den zentraleuropäischen Raum lösen wieder eine neue Infektionsproblematik aus, die nicht nur durch Aufklärung, sondern darüber hinaus auch durch eine entsprechende Gesundheitsvorsorge bekämpft werden muss. Letztlich darf aber nie vergessen werden, dass alle Maßnahmen auch in den Ursprungsländern ansetzen müssen; denn nur dann, wenn in den Entwicklungsländern eine Stabilisierung der Gesundheitssysteme stattfindet, vor allen Dingen auch nachhaltig stattfindet, ist eine internationale Eingrenzung der Problematik gewährleistet.

In einzelnen Punkten Ihres Antrags ist festzustellen, dass der Hinweis auf die ODA-Quote, auf die Mittelausweisung bei der Prävention und beim GFATM sowie auf die Forschungsmittel standardisiert auftritt. Wir sollten uns zunächst darüber Gedanken machen, an welcher Stelle tatsächlich eine Mittelunterdeckung vorhanden ist. Das kann die CDU/CSU-Fraktion im Rahmen der Analyse der einzelnen Titel absolut nicht feststellen. Beim GFATM sind wir immerhin der viertgrößte Geber. Bei einem Titel mit einem Volumen von 250 Millionen Euro pro Jahr ist – das hat die Diskussion auch ergeben – eine Strukturierung, eine Weiterentwicklung des GFATM selbst erforderlich und keine großzügige Mittelaufstockung.

In Ihrem Antrag sind ordnungspolitische Hinweise im Kontext der Flüchtlingsfrage zu finden. Sie sprechen Veränderungen bei der Abschiebepraxis oder bei der Gesundheitsvorsorge an. Das mag inhaltlich zwar richtig sein, aber das betrifft die Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Insofern können wir gesetzgeberisch an dieser Stelle überhaupt nicht tätig werden. Letztlich können wir die Länder durch entsprechende Empfehlungen nur animieren, darüber nachzudenken. Aber bereits jetzt ist bei den Abschiebungen eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallentscheidungen gegeben.

Zum guten Schluss sei ein Hinweis zu den Pharmafirmen gestattet. Sehr geehrte Frau Schulz-Asche, auch Ihnen wird wahrscheinlich – so hoffe ich doch jedenfalls – nicht entgangen sein, dass bereits zwölf Lizenzen im Patentpool hinterlegt sind und Boehringer Ingelheim zurzeit weitere Verhandlungen führt, um die Lizenzierung der pädiatrischen Formel von Nevirapin an den Pool weiterzugeben. Ich glaube, dass wir auf diesem Sektor hervorragende Ergebnisse erzielen werden. Ich glaube auch, dass die Erfolge, die bis jetzt verzeichnet worden sind, absolut nicht möglich gewesen wären, wenn aus der Pharmaindustrie und vor allen Dingen aus der Privatwirtschaft nicht ganz erhebliche Beiträge geleistet worden wären.

Alle, die an diesem Thema verantwortlich arbeiten, wissen um die Dimension der Aufgabe. Sie wissen vor allen Dingen um die wissenschaftlichen Problemstellungen, mit denen wir uns in ganz erheblichem Umfang auseinandersetzen. Deshalb muss uns nachgesehen werden, dass wir dem vorliegenden Antrag in diesem Fall die Zustimmung verweigern; denn mit dem Papier der Regierung haben wir eine hervorragende Grundlage für die weitere Arbeit.

Es wäre vielleicht ein gutes Signal gewesen, wenn Sie in Ansehung des Regierungsvorschlages Ihren Antrag zurückgezogen hätten. Das wäre eine geeignete Möglichkeit gewesen, großes Einvernehmen herzustellen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6754648
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030
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