14.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 16

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Reform der Investmentbesteuerung

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Ich glaube, das war ich auch gestern schon, wenn ich das richtig erinnere.

Ja, vielleicht. Es kommt also immer zu einem guten Abschluss.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten, wie gesagt, in erster Lesung das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung. Das ist etwas für die Feinschmecker des deutschen Steuerrechts. Das ist Steuerrecht am Hochreck, wie manche gesagt haben. Von daher freue ich mich auf diese Beratung.

Das Investmentsteuergesetz, so wie wir es jetzt vorfinden, gibt es seit 2003. Wir haben im Rahmen des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes im Jahre 2013 und des Finanzmarktanpassungsgesetzes im Jahre 2014 bereits einige Regelungen angepasst und Reformen durchgeführt. Nun gibt es diese umfassende Reform.

Zweck des Investmentsteuerrechts – der Lex specialis, die allen anderen steuerlichen Regelungen vorgeht – ist die Gleichstellung der Direktanlage mit der kollektiven Anlage über einen Investmentfonds. Man will also ermöglichen, dass man sich über einen Investmentfonds an etwas beteiligt, an dem man sich sonst nicht beteiligen könnte, dass man steuerlich aber nicht schlechter gestellt wird als derjenige, der sich unmittelbar daran beteiligen kann.

Man fragt sich: Hat dieses Gesetz eigentlich eine Bedeutung? Wenn man einmal ein bisschen näher hinschaut, stellt man fest: Es hat schon eine erhebliche Bedeutung. Viele wissen es gar nicht, weil sie ihre Dividende von der Bank bekommen und den entsprechenden Wert dann einfach in die Anlage KAP der Steuererklärung eintragen. Es gibt immerhin 50 Millionen Anleger in Investmentfonds in Deutschland. Davon sind 15 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Die restlichen Anleger sind institutionelle Anleger. In Investmentfonds sind 2,2 Billionen Euro investiert. Circa 40 Prozent davon befinden sich in den sogenannten Publikums-Investmentfonds, die der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Der Rest liegt in die sogenannten Spezial-Investmentfonds. Man sieht: Die Investmentfonds und damit auch die Besteuerung ihrer Erträge haben eine große Bedeutung. Folglich ist auch diese Reform bedeutend, bedeutender als manche glauben.

Wir diskutieren dieses Thema ja schon recht lange. Diesem Gesetzentwurf ist ein recht langes Beratungsverfahren vorangegangen. Es begann mit der Länderfinanzministerkonferenz im Jahre 2011. Danach beriet eine Arbeitsgruppe der Vertreter des Bundes und der Länder. Das Ganze ging dann über in ein Gutachten, das das Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben hat, um die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Umsetzung dieser Reformvorschläge einmal zu untersuchen. Die Gutachter sind damals zu dem Ergebnis gekommen, dass durch die Umsetzung der Reformvorschläge keine negativen Auswirkungen auf den Kapitalmarkt, den Finanzstandort oder die Altersvorsorge in Deutschland zu erwarten sind.

Insofern ist es gut, dass uns jetzt ein Gesetzentwurf vorliegt. Vergleicht man ihn mit dem zunächst zur Diskussion gestellten Entwurf, stellt man die Fortentwicklung fest. Ich finde, dieser Gesetzentwurf ist von Stufe zu Stufe besser geworden. Vielleicht kann er durch die parlamentarischen Beratungen noch besser werden. Ich glaube, wir sind da auf einem sehr guten Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was soll erreicht werden? Es ist mehrfach angesprochen worden: Es geht darum, EU-rechtliche Risiken zu vermindern. Diese Risiken sind erheblich. Sie kommen dadurch zustande, dass wir ausländische und inländische Fonds unterschiedlich behandeln. Es könnten Milliardenforderungen gegenüber dem Fiskus entstehen. Daher ist es richtig, dass wir hier handeln. Es geht aber auch um aggressive Steuergestaltung, ein Thema, das uns hier ständig betrifft. Diese Steuergestaltung wollen wir verringern. Es geht natürlich auch um Verwaltungs- und Steuererhebungsvereinfachung. Es ist bereits angesprochen worden, dass über 30 Besteuerungsmerkmale erfasst werden müssen, um eine gerechte Besteuerung durchzuführen. Das soll einfacher werden.

Ich glaube, es ist richtig – es ist mehrfach angesprochen worden –, dass wir jetzt eine Regelung zu den sogenannten Cum/Cum-Geschäften anstreben. Der Cum/Ex-Untersuchungsausschuss hat heute eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Es ist schon deutlich geworden, dass Cum/Cum-Geschäfte das nächste Problem sein könnten, wenn wir nicht reagieren. Daher ist es richtig, dass wir hier reagieren.

Nur ein Hinweis, Herr Kollege Binding: Das Problem im Zusammenhang mit den Veräußerungsgewinnen – Sie haben in Ihrem Beispiel ja sehr schön geschildert, was Cum/Cum-Geschäft heißt – ist nicht der Streubesitz, sondern es besteht darin, dass die Veräußerungsgewinne nach dem DBA grundsätzlich im Ausland zu versteuern sind. In Ihrem Beispiel wären sie in Frankreich zu versteuern gewesen. Ich finde es legitim, dass Sie versuchen, dieses Thema auf allen Wegen anzugehen. Aber in diesem Punkt waren sie steuerlich fehlgeleitet.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein, nein! Sie haben recht! Aber die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen gilt für Streubesitz!)

– Okay.

Ich finde gut, dass wir jetzt ein System für Publikums-Investmentfonds haben, in dem es auf der Fonds­ebene eine Erstbelastung von 15 Prozent gibt. Das muss auf der Anlegerebene Berücksichtigung finden. Das werden wir durch Freistellungsregelungen gewährleisten. Es geht um die Freistellung von 30 Prozent der Gewinne bei der Veräußerung von Aktienfonds und von 60 Prozent der Gewinne bei der Veräußerung von Immobilienfonds.

Herr Binding, diese Werte sind tatsächlich größer geworden; die Freistellung muss ja auch funktionieren. Wenn wir sagen, dass wir wieder erreichen wollen, dass die Anleger von einer Vorbelastung freigestellt werden, dann brauchen wir Prozentsätze in dieser Höhe. Das kann man rechnerisch nachweisen.

Ich glaube, dass es ein guter Gesetzentwurf ist. Bezüglich der Cum/Cum-Geschäfte glaube ich, dass wir eine gute Lösung gefunden haben. Über sie werden wir noch weiter diskutieren. Nach dem Vorbild aus Australien und den USA sieht die Regelung vor, dass die Kapitalertragsteueranrechnung dann ausgeschlossen ist, wenn der Steuerpflichtige innerhalb eines Zeitraums von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge weniger als 45 Tage wirtschaftlicher und zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien ist.

Ich bin auch sehr froh – das sage ich ausdrücklich –, dass das Thema Veräußerungsgewinne – Sie haben es im Zusammenhang mit dem Streubesitz schon angesprochen – vom Tisch ist. Nachdem wir das Anrechnungsverfahren in der Körperschaftsteuer abgeschafft haben, macht die Steuerbefreiung nach § 8 b Körperschaftsteuergesetz Sinn. Wir brauchen diese Freistellung, weil es sonst zu Kaskadeneffekten, zu mehrfachen Belastungen kommt. Insofern ist es systematisch ein Fehler gewesen, dass wir die Dividenden bei Streubesitz besteuern. Es hat eine umfassende Diskussion darüber stattgefunden, ob diese Besteuerung sinnvoll ist oder nicht. Systematisch ist sie eigentlich falsch.

Wenn man systematisch schon einmal einen Fehler gemacht hat, dann stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, noch einen weiteren systematischen Fehler zu machen. Ich bin sehr froh, dass sich die Regierung entschieden hat, diesen Punkt, der in Diskussions- und Referentenentwürfen noch enthalten war, aus dem Gesetzentwurf herauszunehmen. Ich glaube, das Ganze ist eine kluge Lösung.

Ich freue mich auf die bestimmt intensiven Beratungen eines komplexen steuerrechtlichen Themas. Sie werden für alle Fachleute eine Herausforderung sein. Wir werden mit Begeisterung die Diskussion darüber führen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6754711
Wahlperiode 18
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Reform der Investmentbesteuerung
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