Peter BeyerCDU/CSU - Weiterentwicklung der transatlantischen Beziehungen
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte damit starten, dem Kollegen Sven Volmering zu seinem heutigen 40. Geburtstag herzlich zu gratulieren.
(Beifall)
Dann wäre auch das in die Debatte eingebracht.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Debatten – –
Ich vermute, Herr Kollege, dass da wenig zu debattieren ist.
Das stimmt.
Der Sachverhalt ist ziemlich eindeutig.
(Heiterkeit)
Danke für den Hinweis, Herr Präsident. Ein Hinweis, der von Ihnen kommt, ist natürlich immer richtig.
(Heiterkeit – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bringt eine Minute!)
– Alles meine Redezeit; das stimmt.
Meine Damen und Herren, ich fange noch einmal an.
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Nein, nein, nein! Das gilt als geredet! – Heiterkeit)
Also: In den transatlantischen Debatten in den vergangenen Jahren haben wir uns eigentlich immer nur einzelnen Elementen dieses sehr wichtigen Verhältnisses gewidmet. Es waren besondere Anlässe. Es ging dabei um Jubiläen. US-Präsidenten haben wichtige Reden in dieser Stadt gehalten. „ Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ Oder: „Ich bin ein Berliner“. So etwas haben wir zum Anlass genommen. Es ging auch um komplizierte, problematische Themen wie den NSA-Abhörskandal oder TTIP. Deswegen ist es richtig, dass wir heute – darüber freue ich mich – im Plenum nach einigen Jahren zum ersten Mal wieder eine Generaldebatte, eine breit angelegte Debatte zu den transatlantischen Verhältnissen führen.
Meine Damen und Herren, warum ist es wichtig, sich den transatlantischen Beziehungen breit angelegt zu widmen? Weil wir feststellen werden – wem es noch nicht klar ist, der möge jetzt zuhören –, dass uns weitaus mehr verbindet, als uns trennt. Die transatlantischen Beziehungen sind nicht von ungefähr eine der wichtigsten Säulen der deutschen Außen-, Sicherheits- und auch Wirtschaftspolitik. Eine Bestandsaufnahme wird uns sehr rasch zu der Erkenntnis führen, dass Deutschland den Vereinigten Staaten von Amerika sehr viel verdankt. Ich nenne den Marshallplan. Ich nenne die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten während der Zeit des Kalten Krieges ein Garant der Freiheit waren. Ich nenne auch die Wiedervereinigung, die ohne die Vereinigten Staaten nicht möglich gewesen wäre.
Umgekehrt haben viele Deutsche daran mitgewirkt, die Vereinigten Staaten so aufzubauen, wie wir sie heute kennen. Erst vor kurzer Zeit haben 50 Millionen US-Bürger – das ist ungefähr ein Sechstel der dortigen Bevölkerung – angegeben, deutsche Wurzeln zu haben. Das ist die größte Gruppe dort. Elvis Presley wurde in der Debatte schon einmal genannt. Da fällt mir noch ein: Auch er hat deutsche Wurzeln. Seine Familie hieß ursprünglich Pressler; es waren Deutsche. Auch in diesem Bereich gibt es transatlantische Beziehungen. Das ist letztlich ebenfalls eine Säule. Das geht bis hin zu zwei ehemaligen US-Präsidenten, die direkt deutsche Wurzeln haben.
Meine Damen und Herren, das alles ist Teil unserer gemeinsamen transatlantischen Geschichte, in der auch Deutsche in unserem Partnerland, in den USA, ihre Spuren hinterlassen haben.
Die amerikanischen Freunde erkennen den deutschen Beitrag zur Entwicklung ihres Landes durchaus an. Ich zitiere an dieser Stelle den ehemaligen Transatlantik-Koordinator und Vorsitzenden der Deutsch-Amerikanischen Parlamentariergruppe, Hans-Ulrich Klose:
Sie haben uns politisch dadurch gedankt, dass sie die Wiedervereinigung möglich gemacht haben.
Es sind eben diese gemeinsamen Werte, die wir natürlich auch immer wieder hinterfragen müssen, die uns aber mit gemeinsamen Interessen wie keine zwei anderen Partner auf der Welt verbinden. Wir sind auch strategischer Partner – wahrscheinlich der einzige wirkliche Partner der USA. Auf wen sonst sollte man sich trotz der Krisen und Probleme, die auch wir in Europa haben, in den USA stützen bei der Bewältigung internationaler Krisen und globaler Fragen, wenn nicht auf uns Europäer?
Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme gehört aber auch – ich bin dankbar, dass meine beiden Vorredner, insbesondere Kollege Steinbrück, darauf hingewiesen haben –, die Probleme anzusprechen. Der NSA-Abhörskandal wurde bereits genannt. Ich könnte eine ganze Reihe von anderen Dingen, die in einem sehr komplexen, historisch gewachsenen Verhältnis nun einmal passieren, nennen. Diese müssen wir ansprechen. Stefan Liebich hatte es so definiert: Die transatlantischen Beziehungen sind erwachsen geworden. – Dem stimme ich durchaus zu.
Meine Damen und Herren, ich habe aber manchmal den Eindruck, dass wir in den transatlantischen Beziehungen irgendwie gefangen sind, festsitzen zwischen einer Vergangenheit, die ich gerade kurz skizziert habe, und der Zukunft, den Zukunftsthemen und dass wir hier Orientierung brauchen. Dabei sollte es doch gar nicht so schwierig sein, Orientierung zu finden. Denn es gibt eine ganze Palette globaler Herausforderungen, bei denen wir wissen, dass es wenig klug und auch überhaupt nicht machbar ist, einzelstaatliche Lösungen zu finden – übrigens auch keine Lösungen, die wir nur in Europa oder nur in den Vereinigten Staaten angehen können. Da müssen wir uns zusammentun und überall dort, wo wir gemeinsame Interessen haben, die Kräfte bündeln. Das betrifft Themen wie die Sicherheit, den Kampf gegen den Terrorismus und die Bewältigung der Herausforderungen bei den Klimaveränderungen.
Im Zusammenhang mit Wirtschaftsthemen möchte ich das Augenmerk kurz auf das Freihandelsabkommen TTIP, das gerade verhandelt wird, lenken. Wir sind ja bereits wichtige Handelspartner. Nun soll der bedeutendste Wirtschaftsraum der Welt geschaffen werden. Kollege Steinbrück hat die Verlagerung des geopolitischen und bevölkerungsentwicklungsmäßigen Gewichts in den USA, aber auch weltweit angedeutet. Das ist eine Wahrheit, die wir einfach zur Kenntnis nehmen müssen, insbesondere dann, wenn wir uns einmal selbst die Frage stellen: Wie wollen wir eigentlich hier in Deutschland und Europa in Zukunft leben? Die Antwort muss doch lauten: auch in Zukunft in Sicherheit und relativem Wohlstand. Und noch einmal möchte ich betonen, dass wir das alleine nicht hinbekommen. Dazu braucht es einen starken Partner, und da sind uns die Vereinigten Staaten von Amerika und übrigens auch die Kanadier am nächsten. Dann kann das funktionieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn ich von den Kanadiern spreche, möchte ich natürlich auch nicht unerwähnt lassen, dass es auch hier im transatlantischen Verhältnis ein Megaprojekt gibt, das es noch zu ratifizieren bzw. umzusetzen gilt: das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada, abgekürzt CETA, das als Blaupause für TTIP gelten soll. Es ist final verhandelt und kürzlich noch um ein Investitionsschutzkapitel erweitert worden, das jetzt auch den Sorgen der Bevölkerung, der Öffentlichkeit Rechnung trägt. Es muss jetzt zügig die Voraussetzung geschaffen werden, dass das umgesetzt wird, dass wir es ratifizieren können, damit es im Laufe des nächsten Jahres, 2017, auch tatsächlich in Kraft treten kann.
Auch für TTIP gilt: Es geht voran, und es geht gut voran. Bei allen Zweifeln, die ich hier immer wieder höre angesichts eines solchen Projekts: Bei dem transatlantischen Projekt unserer Zeit, bei dem es eben nicht nur um blanke Wirtschaftszahlen, sondern auch um geopolitische und geostrategische Aspekte, Klugheit und Richtigkeit geht, geht es voran. Zuversichtlich bin ich, dass wir noch während der Amtszeit der derzeitigen US-Administration, die ja immerhin noch bis zum 20. Januar 2017 geht, zu guten Ergebnissen kommen.
Gerade in der heutigen Zeit ist es richtig, wieder Brücken zu schlagen, teilweise angekratztes Vertrauen im transatlantischen Verhältnis wiederherzustellen und aufzubauen, gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Ansichten über durchaus gleichgelagerte Sachverhalte zu gewinnen. Das geht natürlich am besten, indem man sich wechselseitig begegnet und miteinander redet. Viele Austauschprogramme leisten das bereits, von den politischen Stiftungen über die transatlantischen Vereinigungen wie Atlantik-Brücke, GMF, Aspen und wie sie alle heißen, bis hin zur AmCham, die in diesem Bereich gute Arbeit leistet. Deswegen ist es gut, dass bereits zum fünften Mal der amerikanische Präsident in wenigen Tagen hier nach Deutschland zur Hannover Messe kommt. Die Vereinigten Staaten sind dieses Jahr Partnerland. Hier wird es wieder Gelegenheit zu vielen Begegnungen auf vielen Ebenen, auch auf hochrangiger Ebene, geben. Das schafft Brücken und schafft Vertrauen, das wir zueinander haben und das wir weiterentwickeln müssen.
Lassen Sie uns die transatlantische Partnerschaft für eine gemeinsame globale Strategie eines geschlossenen, der Zukunft zugewandten Westens nutzen. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Amerikanern und den kanadischen Freunden Teil des Teams sein, das den Westen rekonstruiert, nicht territorial, wie es der eine oder andere östlich von uns auf dem Globus machen möchte, sondern durch strategisch kluge Arbeitsteilung bei den globalen Herausforderungen. Denn es geht um unser Land, unsere Sicherheit und nicht zuletzt um die Sicherung unseres Wohlstands.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Jürgen Trittin ist der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6755845 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 165 |
Tagesordnungspunkt | Weiterentwicklung der transatlantischen Beziehungen |