15.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 165 / Tagesordnungspunkt 19

Dagmar FreitagSPD - Weiterentwicklung der transatlantischen Beziehungen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das transatlantische Verhältnis – ein immer wieder polarisierendes Thema. Die einen denken an Persönlichkeiten wie Martin Luther King mit seiner weltberühmten Rede „I have a dream“ auf den Stufen des Lincoln Memorials. Andere haben ein geradezu verklärtes Bild von dem „sweet land of liberty“, das für viele als Einwanderungsland so attraktiv ist.

Dagegen haben wir natürlich auch andere Assoziationen, die uns – ich muss das einräumen – manchmal einigermaßen fassungslos machen: Guantánamo, Waterboarding, die laschen Waffengesetze, der ungeheure Einfluss der Waffenlobby auf politische Entscheidungsträger, Schüsse weißer Polizisten auf farbige Landsleute oder auch die Todesstrafe, die es immer noch in vielen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten gibt.

Diese wenigen Beispiele sind – je nach Standpunkt – Gründe entweder für einen geradezu plumpen Antiamerikanismus oder aber für ein relativ verklärtes Bild dieses Landes. Beides ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt.

Die Beziehungen zu Kanada und den Vereinigten Staaten haben für unser Land – Herr Kollege Steinbrück hat nachdrücklich darauf hingewiesen – eine besondere Bedeutung. Unbestritten ist aber auch: Es hat immer wieder Irritationen gegeben. Wir müssen daran arbeiten, sie abzubauen, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Dabei ist natürlich ein kritischer Blick völlig unverzichtbar. Denn nur so kann eine Partnerschaft, die Werten verpflichtet ist, auch wirklich gelebt werden.

Klar ist aber auch: Diese Partnerschaft hat nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt. Ich würde sagen: Vielleicht ist sie heute wichtiger denn je. Denn in einer globalisierten Welt sehen sich Deutschland und natürlich auch Europa ganz gewaltigen Herausforderungen gegenüber. Außenminister Steinmeier hat zu Beginn seiner zweiten Amtszeit davon gesprochen, dass die Welt aus den Fugen geraten sei. An dieser Zustandsbeschreibung, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich bis heute nichts geändert – leider! Brutale Bürgerkriege, zerfallende Staaten, auch zunehmende Wetterextreme – all das löst Fluchtbewegungen von Millionen von Menschen aus. Deren Folgen kann kein Staat im Alleingang bewältigen. Diese und weitere Herausforderungen machen klar: Deutschland und Europa brauchen verlässliche Partner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mehrfach darauf hingewiesen: Gute transatlantische Beziehungen sind keine Selbstverständlichkeit, kein Selbstläufer.

Ein Beispiel, das zugegebenermaßen keine weltpolitische Bedeutung hat, aber für den Deutschen Bundestag, für uns alle hier, von besonderer Bedeutung ist, ist das Parlamentarische Patenschafts-Programm. Das US State Department hat vor zwei Jahren einseitig die paritätische Finanzierung, die über 30 Jahre funktioniert hat, aufgekündigt und damit dieses wunderbare Austauschprogramm letztlich infrage gestellt. Dieses Programm hat immerhin mehr als 23 000 junge Menschen aus unseren Ländern in das jeweilige Partnerland geführt, hat die Gelegenheit gegeben, Kultur und vieles andere kennenzulernen, die Sprache zu lernen. Es war klar erkennbar: Die Prioritäten des State Department hatten sich auch bei diesen Austauschprogrammen auf andere Regionen dieser Welt verlagert. Dann ist es parteiübergreifend durch Gespräche zwischen Abgeordneten gelungen, die Finanzierung auf den alten Ansatz zurückzuführen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen dieses Hauses, aber auch den Kollegen auf amerikanischer Seite – namentlich möchte ich G. T. Thompson und Jim McDermott nennen – dafür zu danken, dass es gemeinsam gelungen ist, das Programm zum alten Ansatz zurückzuführen. Das ist eine gute Nachricht für Deutschland und für die USA. Es ist vor allen Dingen eine gute Nachricht für junge Menschen beider Länder.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und es zeigt eines: Das letzte Wort haben nicht Ministeriale, sondern die Parlamentarier.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])

Herausforderungen sind dazu da, angenommen zu werden. Die Suche nach Lösungen – so schwer sie manchmal auch sein mag – kann auch zusammenschweißen. Wir haben es heute Morgen mehrfach gehört: Die transatlantischen Beziehungen sind weit mehr als nur eine Zweckgemeinschaft. Deshalb lohnt es sich, daran zu arbeiten, dafür zu kämpfen. Wir sind dazu bereit. Der vorliegende Antrag zeigt auf, in welche Richtung es weitergehen soll. Ich bin froh, dass wir heute Morgen Gelegenheit hatten, dies sehr deutlich zu machen. Auch das ist ein Zeichen an die andere Seite des Atlantiks. In diesem Sinne werbe ich um die Zustimmung für unseren Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Klaus Ernst das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6755848
Wahlperiode 18
Sitzung 165
Tagesordnungspunkt Weiterentwicklung der transatlantischen Beziehungen
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