15.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 165 / Tagesordnungspunkt 23

Lothar BindingSPD - Evaluierung der Staatsleistungen an Kirchen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Margaret Horb, mich hat die Schärfe in der Debatte ein kleines bisschen überrascht. Ich weiß nicht genau, was dahintersteckt; denn eines ist klar: Die soziale Arbeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften wird von allen im Haus geschätzt. Es gibt niemanden, der daran kratzt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Engagement für Flüchtlinge, für Asylbewerber wird geschätzt. Es gibt niemanden, der das bestreitet.

(Margaret Horb [CDU/CSU]: Das habe ich nicht bestritten!)

Die Arbeit in der Entwicklungshilfe, der Entwicklungspolitik und für das Gemeinwesen wird geschätzt. Das wird nicht bestritten. Da muss man sich nicht verkämpfen,

(Margaret Horb [CDU/CSU]: Habe ich nicht!)

es darf auch nicht subkutan mitschwingen, so als ob es da Probleme gäbe.

Es gibt durchaus Bürger, die eine ganz andere Frage stellen. Mich hat einer angerufen und gefragt, ob ich heute thematisieren würde, wie denn eigentlich die Reichtümer der Kirche bis 1803 entstanden sind. Diese Sache kirchenhistorisch aufzuarbeiten, wäre sehr kritisch; aber das ist heute nicht Thema.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein typischer Binding!)

Insofern ist es ganz gut, wenn wir uns den rechtsförmlichen Dingen widmen.

Man muss sagen: Der bayerische Landesbischof hat sein Befremden darüber zum Ausdruck gebracht, dass sein Gehalt aus dem Landeshaushalt bezahlt wird. Es ist also auch in Kirchenkreisen nicht immer ganz klar, wie diese Verbindung aussieht.

Dieter Wiefelspütz hat am 27. Juni 2013 gesagt – ich will es zitieren –:

Nach Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 138 der Weimarer Reichsverfassung ist der Bund verpflichtet, ein Grundsätzegesetz über die Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften zu erlassen.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ja, da hat er recht! Richtig!)

Eigentlich ist alles klar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb muss man gar nicht weiter darüber nachdenken. Die Rechtslage ist klar.

Was die Dimension angeht, zitiere ich eine Frau, die es genau weiß, nämlich Kerstin Griese. Sie hat 2013 hier gesagt, dass der Betrag, um den es geht, 2 Prozent des Etats für die kirchliche Arbeit ausmacht. Es ist also auch aus Sicht der Kirche kein Betrag, der finanzpolitisch von der Bedeutung ist, mit der wir ihn heute betrachten. Also, die Rechtslage ist klar, die finanzpolitische Frage ist geklärt. Es ist also sinnvoll, das Thema zu behandeln.

Ein bisschen peinlich ist es, dass es so lange gedauert hat. Da will ich vielleicht den Linken den Vorwurf machen: Der Antrag hätte schon etwa in den 20er-Jahren gestellt werden müssen.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das muss ich sagen. Das sind halt Versäumnisse. Aber man muss auch über solche Dinge reden.

Euer erster Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen kam im Jahr 2012. Diesmal soll evaluiert werden. Das finden die meisten hier gut. Ich persönlich finde es sehr gut. Ich würde dem Antrag auch zustimmen. Aber jeder im Haus weiß, dass in Regierungskoalitionen nur passiert, was beide verabreden. Da gehen wir fair miteinander um. Es bestand keine Chance, dass wir das in der Koalition so miteinander verabreden. Das hat auch die Rede von Frau Horb gezeigt. Insofern ist klar, wie wir uns hier verhalten.

Es ist eine komplizierte Sache, überhaupt zu berechnen, wie hoch ein solcher Ablösebetrag sein müsste. Das ist sicherlich eine Frage, für deren Klärung man eine Kommission und wissenschaftliche Beratung braucht. Ganz besonders braucht man dabei eine Beteiligung aller, die davon betroffen sind. Wenn man fair mit dem Thema umgeht, dann findet man auch eine Lösung. Denn man muss sagen – ob wir nun in einem säkularen oder einem laizistischen Staat leben –: Auch die Kirche hat ein Interesse daran, solche Reibungspunkte zu beseitigen. Denn das ist ja doch eine Sache, über die immer wieder diskutiert wird. Wenn über 100 Jahre darüber diskutiert wird, dann könnten beide Seiten ein Interesse haben, das Problem zu lösen. Wir haben gesehen: Hamburg und Bremen haben Antworten gefunden. Solche Antworten könnten auch andere Länder finden.

Wir werden heute zwar nicht diesem Antrag folgen, aber das Signal ist klar: Wir glauben, dass insgesamt eine Lösung gefunden werden muss. Vielleicht bekommen wir in der Großen Koalition, möglicherweise schon in der nächsten Zeit, einen Lösungsvorschlag in diese Richtung hin.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Man kann sich ja sehr sanftmütig annähern, in diesem Sinne: Wir finden eine Kommission, die noch mal darüber nachdenkt, ob sie darüber nachdenkt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Schönen Dank, alles Gute.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6756374
Wahlperiode 18
Sitzung 165
Tagesordnungspunkt Evaluierung der Staatsleistungen an Kirchen
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