Matern von MarschallCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum Umgang mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei
Verehrte Frau Präsidentin! Herzlichen Dank. – Ich frage mich ein wenig, wozu die Debatte dient, ob sie gegebenenfalls auch einfach nur ein Testen und Abklopfen politischer Nähe zwischen den Fraktionen im linken Spektrum ist. Das könnte auch gut sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für ein Einstieg? Das ist doch peinlich!)
Im Übrigen, Frau Kollegin Schlegel, sind wir in der vergangenen Woche zusammen in der Türkei gewesen und teilen im Wesentlichen die Einschätzung über die Defizite in Rechtsstaatlichkeit, Presse- und Meinungsfreiheit sowie im Demonstrationsrecht. Es geht hier aber nicht um einen Deal, wie Sie, Kollegin Dağdelen und Kollegin Roth, gesagt haben; Sie haben das noch mit dem Adjektiv „schmutzig“ ergänzt. Ich möchte einmal darauf zu sprechen kommen, dass die Türkei – mit fast 3 Millionen Flüchtlingen – und Deutschland die wesentlichste Hilfe in der Flüchtlingskrise geleistet haben. Deshalb ist auch der Türkei in diesem Falle zu danken. Dies hat die Kanzlerin völlig zu Recht getan.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da hier suggeriert worden ist, die Bundesregierung kümmere sich nicht um die Defizite, die wir als Delegation des Bundestages vor Ort sehr wohl haben nachvollziehen können, keineswegs nur im Gespräch mit der Regierung, sondern auch mit den Oppositionsparteien, mit NGOs, politischen Stiftungen und vielen anderen Kundigen, möchte ich Ihnen zitieren, was die Bundeskanzlerin in der gemeinsamen Pressekonferenz – neben Davutoglu stehend – mit Blick auf die Pressefreiheit gesagt hat:
Wenn es Fälle gibt, die die Pressefreiheit betreffen …, dann wird das angesprochen, dann wird das auf den Tisch gelegt, dann können wir darüber auch sehr offen und ehrlich sprechen.
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sensationell!)
Das ist doch im besten Sinne das, was die Kanzlerin tut. Deshalb liegen Sie da völlig falsch. Die Intensität der Gespräche, die die Kanzlerin in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise mit der türkischen Regierung geführt hat,
(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Hinter verschlossenen Türen!)
ist eben sehr wohl eine große Chance, auch andere Themen zu adressieren, und genau dies tut sie.
(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)
Dafür bin ich ihr auch sehr dankbar.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wäre es denn, wenn sie bedrohte Journalisten trifft?)
– Ich komme noch zu den bedrohten Journalisten.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht Sie, die Kanzlerin!)
Wir waren mit der Delegation auch bei Herrn Dündar; das war – Kollegin Schlegel, Sie haben es erwähnt – ein interessantes Gespräch. Ich muss jedoch sagen – das ist mir schon sehr wichtig –: Ich habe Herrn Dündar in unserem Gespräch als einen eleganten, höflichen und zurückhaltenden Mann kennengelernt. Der Text, den er im Spiegel veröffentlicht hat, ist aber ganz anders; das ist ein von brachialer Kriegsrhetorik geprägter Text.
(Zuruf von der LINKEN: Warum wohl?)
– Ja, das will ich Ihnen sagen: weil die Polarisierung in der türkischen Gesellschaft unglaublich weit vorangeschritten ist. Ich will Ihnen auch sagen: Wenn Sie diese Polarisierung aus der Türkei hier ins Parlament tragen, dann ist das bestimmt nicht der richtige Weg, um die Menschen in diesem Land auf den Weg einer Annäherung an Europa zu bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wirklich nichts verstanden, oder? – Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Das ist nämlich der kapitale Fehler, den Sie machen, und Ihr Geschwätz von Erpressbarkeit, Herr Bartsch, kann man nicht mehr hören. Das ist unterirdisch und im Grunde auch zynisch gegenüber den Notleidenden.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Getroffene Hunde bellen! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist jetzt keine Polarisierung, oder wie?)
Sie können sich gern alle gegenseitig beklatschen in diesem Spektrum. Fahren Sie nur fort in dieser Hinsicht!
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihre Rede ist eine Contradictio in adiecto!)
– Wenn Sie wenigstens den Sprecher hier ausreden lassen würden, dann wäre das ganz höflich.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach so! Jetzt werden auch Zwischenrufe verboten! So weit sind wir schon?)
In einer Aktuellen Stunde gibt es nämlich keine Gelegenheit für Interventionen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber für Zwischenrufe!)
Deswegen würde ich zumindest gern die fünf Minuten meiner Redezeit ausschöpfen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie uns die Zwischenrufe verbieten, oder was?)
Eines will ich Ihnen mit Bestimmtheit sagen: Mit dieser Agitation, diesem Kampfgeschrei und diesem Getöse kommen wir bei der Zusammenarbeit mit der Türkei keinen Schritt weiter.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie von sich selbst, oder was?)
Dessen können Sie gewiss sein.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht man ja daran, wie oft Herr Erdogan sich beschwert! Daran sieht man, wie weit Sie kommen! Das ist doch absurd!)
Womit wir weiterkommen, das ist ein guter, sachorientierter, klarer und transparenter Dialog. Das ist ein gutes Merkmal unserer an Kompromiss und Konsens orientierten europäischen Debattenkultur.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Erdogan kann dann jede Woche ausrasten, oder was?)
Wenn Sie das unterlaufen und genau das Gegenteil tun, dann stärken Sie die extremistischen Kräfte in der Türkei,
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Weg ist gescheitert! Das ist das Problem!)
und das schadet dem, was wir erreichen wollen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Grundrechte sind nicht verhandelbar! Kapieren Sie das endlich mal!)
Das Wort hat die Kollegin Michelle Müntefering für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6789327 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Umgang mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei |