Lars KlingbeilSPD - Abschließende Beratungen ohne Aussprache
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank, dass ich zu diesem für mich, für meinen Wahlkreis und auch für viele andere hier im Parlament wichtigen Thema eine persönliche Erklärung abgeben kann.
Das Thema Fracking ist in meinem Wahlkreis – speziell im Landkreis Rotenburg – von sehr hoher Bedeutung. Ich glaube, viele von Ihnen kennen die Situation, die es in meiner Region durch zahlreiche Erdgasförderstätten gibt, aus der Diskussion der letzten Jahre. Es gibt eine große Verunsicherung bei den Menschen, und ich will Ihnen von einer Begegnung erzählen, die ich am letzten Freitag hatte, als ich in dem Dorf Bellen in der Samtgemeinde Bothel unterwegs war. In Bellen leben 52 Menschen, davon sind mittlerweile 12 nachweislich an Krebs erkrankt. Man geht durch den Ort, und Vertreter der Bürgerinitiativen können zu jedem Haus und jeder Familie eine Krebsgeschichte erzählen. Die Menschen sind tief verunsichert.
Ein Blick auf die Statistiken der Samtgemeinde und auch in die der Nachbarstadt Rotenburg zeigt, dass die Zahl von Krebserkrankungen überall signifikant hoch ist. Es gibt keinen empirischen Beleg dafür, dass das Ganze mit der Erdgasförderung zusammenhängt. Aber es gibt momentan Untersuchungen durch den Landkreis und das Land Niedersachsen, die mit einer Arbeitshypothese arbeiten, nämlich der Erdgasförderung. Die Menschen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen Erklärungen für das Schicksal, das ihnen widerfährt. Sie wollen Aufklärung. Sie wollen, dass die Politik mit dem Thema seriös umgeht. Dazu sind wir verpflichtet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will das hier schildern, um deutlich zu machen: Niemanden hier im Haus lässt dieses Thema kalt. Lassen Sie uns bitte aufhören, so zu tun, als ob das ganz einfach wäre. Wir sind über 600 Abgeordnete. Die Grenzen zwischen Gegnern und Befürwortern verlaufen nicht einmal unbedingt zwischen den Parteien. Es gibt Fracking-Gegner wie mich. Es gibt Graustufen, es gibt Schattierungen in allen Fraktionen. Auch in den Landesregierungen gibt es unterschiedliche Positionen. Wir müssen dieses Thema hier im Parlament ehrlich diskutieren.
(Beifall bei der SPD)
Was ich nicht verstehe – das will ich in aller Deutlichkeit sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den Linken –: Sie setzen ein Thema mit einer so hohen Bedeutung auf die Tagesordnung. Sie wollen darüber eine namentliche Abstimmung. Aber dann verhindern Sie eine inhaltliche Diskussion zu diesem Thema. Das kann ich nicht nachvollziehen. Das wird diesem Thema nicht gerecht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir es ernst meinen,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn mal Ihre persönliche Erklärung?)
wenn es wirklich darum geht, die Probleme mit der Erdgasförderung in Deutschland lösen zu wollen, dann brauchen wir umfassende Regeln. Dann brauchen wir Gesetze, die umfassender sind als das, was Sie heute vorlegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In Ihrem Gesetzentwurf ist beispielsweise nichts zum Thema Lagerstättenwasserverpressung vorgesehen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn Ihre persönliche Erklärung?)
Das wäre für meine Region wichtig. In Ihrem Gesetzentwurf wird nichts zum Thema Beweislastumkehr bei Erdbeben ausgesagt. Das wäre für meine Region wichtig. Sie schlagen keine Änderung im Wasserhaushaltsrecht und im Bundesnaturschutzrecht vor. Sie wollen keine zusätzlichen Vetorechte für die Kommunen und für die Wasserbehörden.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist keine persönliche Erklärung!)
Sie schaffen mit dem, was Sie hier heute vorlegen, keine zusätzlichen Transparenzpflichten. Auch die Mitwirkungsrechte von Umweltverbänden und Wasserverbänden sind nicht vorgesehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all diese Punkte wären für meine Region wichtig. All diese Punkte würden uns vor Ort weiterhelfen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen auch: Diese Punkte verhandeln wir gerade in den Regelungspaketen der Großen Koalition. Sie schlagen vor, zwei Paragrafen im Bergrecht zu ändern. Ich kann aber nicht so tun, als ob damit die Probleme vor Ort gelöst würden. Das ist einfach nicht der Fall.
Gehen Sie davon aus: Es ist mein persönliches Anliegen, dass wir beim Fracking eine umfassende Regelung bekommen. Ich werde keine Ruhe geben, bis wir sie erreicht haben. Ich möchte nach Bellen zurückkehren und den Menschen sagen können: Wir in der Politik haben im Deutschen Bundestag gemeinsam etwas geschafft. Das ist die Verantwortung, die wir haben.
Ich bin mir sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Große Koalition wird beim Thema Erdgasförderung und Fracking etwas erreichen. Ich schlage vor, dass wir gemeinsam, SPD, CDU/CSU und Opposition, in dieser Legislatur
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das eine persönliche Erklärung?)
hier in diesem Haus eine umfassende Regelung zur Erdgas- und Fracking-Gesetzgebung hinbekommen, dass wir den Trinkwasservorrang und den Gesundheitsschutz sowie die Transparenz und die Beteiligung regeln. Lassen Sie uns das als Haus gemeinsam tun. Das ist die Verantwortung, die wir tragen. Wir, die SPD, sind dazu bereit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen in dieser Sitzung einen geregelten Ablauf haben. Deswegen bitte ich die Parlamentarischen Geschäftsführer der einzelnen Fraktionen, zu mir nach vorne zu kommen.
Ich unterbreche kurz die Sitzung.
(Unterbrechung von 13.29 bis 13.33 Uhr)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ruhe und Beruhigung. – In § 31 unserer Geschäftsordnung geht es um eine Erklärung zur Abstimmung. Sie haben gemerkt: Das war sozusagen eine weite Auslegung dessen, was eine Erklärung zur Abstimmung eigentlich ist. Die Präsidentin und die beiden Schriftführerinnen bzw. Schriftführer hier oben können aber nicht wissen, was ein Kollege gedenkt zu sagen. Deswegen haben wir jetzt vereinbart, dass die anderen Fraktionen ihrerseits die Möglichkeit bekommen, eine maximal fünf Minuten lange Erklärung zur Abstimmung abzugeben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Linken und die Grünen werden das machen. Und ich bitte, dass sich eventuell noch ein Kollege von der CDU/CSU-Fraktion meldet.
Wir werden – seien Sie da ganz sicher – die Frage des Umgangs mit dem § 31 am gegebenen Ort und nicht mit lauten Zurufen, wie sie hier erfolgten, klären.
Ich gebe jetzt dem Kollegen Krischer nach § 31 unserer Geschäftsordnung das Wort zu einer Erklärung zur Abstimmung.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6791901 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Abschließende Beratungen ohne Aussprache |