28.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 7

Matthias BartkeSPD - Arbeit für Menschen mit Behinderungen

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Antrag der Linken haben wir das erste Mal kurz vor der letzten Sommerpause debattiert. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen, und ich muss sagen: Der Zeitpunkt der heutigen Debatte könnte nicht besser sein; denn seit Montagabend hat das Kanzleramt den Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes endlich freigegeben. Wir haben lange darauf gewartet.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, Ihr Antrag heißt „Gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen“, und es wird Sie überraschen, wenn ich sage: Ich finde, dieser Titel verspricht durchaus, was der Antrag zu großen Teilen hält. Die UN-Behindertenrechtskonvention gibt uns vor, den Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen offen und inklusiv zu gestalten. Diese Konvention darf aber nicht der einzige Antrieb sein. Es geht nicht nur um Vertragserfüllung; es geht vielmehr darum, dass das Ziel eine Gesellschaft sein muss, in der alle Menschen am Arbeitsleben teilhaben können. Es geht um das Glück, dazuzugehören.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, die meisten Ihrer Forderungen sind in unserem Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes berücksichtigt. Frau Werner, wenn Sie das in Abrede stellen, dann liegt das vielleicht daran, dass dieser Entwurf noch neu ist. Wir befinden uns jetzt in der Sitzungswoche, und man konnte das nicht alles so genau lesen.

(Lachen der Abg. Katrin Werner [DIE LINKE] – Heiterkeit der Abg. Kerstin Tack [SPD])

Lesen Sie es, und Sie werden es feststellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Zuerst ist das Budget für Arbeit zu nennen. Damit erhalten Menschen mit Behinderung die Chance auf einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. In meiner Heimatstadt Hamburg haben wir damit hervorragende Erfahrungen gemacht. Schon im ersten Projektjahr haben 43 Menschen mit Behinderung einen Job in 39 Hamburger Unternehmen gefunden. Zuvor waren sie im Durchschnitt fast fünf Jahre in einer Werkstatt beschäftigt.

Ihr nächster Punkt, den wir richtig finden, ist das unbegrenzte Recht zur Rückkehr in die Werkstatt. Natürlich schreibt das Budget für Arbeit Erfolgsgeschichten. Dennoch kann nach dem Schritt von der Werkstatt auf den ersten Arbeitsmarkt immer auch die Erkenntnis stehen: Das ist doch nicht das Richtige für mich. Die Angst vor dieser Erkenntnis darf aber keine Schranke sein. Deswegen wird das Bundesteilhabegesetz ein unbegrenztes Recht zur Rückkehr schaffen.

In Ihrem Antrag fordern Sie auch die Stärkung der Schwerbehindertenvertretung und die Weiterentwicklung der Mitwirkungsrechte in den Werkstätten. Mit dem Bundesteilhabegesetz schaffen wir Mitbestimmungsrecht in besonders wichtigen Fragen. Hierzu gehören die Einführung von Frauenbeauftragten in den Werkstätten und die Finanzierung überregionaler Werkstatträte.

Ich gebe aber zu: Bei den Rechten für Schwerbehindertenvertretungen ist durchaus noch Luft nach oben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Ich habe eben den Beitrag von Herrn Schummer gehört. Danach bin ich optimistisch, dass wir in der gemeinsamen Beratung etwas bewirken können: dass die Schwerbehindertenvertretungen endlich das Recht bekommen, ihre Rechte auch einzuklagen. Das gehört ja dazu.

(Beifall bei der SPD)

Zur Förderung der Integrationsbetriebe haben wir im letzten Jahr einen Antrag vorgelegt. Frau Werner, Sie haben uns damals vorgeworfen, das sei nur ein Showantrag. Aber ich sage Ihnen: Mitnichten. Wir werden die Zuverdienstbeschäftigung in Integrationsprojekten zulassen. Wir werden die bevorzugte Berücksichtigung von Integrationsbetrieben bei öffentlichen Vergabeverfahren ermöglichen, und wir werden den Integrationsämtern zusätzlich 150 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Diese Punkte haben wir schon auf den Weg gebracht. So viel zum Thema Showantrag.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Katrin Werner [DIE LINKE]: In der Vergabeordnung steht „sollte“ und nicht „muss“!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, bei einem zentralen Punkt können wir aber definitiv nicht mitgehen, und das ist die Anhebung der Beschäftigungspflichtquote auf 6 Prozent; denn bei einer vollständigen Erfüllung einer 6‑Prozent-Quote entstehen mehr Pflichtplätze, als es überhaupt arbeitslose Schwerbehinderte gibt. Ich sage Ihnen: Man muss nicht Jura studiert haben, um zu merken, dass so etwas verfassungswidrig wäre. Franz Müntefering würde sagen: Die Zwergschule im Sauerland reicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Eine Beschäftigung von Menschen mit Behinderung ist nicht nur eine Frage der Pflicht; es ist auch eine Frage der Überzeugung, der Information und der Anreize. Häufig fehlen schlicht ganz grundlegende Informationen. Das betrifft Unterstützungsformen, aber auch die Kenntnis über Arten von Behinderung und Einsatzmöglichkeiten. Der Sachverständige Otto-Albrecht hat es in der Anhörung so zusammengefasst: „Es fehlen ... Informationen ... darüber, dass nicht alle behinderten Menschen im Rollstuhl sitzen“. Daher ist es richtig, dass die Bundesregierung ergänzend auch auf Initiativen mit der Wirtschaft setzt, die genau solche doch recht elementaren Wissenslücken schließen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend gilt: Gute Arbeit für Menschen mit Behinderung liegt uns allen am Herzen. Lassen Sie uns mit dem Bundesteilhabegesetz darauf aufbauen!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat die Kollegin Dr. Astrid Freudenstein, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6792296
Wahlperiode 18
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Arbeit für Menschen mit Behinderungen
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