28.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 10

Matthias HeiderCDU/CSU - Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen überraschend, was hier alles im Zusammenhang mit der Buchpreisbindung aufgerufen wird. Darüber können wir heute nicht mehr abschließend sprechen, insbesondere nicht über die Freihandelsabkommen. Dafür fehlt uns schlichtweg die Zeit.

(Sigrid Hupach [DIE LINKE]: Ich habe nur darauf hingewiesen, was alles noch geklärt werden muss!)

Ich bin überzeugt: Am Samstag, dem 23. April, haben vor allen Dingen Buchhändler, Verleger, Bibliotheken und Schulen an den UNESCO-Welttag des Buches, aber wahrscheinlich weniger an die Freihandelsabkommen gedacht. Das Kulturgut Buch ist schutzwürdig. Ich glaube, darüber sind sich wenigstens all diejenigen, die gerne Bücher lesen, einig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Feiertag, meine Damen und Herren, findet nicht ohne Grund am 23. April statt. Es ist der Todestag zweier bekannter Schriftsteller, nämlich des Engländers William Shakespeare und des Spaniers Miguel de Cervantes. Sie haben im 16. und 17. Jahrhundert gelebt. Ich bin mir sicher, mit der Idee der Buchpreisbindung hatten sie noch nichts am Hut. Der Buchdruck war gerade erst erfunden. Heutzutage gibt es in Spanien wie auch in Deutschland, in Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen, Portugal und Österreich eine solche Buchpreisbindung.

Zwei deutsche Schriftsteller haben im 19. Jahrhundert, im Dreikaiserjahr 1888, die Einführung der Buchpreisbindung miterlebt. Theodor Storm hat in diesem Jahr den Schimmelreiter veröffentlicht, Theodor Fontane Irrungen und Wirrungen, ein Buch, das ich Ihnen vielleicht einmal empfehlen würde.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU] und Matthias Ilgen [SPD] – Sigrid Hupach [DIE LINKE]: Das habe ich gelesen!)

Nach ihrer Geburt überdauerte die Buchpreisbindung zwei Weltkriege, zwei Kartellrechtsreformen und die gegen sie gerichteten Verfahren der EU-Kommission um die letzte Jahrtausendwende herum. Seit 2002 ist die Buchpreisbindung wieder gesetzlich verankert. Sie sehen: Die Buchpreisbindung hat im deutschen Recht eine lange Tradition.

Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir dies fortführen und sie auf die modernen elektronischen Bücher, auf die E-Books, erweitern. Außerdem knüpfen wir ausdrücklich an das Merkmal des Verkaufs an Letztabnehmer an. Lassen Sie mich erklären, warum die Buchpreisbindung in diesen Fällen gerechtfertigt ist, in anderen Fällen wiederum nicht.

Zunächst zum Zweck der Buchpreisbindung. Die Buchpreisbindung soll einen leistungsfähigen Markt für Verlagserzeugnisse, also Bücher, Musiknoten und ähnliche verlags- oder buchhandelstypische Produkte, gewährleisten. Sie soll gewährleisten, dass es ein leistungsfähiger Markt ist. Außerdem soll sie das Buch als Kulturgut und als Kulturmedium sicherstellen.

Die Buchpreisbindung verhindert den Wettbewerb unter den Händlern; eine Einschränkung, die wir in unserem Rechtssystem nur in ganz wenigen Bereichen gewähren. Verlage geben einen einheitlichen Preis für ein Buch vor. Von diesem Preis darf ein Händler, bis auf wenige Ausnahmen, weder nach oben noch nach unten abweichen. Für mich als Ordnungspolitiker ist das ein zweischneidiges Schwert. Die Buchpreisbindung führt einerseits zu einer Beschränkung des Wettbewerbs, andererseits hat sie sehr großen, allgemein anerkannten kulturellen Nutzen. Die Buchpreisbindung fördert eine große Buchauswahl in Deutschland und auf dem europäischen Markt. Kulturell wertvolle Bücher können bei uns zu erschwinglichen Preisen für alle Bevölkerungsgruppen erscheinen. Es gibt in Deutschland eine Fülle von kleinen und mittleren Verlagen. Schließlich werden wir durch ein Netz von Buchhandlungen und Büchern vor Ort versorgt, und das nicht nur in großen Städten, sondern auch in ländlichen Regionen.

Den Vorteil der Buchauswahl wollen wir auch bei den E-Books bewahren. E-Books sind in den letzten Jahren zum Austauschprodukt für gedruckte Bücher geworden. Schon bisher unterliegen sie faktisch eigentlich der Preisbindung. Durch die gesetzliche Regelung nehmen wir also nur eine Klarstellung vor. Diese bringt Rechtssicherheit für die Verlage und Rechtssicherheit für den Handel.

Außerdem soll die Buchpreisbindung nicht mehr vom Kriterium des nationalen Buchverkaufs abhängig sein. Bisher galt die Buchpreisbindung nur für Verkäufe in Deutschland. Probleme bestanden bei einem Verkauf über das Internet aus dem Ausland an Kunden in Deutschland. In diesen Fällen war nicht klar, ob es sich um einen nationalen Buchverkauf handelt oder nicht. Das ändern wir. Mit einer neuen Regelung, die beim Verkauf an Abnehmer in Deutschland ansetzt, schaffen wir Rechtssicherheit. Dadurch werden die Unklarheiten beseitigt.

Wir wollen jedoch den Schutz bei der Buchpreisbindung nicht überstrapazieren; Kollege Ilgen hat schon darauf hingewiesen. Es bleiben daher einige an uns he­rangetragene Änderungswünsche der Branche unberücksichtigt. Ein Wunsch war beispielsweise, auch die Kalender der Buchpreisbindung zu unterwerfen. Ich sehe da keine wirkliche Ähnlichkeit mit Büchern. Sie haben mehr eine künstlerische, ästhetische Bedeutung und sind aus meiner Sicht eher mit Drucken, mit Postern oder mit Fotografien zu vergleichen.

Ein weiterer Wunsch, unter anderem vom Bundesrat, war es, Verkaufsmaßnahmen zu verbieten, die die Buchpreisbindung unterlaufen. Ein solches Verbot halten wir für nicht notwendig; denn die Buchpreisbindung selbst verbietet schon den Preiswettbewerb zwischen den Händlern. Zudem haben die Gerichte in vielen Entscheidungen alle Maßnahmen, die das Ziel hatten, die Buchpreisbindung zu umgehen, für unzulässig gehalten. Darüber hinaus wollen wir Unternehmen nicht in ihrer unternehmerischen Freiheit beschränken. Werbemaßnahmen, die mit der Buchpreisbindung vereinbar sind, müssen zulässig bleiben. Sie sind ein zulässiges Instrument.

Schließlich halten wir eine Regelung, die Bücher ohne ISBN von der Buchpreisbindung ausnimmt, nicht für notwendig. Das wurde in einer Petition, die derzeit im Petitionsausschuss beraten wird, gefordert. Der Petent wollte durch diese Petition erreichen, dass Hobbyautoren ihre Bücher unabhängig von der Buchpreisbindung verkaufen können. Das ist, meine Damen und Herren, schon jetzt erlaubt. Die Buchpreisbindung gilt nicht für Schriften, die Sie alle im Selbstverlag von zu Hause aus auf den Weg bringen.

Meine Damen und Herren, wir haben gesehen, dass die Buchpreisbindung auch im Jahr 2016 noch ihre Berechtigung hat. Daher ist es sinnvoll, eine gesetzliche Klarstellung bezüglich der E-Books in das Gesetz aufzunehmen und sie an den Verkauf an Abnehmer in Deutschland auszurichten.

Wir stellen uns damit auch gegen eine schlanke Bestsellerkultur. Das schützt die Titelvielfalt in Deutschland, alte Literatur und neue Literatur. Nicht nur Storm und Fontane hätten es uns gedankt. Weitere Einschränkungen der unternehmerischen Handlungsfreiheit sind aber nicht geboten. Deshalb nehmen wir an dieser Stelle davon Abstand.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Tabea Rößner.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6792361
Wahlperiode 18
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes
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