Siegmund EhrmannSPD - Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auf Gutenberg wurde verwiesen. In der Tat: Seine Revolution des Buchdruckes Mitte des 15. Jahrhunderts löste einen Megatrend aus. Was passierte? Erstens wurde die exakte Reproduktion von Texten möglich, zum Zweiten bekam die Autorenschaft einen besonderen Stellenwert, drittens veränderte sich das Lesen, und viertens – das ist entscheidend – wurde das Wissen allgemein zugänglich.
Die Digitalisierung hat diesen Prozess in den letzten Jahrzehnten enorm verdichtet und beschleunigt. Aber wenn wir auf die letzten Jahrhunderte zurückblicken, müssen wir feststellen: Dies war ein permanenter Prozess, der jetzt wahrscheinlich einen Quantensprung erfahren hat. Doch die vier Säulen, die ich genannt habe – Reproduktion, Autorenschaft, die Kunst des Lesens und der Zugang zum Wissen –, sind geblieben. Sie gelten nach wie vor als Herausforderungen und sind zu gewährleisten.
Die Buchpreisbindung ist deshalb ein zentrales Instrument, das Buch als Portal zum Wissen nicht nur ökonomisch, sondern vor allem auch kulturpolitisch zu stärken und zu schützen. Es wurde erwähnt: Bereits 1888 wurde sie vertraglich vereinbart und 2002 dann europarechtlich bzw. wettbewerbsrechtlich wasserdicht geregelt. Jetzt folgt die Erweiterung auf E-Books und den grenzüberschreitenden Handel. Ich teile die Auffassung, die von Ansgar Heveling, Herrn Ilgen und Dr. Heider vorgetragen wurde: Man darf diesen Rechtsrahmen auch aus ordnungspolitischen Gründen nicht überladen. Das geht nicht, auch wenn es an anderer Stelle Justierungsbedarf gibt. Auch die unzulässige Absatzförderung wurde angesprochen. Das müssen wir angehen, aber an anderer Stelle. Das hier ist nicht der geeignete Ort.
Lassen Sie mich nun auf die ökonomischen Effekte der Buchpreisbindung eingehen.
In unserem Land, in Deutschland, erzielt der Buchhandel einen Umsatz von rund 9,3 Milliarden Euro im Jahr. Im Vergleich dazu beträgt der Umsatz in Großbritannien – das Land hat 64 Millionen Einwohner und damit etwa 20 Millionen weniger als unser Land – circa 4 Milliarden Euro. Bei einer Gegenüberstellung stellt man fest – der Buchmarkt in Großbritannien ist seit den 2000er-Jahren dereguliert –, dass innerhalb kürzester Zeit etwa 1 800 Buchhandlungen dichtmachen mussten, und auch die Vielzahl, die Breite der aufgelegten Titel ist deutlich zurückgegangen. Deshalb muss der Blick nicht nur auf die ökonomische Dimension, sondern insbesondere auch auf die kulturpolitische Wirkung gerichtet sein.
Die Buchpreisbindung eröffnet Verlagen den Korridor, Kostendeckungsbeiträge und vor allen Dingen auch Gewinne zu erwirtschaften, sodass sie auch Risiken bzw. Wagnisse eingehen und das Unbekannte, das Neue fördern können. Sie können junge Autoren aufbauen und unterstützen, ihre Honorare finanzieren und sie im Markt etablieren – was in der Tat oft problematisch ist –, sodass wir uns mit deren Impulsen auseinandersetzen können.
(Beifall des Abg. Matthias Ilgen [SPD])
Dieser Korridor bzw. diese Flugschneise ist kulturpolitisch und ökonomisch also durchaus sehr wichtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, in unserem Land dürfen wir uns darüber freuen, dass wir etwa 6 750 Buchhandlungen haben. Gemessen an der Anzahl der Einwohner ist das eine noch gesunde Struktur. Wenn wir genauer hinsehen, müssen wir aber feststellen, dass es insbesondere die kleinen, eigentümergeführten Buchhandlungen schwer haben. Das ist nicht trivial. Sie stehen aufgrund des Angebotes der großen Ketten und im Internet unter Druck. Gleichwohl ist die Erreichbarkeit der Buchhandlungen in den jeweiligen Quartieren zur Grundversorgung gegeben.
Die Buchpreisbindung schützt die Buchbranche, aber nicht den Heizer auf der E-Lok. In der Tat gibt es auch in dieser Branche aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Büchern einen erheblichen Druck. Alternative Vertriebswege stellen hier eine Herausforderung dar. Technische Entwicklungen im Hinblick auf die Erstellung und den Vertrieb sind offenkundig notwendig.
Darüber hinaus sind auch die Probleme der Refinanzierung für Verlage schon angesprochen worden.
Kurzum: Das ist ein guter und wichtiger Impuls aus dem Koalitionsvertrag, umgesetzt durch das Wirtschaftsministerium. Wir sollten diesen Gesetzentwurf jetzt möglichst schnell ins Bundesgesetzblatt bringen.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6792422 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes |