Stefan HeckCDU/CSU - Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon der Name des Tagesordnungspunktes, den wir an dieser Stelle beraten, klingt in seiner vollen Länge sehr kompliziert. Aber das Gesetz, das wir heute beschließen, ist für das kulturelle Leben und den Schutz von geistigem Eigentum viel wichtiger, als dieser sperrige und technische Begriff vermuten lässt.
Es ist gut, dass wir heute oft ganz einfach, schnell und unkompliziert auf Inhalte digital zugreifen können. Aber wir müssen uns bewusst sein, dass wir mit einem Mausklick oder mit einem Fingertipp auf das iPhone in Urheberrechte eingreifen. Das ist legal, und das ist in Ordnung so. Die Urheber müssen hinnehmen, dass Werke zum privaten Gebrauch auch kopiert und vervielfältigt werden.
Wir dürfen aber auf der anderen Seite nicht vergessen, dass diese Werke oft das Ergebnis jahrelanger Bemühungen und nicht selten harter Arbeit sind. Wir sind als Industrieland daran gewöhnt, dass wir den Wert einer Sache an der Fertigungstiefe, an der Gegenständlichkeit, festmachen. Wir haben eine sehr komplexe Dienstleistungswirtschaft, die wir wertschätzen. Aber hinzu kommt: Wir können als Land der Dichter und Denker, als Kulturnation, im Zeitalter der Digitalisierung den kreativen Schöpfungsprozess und den Schutz geistigen Eigentums gar nicht hoch genug schätzen.
Wir wollen, dass Kreative und Urheber über die Verwertungsgesellschaften weiterhin eine solide wirtschaftliche Grundlage für ihre Arbeit haben. Mit diesem Gesetz leisten wir dazu heute einen ganz wichtigen Beitrag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dieses Gesetz dient der Umsetzung einer europäischen Richtlinie; wir haben es eben schon gehört. Damit wird ein weitgehend einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für eine Tätigkeit gesetzt, die ohnehin meist grenzüberschreitend stattfindet. Ich glaube, man darf an dieser Stelle schon erwähnen, dass Vorlage für diese europäische Richtlinie unser bewährtes deutsches Wahrnehmungsrecht war.
Bei der Umsetzung haben uns zwei Gedanken ganz besonders geleitet: Erstens. Wir möchten dieses bewährte deutsche Wahrnehmungsrecht erhalten und behutsam weiterentwickeln. Zweitens. Wir möchten den Spielraum, den die Richtlinie uns gibt, zugunsten der Teilhabe- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Urheber nutzen und gleichzeitig eine möglichst weitgehende Satzungsautonomie für die Verwertungsgesellschaften ermöglichen.
Sie haben es angesprochen: Der umstrittenste Punkt in diesem Gesetzentwurf war die Regelung zur Gerätevergütung bei Privatkopien. Wir werden heute die Schiedsstelle – Kollege Flisek hat es erläutert – ermächtigen, künftig eine Sicherheitsleistung anzuordnen. Auf der anderen Seite hat der Schuldner die Möglichkeit, diese durch Zahlung einer angemessenen Teilleistung abzuwenden. Wir glauben, dass das eine ausgewogene Regelung auch im Lichte der Eigentumsfreiheit nach unserem Grundgesetz ist, die den oft sehr langen und manchmal endlos erscheinenden Weg bis zu einem befriedigenden Ergebnis dieses Verfahrens erheblich beschleunigen wird.
Wir wissen, dass alle Beteiligten, die derzeit schon an diesem Prozess mitwirken, ganz erhebliche Anstrengungen unternehmen. Das gilt für die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt. Es gilt für das Oberlandesgericht in München und alle weiteren Beteiligten. Wir sind – da sind wir in der Koalition auch zusammen – der Überzeugung, dass das, was wir heute beschließen, noch nicht das Ende der Diskussion sein wird.
Wir werden uns dieses Gesamtpaket noch einmal in aller Ruhe anschauen müssen. Damit meine ich sowohl das materielle Recht als auch das Verfahren. Das geht bis hin zu der Frage – auch das haben Sie angesprochen –, ob am Ende das Bundespatentgericht am Standort München mit seiner Kompetenz nicht möglicherweise die sachnähere Eingangsinstanz für diese Verfahren ist.
Parallel zu diesem Gesetzesvorhaben, das wir heute beschließen, hat uns aus der Rechtsprechung – zunächst vom Europäischen Gerichtshof und dann in der letzten Woche vom Bundesgerichtshof ausgehend – eine Entwicklung erreicht, die wir heute nicht unkommentiert lassen können. Deswegen haben wir uns gemeinsam auf eine Entschließung zu diesem Thema verständigt. Zunächst hat der EuGH und schließlich der Bundesgerichtshof entschieden, dass die jahrzehntelange und bewährte Praxis der paritätischen Ausschüttung der Einnahmen durch die VG Wort an Autoren auf der einen Seite und Verleger auf der anderen Seite so nicht mehr rechtskonform ist.
Dieses Urteil, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht in Gegensatz zu dem guten und partnerschaftlichen Miteinander von Urhebern und Verlegern. Es bringt viele Verlage in eine teilweise ganz dramatische wirtschaftliche Schieflage. Wir als Gesetzgeber haben dieses Urteil nicht zu kritisieren, und wir wollen hier auch keine Gerichtsschelte betreiben. Ich glaube aber schon, dass wir sagen können, dass der Deutsche Bundestag eine solche Regelung niemals sehenden Auges beschlossen hätte. Es gab und gibt für eine solche Regelung keine politische Mehrheit. Deshalb ist es an uns, diese Entwicklung nun auch möglichst zügig zu korrigieren und der gemeinsamen Überzeugung der ganz großen Mehrheit in diesem Hause Ausdruck zu verleihen, dass weiterhin eine Beteiligung von Autoren und Verlegern möglich sein sollte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir wissen, dass dies abschließend nur auf europäischer Ebene geschehen kann; aber das wird seine Zeit dauern. Deshalb werden wir die Urteilsgründe in aller Ruhe analysieren und uns dann zügig über eine nationale Regelung unterhalten, welche diese unerträgliche Schieflage beseitigt.
Meine Damen und Herren, unterm Strich ist zu sagen: Dieses Gesetz stärkt die Rechte der Urheber. Es ist ein gutes Gesetz. Ich kann das Lob für die gute Zusammenarbeit zurückgeben. Es ist, lieber Herr Flisek, auch deshalb ein gutes Gesetz, weil wir es an Ihrem 42. Geburtstag gemeinsam schlussverhandelt haben. Heute ist ein guter Tag für die Kreativität und den Schutz des geistigen Eigentums in unserem Land.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast für Bündnis 90/Die Grünen.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Jetzt kommt viel Lob für das Gesetz! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt strengen Sie sich mal an!)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 18 |
Session | 167 |
Agenda Item | Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie |