Hilde MattheisSPD - Krankenversicherungsbeitrag auf Direktversicherungen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Antrag, den die Linke eingereicht hat, wird ein Problem aufgegriffen, das wir alle aus vielen Gesprächen kennen und auf das wir in vielen Briefen angesprochen werden. Auch eingereichte Petitionen zeugen davon, dass hier ein Problem existiert.
(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)
Viele Menschen, die gemeint haben, durch die Entgeltumwandlung über Direktversicherungen gute Altersvorsorge betrieben zu haben, stellen fest, dass die Erträge nicht so hoch sind, wie sie gehofft haben; denn sie müssen die vollen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abführen.
Aber, Herr Birkwald, auch wenn Sie das so dargestellt haben – ich habe die Protokolle auch gelesen –: Es gibt kein konkretes Zahlenmaterial, wie viele Rentnerinnen und Rentner dies betrifft. Aber auch wenn – das hat die Anhörung auch dargelegt – eine Doppelverbeitragung für den überwiegenden Teil der Altersvorsorge ausgeschlossen werden kann – das haben die Sachverständigen gemacht –, ist das Ganze ein großes Ärgernis. Meine Kollegen von der SPD und ich können den Ärger derer verstehen, die davon betroffen sind, weil es nämlich rückwirkend gemacht worden ist. Wir sehen die Auswirkung dieser Regelung im Gesundheitsmodernisierungsgesetz von 2004 durchaus kritisch.
Ich will einen Blick in diese Zeit werfen – die damalige Gesundheitsministerin hat ein sehr gutes Gedächtnis –:
(Beifall bei der SPD)
Viele wissen, diese Regelung geht nicht auf einen Gesetzentwurf von SPD und Grüne zurück, sondern auf die Intervention des damaligen CSU-Abgeordneten Horst Seehofer.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den habe ich genannt! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Das ist doch kein Argument!)
– Ja, das ist kein Argument, aber eine Erklärung. – Es war im Prinzip das Ergebnis sogenannter Konsensgespräche zwischen CDU/CSU, SPD und den Grünen, und der Verhandlungsführer war damals Horst Seehofer,
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Die Ministerin war auch dabei!)
von dem wir erwarten, dass er jetzt auch ein gutes Gedächtnis hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Kollegin Mattheis, trotz der Erinnerung: Möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen? – Sie möchten ausführen.
Ja. – Das macht es für die Betroffenen nicht besser. Es ist aber, wenn es um mögliche Korrekturen geht, ziemlich hilfreich, wenn man das gute Gedächtnis aktiviert. Denn bei diesen Korrekturen brauchen wir auch eine Unterstützung aus Bayern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anhörung hat gezeigt: Das Thema kann nicht isoliert aus Sicht der Kranken- und Pflegeversicherung betrachtet und allein in diesem Zusammenhang gelöst werden. Denn der damalige Paradigmenwechsel in der Alterssicherung – weg vom Sicherungs-, hin zum Beitragssatzziel – hat zwar Auswirkungen auf die Kranken- und Pflegeversicherung; das Problem muss aber generell im Bereich der Alterssicherung gelöst werden.
Allerdings haben sich nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die höchsten Gerichte in diesem Land mehrfach mit dem Konstrukt der Alterssicherung und der Zahlung von Kassenbeiträgen beschäftigt. Das Bundesverfassungsgericht und das Bundessozialgericht haben die doppelte Verbeitragung von Altersbezügen grundsätzlich als verfassungskonform beurteilt bzw. als rechtens abgesegnet. In der Folge werden Alterseinkünfte nicht gleich behandelt. Ich zitiere aus der schriftlichen Stellungnahme des Wissenschaftlichen Instituts der AOK:
Bei der Beitragserhebung und -bemessung in der GKV gibt es eine Reihe von Inkonsistenzen … Dazu zählt auch, wenn Leistungen aus einer betrieblichen Direktversicherung beitragsfrei sind, soweit ein Arbeitnehmer die Versicherung nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb privat als Versicherungsnehmer fortgeführt hat, aber beitragspflichtig, wenn die Versicherung nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers
– ich füge hinzu: die Arbeitnehmerin ist natürlich auch gemeint –
formal weiter über die betriebliche Pensionskasse geführt worden ist …
Diese Regelung ist nicht nur kompliziert; sie ist auch nicht wirklich erklärbar und gerecht. Diese Ungleichheit haben mehrere Sachverständige in der Anhörung zu Recht kritisiert. Hier ist gesetzgeberisches Handeln angezeigt. Wie in der Anhörung und in den Reden auch klargemacht worden ist, ist es mit einem schlichten Verbot einer sogenannten Verbeitragung
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Doppelten Verbeitragung! Einmal ist okay!)
– doppelten Verbeitragung – von betrieblichen Altersbezügen nicht getan.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: So ist das!)
Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ist nur im Zusammenhang mit der Einführung einer Bürgerversicherung ein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Lösung des Problems.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Hier geht es aber um die Beitragszahlung, Frau Kollegin, nicht um die Form der Versicherung! – Maria Michalk [CDU/CSU]: Ach, lass das weg!)
Ich will da an die Ausführungen von Professor Wille erinnern. Aus Zeitgründen zitiere ich ihn nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen: Die Bürgerversicherung ist eines der wichtigsten Projekte der SPD. Wir wollen die Bürgerversicherung. Sie beinhaltet auch die Verbeitragung aller Einkommensarten, und zwar die gleiche Verbeitragung. Hierfür bekommen wir im Moment keine Mehrheit, aber wir streiten dafür. Ich glaube, in diesem Zusammenhang ist unser Ziel, in dieser Legislatur eine paritätische Finanzierung hinzubekommen, ein wichtiges Ziel.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
– Das finde ich auch.
Zur Debatte steht dieser Tage aber auch eine Rentenreform, eine Reform der Finanzierung der Rente. Da haben sich verschiedene Leute unterschiedlich geäußert; aber eine Äußerung geht quer durch die Parteien. Ich will sie abschließend aufgreifen. Es ist die Äußerung, dass es darauf ankommt, dass die Rente wirklich Schutz vor Armut bietet, und es darum geht, mit einer grundlegenden Rentenreform – bei der auch der Punkt der Doppelverbeitragung von Direktversicherungen aufgegriffen werden kann – ein Rentenniveau zu garantieren, das oberhalb der Armutsgrenze liegt,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das reicht uns Linken nicht!)
und die Rente so auszugestalten, dass Rentnerinnen und Rentner keine Angst vor dem Alter haben müssen.
(Beifall bei der SPD)
Das werden wir im Herbst angehen;
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir gespannt!)
unsere Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles hat es angekündigt.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angekündigt hat sie schon viel!)
Ich glaube, dass dieses Reformpaket umfassender sein muss, als das ein vierseitiger Antrag der Linken darstellen kann.
Ich erinnere an das gute Gedächtnis, das wir alle miteinander haben sollten, wenn es darum geht, die jetzt geäußerten Formulierungen in einer Rentenreform wiederzufinden, die das Ziel haben sollte, dass die Rente wirklich gerecht und sicher wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Birkwald.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6792681 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Krankenversicherungsbeitrag auf Direktversicherungen |