28.04.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 14

Kai GehringDIE GRÜNEN - Innovationstransfer in die Gesundheitsversorgung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesundheit ist für uns alle ein existenzieller Wert. Deshalb haben wir alle miteinander eine große Verantwortung dafür, kluge Rahmenbedingungen für die Gesundheitsforschung zu setzen. Dabei müssen wir die Interessen der Patientinnen und Patienten dringend stärker in den Mittelpunkt stellen: von der Diagnostik über Sicherheit bis Heilung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Viele Menschen setzen große Hoffnung auf den medizinischen Fortschritt. Was die Koalition als Antrag vorlegt, wird diesen Hoffnungen leider nicht gerecht; denn Sie verengen einmal mehr Ihren Blick auf Erleichterungen für die Gesundheitswirtschaft.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Genau!)

Gesundheitsforschung findet ja nicht nur da statt. Frau De Ridder, wer Wagniskapital fordert, der muss auch eine steuerliche Forschungsförderung vorsehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] – René Röspel [SPD]: Für die großen Pharmakonzerne? Wollt ihr das? Sehr interessant!)

Beim Transfer medizinischer Innovationen drückt der Schuh jedoch an vielen weiteren Stellen, die in Ihrem Antrag nicht angegangen werden. Deshalb ist er unterkomplex. Wir meinen, allein traditionelle Instrumente zur Förderung der Gesundheitswirtschaft greifen zu kurz.

Vor fünf Jahren hat die SPD in der Opposition einen Antrag mit dem denkwürdigen Titel „Gesundheitsforschung an den Bedarfen der Patientinnen und Patienten ausrichten“ eingebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – René Röspel [SPD]: Richtig!)

Darin haben Sie selbst kritisiert, dass bei der vom Bund geförderten Gesundheitsforschung der Eindruck entstehe, sie solle in erster Linie – Zitat – „der Stärkung der Gesundheitswirtschaft dienen“.

(René Röspel [SPD]: Es ist immer gut, aus SPD-Anträgen zu zitieren! Hervorragend!)

Fünf Jahre später legen Sie als Koalition einen Antrag vor, der genau diese Verengung fortschreibt und zementiert, anstatt sie aufzubrechen. Das hätten Sie jetzt einmal ändern müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Wir schlagen weiter gehende strukturelle Veränderungen vor.

Erstens. Ein wesentliches Ziel staatlicher Forschungsförderung sollte sein, herauszufinden, was kranken Menschen tatsächlich dient. Damit geförderte Projekte von den Bedarfen der Betroffenen ausgehen, muss das Rahmenprogramm zur Gesundheitsforschung darauf neu ausgerichtet werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür brauchen wir mehr Versorgungsforschung und eine bessere Qualitätssicherung.

Zweitens. In der Gesundheitsforschung fehlt es besonders an transparenten Strukturen,

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

die es Forschern, Zulassungsstellen und nicht zuletzt den Forschungsförderern erleichtern, fundiertere Entscheidungen zu treffen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Manche Zulassungsstudien sind von eher dünner Qualität. Aussagekräftige klinische Studien sowie die Offenlegung von Studienergebnissen und Registern sind Mangelware. Anstatt hier Abhilfe zu schaffen, beendet das BMBF ausgerechnet zum 31. März die Förderung des Deutschen Registers Klinischer Studien. Das ist verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Drittens. Wir finden die Konzentration auf große Gesundheitsforschungszentren eher problematisch, übrigens ebenso wie die DFG. Wir brauchen mehr Orientierung an der Realität in den Praxen und Kliniken. Gerade die Kliniker müssen als gleichberechtigte Partner der Forschung behandelt und angemessener ausgestattet werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

In der Versorgungsforschung muss übrigens die Diversität bzw. Vielfalt der Patientinnen und Patienten viel stärker berücksichtigt werden; denn wer dies ignoriert, forscht am Bedarf vorbei.

Patientenorientierung kann auch durch eine inhaltliche Öffnung von Forschungsprogrammen unterstützt werden. Bisher fällt gerade die inter- und transdisziplinäre Forschung durch das Raster der bestehenden Förderkriterien. Diese inhaltliche Öffnung ist gerade deshalb so wichtig, weil hier oft nicht nur die technischen, sondern auch die sozialen Innovationen zum Wohle der Patienten hierzulande und weltweit entstehen.

Wir brauchen eine Gesundheitsforschung, die mehr und schneller dazu beiträgt, dass seltene, vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten – von HIV bis Malaria – global bekämpft werden, und wir brauchen eine Gesundheitsforschung, die Medikamente zu fairen Preisen bringt.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] – René Röspel [SPD]: Haben wir schon beschlossen!)

Es ist schade, dass die Koalition nicht die Chancen für einen breiteren Aufschlag genutzt hat. Ihr Antrag ist insgesamt lückenhaft. Deshalb können wir ihm nicht zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Tino Sorge, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6792755
Wahlperiode 18
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Innovationstransfer in die Gesundheitsversorgung
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