11.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 169 / Zusatzpunkt 1

Joachim PfeifferCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, Herrn Hofreiter zuzuhören.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihnen wohl schwergefallen!)

Ich habe auch versucht, Frau Wagenknecht zuzuhören. Lieber Sigmar Gabriel, anders als Sie kann ich den beiden nicht wirklich recht geben.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind Sie platt, ne?)

Herr Hofreiter und Frau Wagenknecht haben für ungefähr alles auf dieser Welt, was aus ihrer Sicht schiefläuft, TTIP verantwortlich gemacht. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die niedrigen Milchpreise, die wir heute in Deutschland haben, angeblich das Ergebnis der momentanen Verhandlungen über TTIP.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie falsch verstanden!)

Den entsprechenden Vertrag werden wir vielleicht im nächsten Jahr schließen.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Da hätten Sie mal zuhören sollen!)

TTIP ist angeblich für das Höfesterben in der Landwirtschaft und auch für Strukturprobleme verantwortlich. Sie haben wörtlich gesagt, durch TTIP würden Gift im Spielzeug und Sondergerichte ermöglicht.

(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Wenn das Vorsorgeprinzip aufgekündigt wird, wird es Gift im Spielzeug geben!)

Außerdem war von einem Ermächtigungsgesetz – das ist schon starker Tobak; das muss ich schon sagen – die Rede. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da gesagt haben. Ein Ermächtigungsgesetz wurde in diesem Hause tatsächlich einmal diskutiert. Ich bezweifle, dass Ihre Wortwahl richtig gewesen ist. Sie sprachen von einem Ermächtigungsgesetz für Konzerne zur Aushebelung der Demokratie. Das ist Ihrer Meinung nach TTIP. Ich muss Ihnen sagen: Da kann ich Ihnen nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sigmar Gabriel, Bundesminister: Das ist ein Skandal!)

Es geht vielmehr darum, den größten Wirtschaftsraum der Welt mit 800 Millionen Menschen, mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 50 Prozent und einem Drittel des Welthandels zu schaffen. Dafür gibt es ein Verhandlungsmandat, das auch Deutschland wie 27 andere EU‑Länder der EU‑Kommission, die für die Verhandlungen zuständig ist, erteilt hat.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ja, die Bundesregierung!)

Dieses Verhandlungsmandat wird jetzt in dem Sinne genutzt, dass verhandelt wird. Sie haben das Ganze aber von Anfang an skandalisiert. Bevor die erste Verhandlungsrunde begonnen hat, haben die Grünen und auch die Linken in diesem Hause gesagt: „TTIP‑Verhandlungen abbrechen“; denn sie wussten ja schon, was aus diesen Verhandlungen herauskommt.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unfug! Absoluter Unfug!)

Dann wurde das Chlorhuhn bemüht. Das ist zum Rohrkrepierer geworden; das Chlorhuhn bemüht heute keiner mehr. Dann war von Geheimverhandlungen und einer Paralleljustiz, die eingeführt werden sollte, die Rede. Nachdem das alles verpufft ist, spricht man jetzt von Whistleblowing und „TTIP‑Leaks“. Was ist „TTIP‑­Leaks“? Es werden Verhandlungspositionen der Amerikaner, Verhandlungspositionen der EU von vor Monaten als Neuigkeiten skandalisiert.

Ich muss sagen: Ich kann überhaupt nichts Skandal­trächtiges an diesen Verhandlungen finden.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist logisch!)

Es ist banal und in jeder Verhandlung so: Wenn die Fraktionen in einem Ausschuss über einen Gesetzentwurf verhandeln, haben sie unterschiedliche Positionen. Diese Positionen sprechen sie vorher ab, und dann verhandeln sie miteinander. Danach kommt es zu einem Ergebnis. Diese Verhandlungen führen wir selten öffentlich. Etwas anderes ist zumindest mir nicht bekannt. Die Verhandlungen im Ausschuss für Wirtschaft und Energie werden nichtöffentlich geführt. Auch die Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen werden nichtöffentlich geführt. Dann gibt es ein Ergebnis, und dieses Ergebnis wird dann selbstverständlich öffentlich diskutiert und beleuchtet. Ähnliches findet bei Tarifverhandlungen, eigentlich überall statt.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: So auch die Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg!)

– In Baden-Württemberg haben gerade Koalitionsverhandlungen stattgefunden. – Auch ich hätte mir etwas anderes gewünscht, als mit Ihrer Partei verhandeln zu müssen, Herr Hofreiter. Aber so ist es halt im Leben. Man kann sich die Verhandlungspartner nicht immer aussuchen. Der Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg wurde meines Wissens nichtöffentlich verhandelt. Auch das ist ein Skandal. Auch da hätte man irgendwelche Verhandlungspositionen veröffentlichen und als „Koalitionsverhandlungs-Leaks“ bezeichnen können. Ich muss sagen: Es ist wirklich abwegig, was hier versucht wird.

Mich würde einmal interessieren, zu erfahren, was Sie wollen. Herr Minister hat es angesprochen: Sagen Sie doch einmal, wie Sie sich TTIP oder CETA vorstellen!

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er wusste doch selber nicht, was er will!)

Dann können wir versuchen, Entsprechendes zu verhandeln.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Vorsorgeprinzip muss doch wenigstens in die EU-Verträge!)

Ich glaube, wir sollten in aller Ruhe die Verhandlungen zum Ende führen.

Und Sie sollten auch Ihre Rede zum Ende führen.

Dann gibt es ein Ergebnis, über das wir in diesem Haus diskutieren werden. Danach werden wir abstimmen. So haben wir es im Übrigen in der Vergangenheit bei ungefähr 200 anderen Freihandelsabkommen auch getan,

(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)

leider meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil es keinen Menschen interessiert hat, aber nicht, weil das geheim war.

Herr Pfeiffer!

Selbstverständlich, Frau Präsidentin, komme ich zum Ende.

Aber schnell.

(Heiterkeit)

Wir haben ja bereits am Freitag wieder Gelegenheit, uns diesem Thema zuzuwenden. Ich hoffe, dass wir dann von den Grünen und den Linken hören, was wir bei CETA und TTIP besser machen können, statt überhaupt nichts zu machen und die Globalisierung nicht zu gestalten.

Herr Pfeiffer!

Jawohl.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Der nächste Redner in der Debatte: Ingbert Liebing für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6828354
Wahlperiode 18
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP
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