11.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 169 / Zusatzpunkt 1

Dirk WieseSPD - Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor gut zwei Jahren hat sich die SPD klare Bedingungen gesetzt – einen Parteikonventsbeschluss, bestätigt durch einen Bundesparteitag –, wann wir Ja sagen und wann wir Nein sagen zu Freihandelsabkommen. Wir als SPD haben deutlich gemacht, dass wir einer Globalisierung Regeln geben wollen, dass wir keine unregulierte Globalisierung wollen, dass wir Reformen in den bestehenden Systemen auf den Weg bringen wollen. Wir haben das einmal deutlich gemacht durch den Satz: Wandel durch Handel für eine faire Handelspolitik im 21. Jahrhundert. – Das, was wir bis jetzt erreicht haben, dass private Schiedsgerichte mittlerweile auf dem Müllhaufen der Geschichte sind, dass wir es durch den Druck von Sigmar Gabriel im Europäischen Parlament geschafft haben, eine Resolution parteiübergreifend auf den Weg zu bringen, hinter die es im Freihandelsabkommen nicht zurück geht, ist ein Erfolg der deutschen Sozialdemokratie. Darauf können wir bis zum heutigen Tag stolz sein.

(Beifall bei der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch nicht im Ernst!)

Liebe Frau Wagenknecht, ich muss Ihnen sagen: In diesem Hohen Haus, an diesem Ort, an diesem Rednerpult einem Sozialdemokraten vorzuwerfen, dass er ein Ermächtigungsgesetz zur Abschaffung der Demokratie auf den Weg bringt, ist eine Frechheit und zeigt, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe zu Beginn gesagt, dass die SPD klare Bedingungen hat, wann wir Ja sagen zu Freihandelsabkommen und wann nicht. Werfen wir einen Blick darauf, wo wir heute beim Freihandelsabkommen TTIP stehen. Ich mache dies an Beispielen deutlich.

Die Amerikaner – Verhandlungsführer Froman hat es auf der Hannover Messe gesagt – sehen kein Problem in der Buy-American-Clause; das könnte man beibehalten. Sie machen deutlich, dass der exportstarke Maschinen- und Anlagenbau, den wir in Deutschland haben und der viele Arbeitsplätze sichert – diese Arbeitsplätze wollen wir behalten –, von den TTIP-Verhandlungen ausgenommen werden soll. Das ist meines Erachtens kein Verständnis von Freihandel. Helmut Schmidt hat einmal gesagt:

Märkte sind wie Fallschirme: sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.

Wenn die Amerikaner so weiterverhandeln, wird dieses Abkommen nicht zustande kommen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Warum klatscht die CDU jetzt nicht?)

In unseren Bedingungen, die wir aufgeschrieben haben, haben wir auch deutlich gemacht, dass es kein Antasten des europäischen Vorsorgeprinzips geben wird. Hier wird es mit der deutschen Sozialdemokratie kein Aufweichen geben.

(Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Vorsorgeprinzip bleibt unangetastet.

(Beifall bei der SPD)

Ganz ehrlich – ich sage es hier ganz offen –: Ich fand die Greenpeace-Aktion mit dem gläsernen Kasten, der ein paar Meter von hier aufgestellt wurde, gut; das war eine gute Aktion. Ich mache den Vorschlag, nicht nur die Dokumente zu TTIP in diesem Leseraum auszulegen, sondern auch den Koalitionsvertrag aus Baden-Württemberg,

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gebe Ihnen einen Tipp: Sie können ihn im Internet herunterladen!)

damit sich alle Bürgerinnen und Bürger einen Eindruck davon machen können, dass es bei den Grünen auf der einen Seite Kretschmann-Grüne und auf der anderen Seite Hofreiter-Grüne gibt, die sich im Handeln völlig uneins sind. Mit dem, was Sie, Herr Hofreiter, hier im Deutschen Bundestag sagen, betreiben Sie nichts anderes als Wählertäuschung. Sie führen Ihre Wähler hinters Licht, weil Sie in den Ländern für TTIP und CETA sind.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Wiese, kennen Sie das Internet? Da können Sie den Koalitionsvertrag herunterladen!)

Ich will an Sigmar Gabriel anschließen. Sigmar Gabriel hat völlig zu Recht gesagt, dass er nicht glaubt, dass die Zeit bis zum Jahresende reichen wird, um die Verhandlungen zum Erfolg zu führen. Weil immer wieder, auch von der Kanzlerin, gesagt wird, dass es bis zum Jahresende zu einem Abschluss kommen muss, will ich unserem Koalitionspartner sagen: Qualität geht vor Quantität. Ich glaube, man muss noch einmal ganz genau hineinschauen. Wir sollten ein gutes Abkommen auf den Weg bringen und nichts übers Knie brechen, also nichts vereinbaren, was im Widerspruch zu dem steht, was wir alle hier im Hohen Haus wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz zum Abschluss vielleicht noch ein Satz. Frau Wagenknecht, mit der Rede, die Sie hier heute im Hohen Haus am Pult vorgetragen haben, hätten Sie – ganz ehrlich – jede Debatte zur Bewerbung um die republikanische Präsidentschaftskandidatur bestehen können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr!)

Vielen Dank, Dirk Wiese. – Das Wort hat Katharina Dröge für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6828413
Wahlperiode 18
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta