Mark HauptmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Als letztem Redner obliegt es mir jetzt, nicht nur die Debatte zusammenzufassen, sondern auch das Chlorhühnchen der Debatte zu küren. Auch wenn sich die geschätzte Kollegin Dröge und Herr Hofreiter alle Mühe gegeben haben, so geht doch der Titel „Chlorhühnchen der Debatte“ eindeutig an die Kollegen zu meiner linken Seite. Frau Wagenknecht und Herr Ernst, Sie haben heute hier von einem Ermächtigungsgesetz für Großkonzerne, der Abschaffung der Demokratie, von Giftspielzeug, das über den Atlantik herüberkommt, allerlei toxischem Antiamerikanismus gesprochen, aufgepumpt mit falschen Tatsachen und recht viel Empörung. Das hat letztendlich Ihre Reden ausgemacht.
Ich kann aber Sie und alle anderen Kollegen beruhigen: Diese sogenannten Argumente sind gesundheitstechnisch völlig unschädlich, wie übrigens auch das Chlorhühnchen, das ich zitiert habe. Das zeigt, dass Sie uns heute viel alten Wein in neuen Schläuchen präsentiert haben, aber für eine Aktuelle Stunde hat dies bei inhaltlicher Betrachtung eigentlich nicht gereicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Haben Sie eigentlich auch ein Argument?)
Ich möchte auf genau die Argumente, die Sie angeführt haben, explizit eingehen.
Erster Punkt. Es wird behauptet, durch die sogenannten TTIP-Leaks würde nun in der Debatte eine völlig neue Transparenz herrschen. – Das stimmt nicht. Das ist falsch.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Warum?)
Die Transparenz, die wir jetzt haben, gab es auch vorher schon,
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Warum will dann der Fuchs juristisch dagegen vorgehen?)
nämlich in den Debatten der Vergangenheit. Ein Jahr debattieren wir dieses Thema schon in diesem Haus, aber auch in den Verhandlungsrunden im Wirtschaftsausschuss mit Herrn Froman, mit der Kollegin Malmström von der Europäischen Kommission. Bei vielfältigen Debatten und Austauschprogrammen gibt es durch die herrschende Transparenz die Möglichkeit, sich zu informieren.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber nicht für die Öffentlichkeit!)
– Auch für die Öffentlichkeit finden sich online zahlreiche Kapitel dieses Abkommens.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wir mussten unterschreiben im Leseraum! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das Handy mussten wir abgeben!)
Es gibt für jeden Einzelnen in diesem Raum den vollen Zugang zu den Verhandlungen im TTIP-Leseraum. Es gibt in diesem Zusammenhang zivilgesellschaftliche Vertreter auf mehreren Ebenen, die TTIP Advisory Group und den TTIP-Beirat im Bundeswirtschaftsministerium. Die Kommunen haben in Brüssel sogar direkten Zugang zu den Verhandlungsführern. Was wir hier sehen, ist: Durch die heutige Debatte kommt es nicht zu mehr Transparenz,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Kein Abkommen war transparenter!)
sondern sie ist längst Bestandteil dieser Debatte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich komme zum zweiten Punkt. Sie behaupten: TTIP senkt die Verbraucherstandards.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ja! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ja!)
Egal ob es der Bundesminister ist, ob es die Kollegen der SPD oder der Union sind, egal ob es die Verhandlungsführerin für ganz Europa, Frau Malmström, ist, egal ob es um Umweltschutz, um die Sicherheit für Lebensmittel, um den Verbraucherschutz oder um die Arbeitnehmerrechte geht: Wir treten nicht nur für unsere hohen europäischen Standards ein, sondern wir sagen: Wir nehmen jeweils die höchsten Standards.
(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Wo steht denn das, was Sie behaupten?)
Fragen Sie doch einmal VW nach den Umweltstandards in den USA. Da wird wohl keineswegs der Eindruck entstehen, dass die Umweltstandards in den USA in diesem Fall geringer sind als hier in Europa. Vielmehr sehen wir, dass auch in den USA hohe Standards vorherrschen, an denen wir uns als Europäer ein Beispiel nehmen könnten, unter anderem in der Finanzindustrie.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: „Wir treten dafür ein, aber wir unterschreiten sie nicht!“ Ich werde Sie zitieren!)
Wir sehen also: Sie versuchen, mit Ihren Emotionen die Argumente der Debatte zu verwischen. Dass Sie sich hier, geschätzte Kollegin Dröge – Kollege Hofreiter ist gar nicht mehr anwesend –,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Er hat sich entschuldigt!)
zum Sprachrohr der Dagegen- und Empörungsindustrie machen, ist letztendlich reiner Selbstzweck, aber dient nicht dazu, mehr Klarheit in die Debatte zu bringen.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Ich komme zum dritten Punkt, der angesprochen wurde. Kollegin Wagenknecht behauptet: Von TTIP profitieren nur die Großkonzerne und multinationale Konzerne.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau! Mein Maler fragt mich auch schon immer: Wann darf ich da drüben streichen?)
Herr Ernst, Sie waren heute Morgen im Wirtschaftsausschuss dabei, als wir den Präsidenten der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Eric Schweitzer, gehört haben. Er hat gesagt: Nicht für die Großindustrie, sondern für unsere 1 600 Hidden Champions wird sich durch TTIP ein enormer Markt erschließen. Es gibt für unsere Mittelständler Verbesserungen. Diese können es sich nicht leisten, doppelt zu zertifizieren und ihre Produkte nach unterschiedlichen Standards zu entwickeln. Für unseren Mittelstand ist TTIP ein Konjunkturprogramm, nicht für die Großindustrie.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, der Wegfall von Zöllen und doppelten Zertifizierungsmaßnahmen, die Erleichterung von Direktinvestitionen, das Thema Investitionsschutz: In diesen Bereichen profitiert die mittelständische Struktur unserer deutschen Wirtschaft mehr als jedes andere Land in Europa.
Deswegen werben wir so vehement dafür, TTIP eine Chance zu geben, unsere hohen Standards zu implementieren und im Austausch mit den Amerikanern die Standards für 800 Millionen Menschen auf dieser Welt zu globalen Standards zu machen. Dann sind wir in dieser Debatte ein ganzes Stück weiter, als Sie es uns heute verkaufen wollten.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6828476 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu TTIP |