Michael DonthCDU/CSU - Bahnstreckenstilllegungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe mir die Protokolle und Verläufe der Sitzungen, die mit den heutigen Anträgen der Linken im Zusammenhang stehen, im Vorfeld angeschaut. Da kann man sich nur wundern.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ach ja? Warum?)
Es gab im vergangenen Herbst eine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern, in welcher Höhe und mit welcher jährlichen Dynamisierungsrate die Regionalisierungsmittel ab dem Jahr 2016 fortgeführt werden sollen. Zur Verteilung der Mittel auf die Länder gab es allerdings unterschiedliche Ansichten; diese sollte in einer gesonderten Verordnung des Bundes mit Zustimmung der Länder geregelt werden. Dann: Stille.
Jetzt, ein halbes Jahr später, taucht die Linke mit diesem Antrag und vor allem mit einer Art Legendenbildung auf; wir haben es gerade nochmals gehört. Nach Ihrer Erzählung sollen die Ministerpräsidenten am Abend des 24. September 2015 am Rande der Beratungen zum Asylpaket von der Bundesregierung mit dem Kompromissvorschlag zu den Regionalisierungsmitteln, wie Sie schreiben und auch gesagt haben, überrumpelt worden sein.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: So war es auch!)
Bei diesem vermeintlichen Coup sollen nur vier Ministerpräsidenten anwesend gewesen sein, die dann – völlig überrascht – auch noch zugestimmt hätten. Oder in Ihrer Lesart – ich sage es einmal so –: Die Ministerpräsidenten wussten nicht, was sie tun.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Genau!)
Ich war nicht dabei; Frau Lay, ich nehme an, Sie auch nicht. Deshalb ist das alles ein Stück weit Spekulation.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Protokolliert ist dieser behauptete Hergang der Einigung jedenfalls so nicht. Protokolliert ist aber, dass sich am 16. Oktober 2015, drei Wochen später, der Bundesrat der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses angeschlossen hat, der gleichlautend mit besagter Einigung vom 24. September 2015 war.
Kollege Donth, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Leidig?
Nein, jetzt nicht; danke.
(Zuruf der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Warum? Haben die etwa schon wieder nicht aufgepasst? Nein, die wussten genau, was sie taten. Ich finde, ein Kompromiss in Höhe von 8 Milliarden Euro bei einer Forderung von 8,5 Milliarden Euro seitens der Länder und einem Status quo von 7,3 Milliarden Euro seitens des Bundes war ein großer Verhandlungserfolg der Länder, ebenso die Erhöhung der jährlichen Dynamisierungsrate auf 1,8 Prozent bei einer Forderung von 2 Prozent und einem Status quo von 1,5 Prozent. Denn bei einem Kompromiss geht normalerweise keine Seite mit 100 Prozent Erfolg als Sieger aus den Verhandlungen hervor. Das weiß jede schwäbische Hausfrau, und das wird Ihnen auch jeder Gewerkschaftsfunktionär aus seiner Erfahrung bestätigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darum haben wir Ihren ersten Antrag, der heute als TOP 8 b ansteht und in dem eine Aufkündigung des Kompromisses gefordert wird, bereits im Verkehrsausschuss abgelehnt. Offensichtlich sind Sie als Fraktion Die Linke von unseren Argumenten überzeugt worden. Deshalb haben Sie einen zweiten Antrag nachgereicht – Tagesordnungspunkt 8 a –, der besagt, dass jetzt nur noch der Verteilschlüssel angegriffen oder neu geregelt werden soll.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Was wollen Sie denn jetzt?)
Die Verteilung der Regionalisierungsmittel soll in einer Verordnung des Bundes mit Zustimmung der Länder geregelt werden. Das haben wir hier im Gesetz übrigens ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung der Linken so beschlossen. Daher macht es nur Sinn, dass sich die Länder auch untereinander auf einen Verteilmechanismus einigen, dem sie auch zustimmen können, bevor man ihn in einen Verordnungsentwurf gießt. Ebenso haben sie den eigentlich sehr praktikablen Kieler Schlüssel ganz ohne Mitarbeit des Bundes entwickelt. Nur leider können sich die Länder seit einem halben Jahr offensichtlich nicht darauf einigen.
Dieser einstimmig beschlossene Kieler Schlüssel hat nämlich die geniale Struktur, dass die Länder, die nach dem alten Schlüssel unbestritten viel zu geringe Mittel erhalten haben, deutlich mehr bekommen, die Länder, die bislang überproportional bedient wurden, aber nicht weniger. Diese Rechnung geht allerdings nur auf, wenn die Länder dem Bund kräftig in die Tasche greifen und die Mittel auf mindestens 8,5 Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden.
Nachdem sich nun aber Bund und Länder auf 8 Milliarden Euro geeinigt haben, liegt nach meiner Auffassung der Ball eindeutig im Feld der Länder.
(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Die Linke hält dazu allerdings die Bundesländer und ihre Regierungen offenbar nicht für fähig. In einem ersten Antrag unterstellen Sie den Ministerpräsidenten, sie wüssten nicht, was sie beschließen. Im zweiten Antrag unterstellen Sie, die Länder seien unfähig, die Situation zu lösen und zu einer Einigung über die Verteilung zu kommen. Deshalb soll nach Ihrem Antrag der Bund den Ländern noch einmal sagen, wo es langgeht. Sehen so Föderalismus und Subsidiarität aus? In meinen Augen nicht.
Man braucht auch nicht im Kaffeesatz zu lesen, um im Voraus zu ahnen, dass die Länder keinem Bundesvorschlag zustimmen werden, auf den sie sich seither selbst schon nicht geeinigt haben. Aber dann stünde natürlich politisch betrachtet ganz klar fest, wer daran schuld ist, dass es zu keiner Einigung kommt, nämlich der Bund. Und diesen schwarzen Peter lassen wir uns nicht zuschieben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir in der CDU/CSU-Fraktion halten die Länder für fähig – selbst die mit einer Regierungsbeteiligung der Linken –, eine Einigung zum Verteilmechanismus herbeizuführen.
Zusammengefasst: Erstens. Wir wollen den ÖPNV weiter stärken und ausbauen. Deshalb gibt der Bund auch in Zukunft fast eine Dreiviertelmilliarde Euro im Jahr mehr für diesen Zweck an die Länder. Zweitens. Wir fordern die Länder auf, im Interesse der Nutzer von Bussen und Bahnen bald zu einer Einigung zu kommen. Und drittens halten wir auch diesen erneuten Antrag der Linken für überflüssigen Heckmeck.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bevor ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der zweiten namentlichen Abstimmung bekannt gebe, gebe ich der Kollegin Sabine Leidig das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6831216 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Bahnstreckenstilllegungen |