12.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 9

Ursula von der Leyen - Soldatenbeteiligungs- und Personalvertretungsrecht

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften. Wir alle wissen, dass die Bundeswehr, wie alle Armeen, auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam basiert. Aber unsere Soldatinnen und Soldaten sind selbstverständlich nicht nur einfache, gehorsame Befehlsempfänger, sondern durch das Prinzip der Inneren Führung werden unsere Soldatinnen und Soldaten zugleich auch zu Teilhabern und Akteuren in den demokratischen Prozessen innerhalb der Bundeswehr gemacht, und uns ist sehr daran gelegen, die Soldatinnen und Soldaten als Staatsbürger in Uniform auch dazu anzuregen, den Truppenalltag ganz aktiv mitzubestimmen.

Heute geht es um den gesetzlichen Rahmen der Mitbestimmung. Ich finde, es lohnt sich immer wieder, sich für einen Moment noch einmal vor Augen zu führen, was für ein zentraler Baustein unseres Landes die Mitbestimmung ist. Sie ist der prägende Baustein für die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, nämlich prägend für die soziale Marktwirtschaft. Ich finde, man merkt, dass die soziale Marktwirtschaft insbesondere durch die Mitbestimmung ihre besondere Nuance oder Farbe bekommen hat; denn dadurch ist es in unserem Land möglich, unterhalb des dann doch relativ groben Keils der Gesetzgebung eine filigrane, verfeinerte Abstimmung bis herunter auf die Betriebsebene zu ermöglichen, wodurch beide Interessen in Ausgleich gebracht werden können, weshalb man meistens einen sehr viel besseren Konsens erreicht, der sehr viel näher an den Menschen dran ist, als das jemals durch ein Gesetz möglich wäre.

Hier bei uns geht es heute deshalb darum, die Mitbestimmung gesetzlich neu zu fassen. Gerade bei Organisationen wie der Bundeswehr, die sich innerhalb der letzten 25 Jahre enorm verändert hat und von deren Angehörigen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verlangt wird, ist es für uns wichtig, die Rahmenbedingungen für ein solches Mitbestimmungsgesetz modern zu halten. Deshalb ist im Koalitionsvertrag verankert, dass das Soldatenbeteiligungsgesetz – immerhin von 1991, zuletzt 1997 novelliert – grundlegend neu gefasst und an die Realitäten des 21. Jahrhunderts angepasst werden soll.

Sie kennen die Themen, die enorme Veränderungsprozesse mit sich gebracht haben: das Aussetzen der Wehrpflicht – wir haben heute eine Armee von Freiwilligen –, die Selbstverständlichkeit, mit der wir inzwischen Auslandseinsätze diskutieren, und natürlich die vielen Reformen der Bundeswehr. Das alles hat dazu geführt, dass wir die rechtlichen Strukturen der Beteiligung und Mitbestimmung jetzt dringend renovieren müssen.

Uns war bei der Bearbeitung des Gesetzentwurfes, der Mitbestimmung als Kern hat, natürlich die Beteiligung der Akteure enorm wichtig. Deshalb waren in der zuständigen Arbeitsgruppe Angehörige aller Personalvertretungen im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums selbstverständlich mit vertreten. Uns war es vor allem wichtig, die Erfahrungen, aber auch die Erwartungen der Vertrauenspersonen – das ist etwas ganz Besonderes in der Bundeswehr – mit in den Gesetzentwurf einfließen zu lassen. Denn das sorgt für die nötige Praxisnähe. Die Vertrauenspersonen haben gewissermaßen permanent ihren Finger am Puls der Truppe.

Was sind die zentralen und wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfes? Wir stärken die Position der Vertrauenspersonen. Wir verlängern ihre Amtszeit von zwei auf vier Jahre. Das fördert die Kontinuität. Wir verbessern die Ausstattung. Ich finde, wenn man gute Arbeit leisten möchte, dann muss auch das Material, mit dem man seine Arbeit verrichtet, gut sein. Wir führen eine Aufwandsentschädigung für freigestellte Mitglieder der Vertrauenspersonenausschüsse und Sprecher der Versammlungen neu ein. Der Versetzungsschutz wird weiterentwickelt. Es gibt auch die Möglichkeit, neben Sprechstunden in Zukunft auch Versammlungen abzuhalten und – das finde ich enorm wichtig – sich weiterzubilden. Die Vertrauenspersonen sind genau die Scharniere zwischen Truppe und Dienstherr und müssen dementsprechend immer à jour sein.

Ein weiterer großer Punkt: Wir erweitern und schaffen eine Vielzahl von Beteiligungstatbeständen. Künftig besteht ein Recht auf Mitbestimmung bei der Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit, bei Maßnahmen, die der Förderung von Dienst und Familie dienen, und bei Maßnahmen der Berufsförderung. Es wird darüber hinaus ein Recht auf Anhörung geben, etwa bei der Gestaltung der dienstlichen Unterkünfte oder bei Themen wie der Genehmigung von Telearbeit. Ich kenne aus dem Alltag die Sperrigkeit von Verwaltung und weiß, wie wichtig solche Rechte der Anhörung sind, um Bewegung und Flexibilität in den Alltag zu bekommen.

Meine Damen und Herren, ein modernes Beteiligungsrecht, das wir Ihnen heute zur Beratung vorlegen, kennzeichnet nicht zuletzt den Dienstherrn als modernen und attraktiven Arbeitgeber. Insofern bitten wir um wohlwollende Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Christine Buchholz für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6831425
Wahlperiode 18
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Soldatenbeteiligungs- und Personalvertretungsrecht
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