12.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 14

Ingrid PahlmannCDU/CSU - Erneuerung der Zulassung von Glyphosat

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wahlkampf naht, kann ich nur sagen. Heute gibt es mal wieder eine Abstimmung über die Zulassung von Glyphosat.

Wenn man die Auflagen bei der Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und deren Rückstände in Lebensmitteln betrachtet, so sind unsere Messmethoden mittlerweile so präzise geworden, dass man im Prinzip alles nachweisen kann. So hat zum Beispiel eine Prise Estragon so viel krebserregendes Potenzial wie der Rauch einer täglich konsumierten Zigarette. Es scheint eigentlich nur so von Giften in unseren Nahrungsmitteln zu wimmeln. Ich muss Ihnen aber sagen: Das stimmt nicht. Unsere Nahrungsmittel sind so sicher wie nie zuvor.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen endlich davon wegkommen, dass wir Messwerte mit Gefährdung gleichsetzen. Die gesetzlichen Grenzwerte haben Vorsorgecharakter und ein Erreichen keine unmittelbare toxische Wirkung.

Ganz oben auf der Liste der Ernährungsrisiken stehen nicht die Rückstände in den Nahrungsmitteln, sondern der Umgang mit ebendiesen Nahrungsmitteln. Fehlende Kenntnis über Zubereitungsmethoden und mangelnde Küchenhygiene sind echte Risiken für die Gesundheit:

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Möhren im Klo!)

Denken wir an Salmonellen, Mycotoxine, Krebsgefährdung durch übermäßig gebräuntes Grillgut, Bratkartoffeln, die beliebten Pommes Frites und Chips.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verharmlosung!)

Unkenntnis beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kann man hingegen den Landwirten nun wirklich nicht vorwerfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Einsatz im privaten Gartenbereich ist da deutlich kritischer zu sehen. Landwirte handeln nach guter fachlicher Praxis, sie sind gut ausgebildet im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und der dazugehörigen Technik und unterliegen einer strengen Überwachung.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Landwirten wirft niemand etwas vor!)

Sie selbst unterstützen strenge Maßstäbe für Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, erwarten aber, dass diese Maßstäbe wissenschaftlich fundiert und nicht von unbegründeten Ängsten gesteuert festgelegt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was momentan am Beispiel der Zulassungsverlängerung bei Glyphosat geschieht, ist eine Missachtung von Wissenschaft und eine gezielte, emotional gesteuerte Verunsicherung der Bevölkerung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich erinnere zuerst an den Fund von Glyphosat in der Muttermilch, erreicht durch eine nicht wissenschaftlich belegte Untersuchung eines Labors unter Anwendung von Tests, die sich nicht für fetthaltige Flüssigkeiten eignen. Die Überprüfung durch geeignete Methoden ergab, dass kein Glyphosat in Muttermilch nachweisbar ist. Tausende Mütter wurden aber verunsichert, und die beste Ernährungsmethode für Babys wurde unbegründet infrage gestellt. Ich kann nur sagen: Das, was da passiert ist, ist absolut unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Kollegin Pahlmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ebner?

Nein, ich denke, das führt zu nichts. Ich mache weiter.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Warum braucht die Landwirtschaft Glyphosat?

(Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Herr Ostendorff, auch Ihnen lasse ich sie nicht zu.

Ich darf noch einmal nachfragen: Gestatten Sie die Zwischenfrage des Kollegen Ostendoff?

Nein, die gestatte ich auch nicht. Ich mache jetzt weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also: Warum braucht die Landwirtschaft Glyphosat? Der gesunde Ackerboden ist das höchste Gut, das die Bauern haben, und die pfluglose oder reduzierte Bodenbearbeitung ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Die Zuschauer flüchten schon!)

Pflügen kann die Bodenfruchtbarkeit eben auf lange Sicht reduzieren, Frau Hagl-Kehl. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bodenorganismen leben in verschiedenen Bodentiefen und können durch das Umpflügen beeinträchtigt oder sogar zerstört werden. Zudem ist ein gelockerter Boden der Winderosion ausgesetzt und kann nach starken Regenfällen abgeschwemmt werden. Gleichzeitig wird beim Pflügen aber auch gespeicherter Kohlenstoff freigesetzt, der dann als klimarelevantes Kohlendioxid die Atmosphäre belastet. Wir sollen etwas für den Klimaschutz tun. Durch das pfluglose Anbauverfahren unter Zuhilfenahme von Glyphosat lässt sich der CO 2 -Ausstoß im Kulturpflanzenanbau halbieren. Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies alles wissen die Landwirte, und deshalb wägen sie ab, wann sie pflügen und in welchen Fällen sie mit Mulchverfahren arbeiten.

Neben den Vorteilen für die Bodengesundheit und den Klimaschutz würden bei einem Verzicht auf Glyphosat auch massive Ernteausfälle durch die Konkurrenz von Unkräutern drohen. Der Wirkstoff steht somit auch für ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und hilft, die Abhängigkeit von Importen zu begrenzen.

Seien wir doch einmal ganz ehrlich: Die Anwendung von Glyphosat in Deutschland ist gar nicht das Problem. Das Problem liegt vielmehr in der ungebremsten Anwendung in genveränderten Kulturen in Nord- und Südamerika. Dort wird großflächig und zum Teil unter Einsatz von Flugzeugen gespritzt. Es werden Mengen ausgebracht, die auch ich für absolut bedenklich halte.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch ungefährlich, oder was jetzt? Ist das jetzt gefährlich oder ungefährlich? – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: TTIP, sage ich nur!)

Es gibt zurzeit keine Alternative zu Glyphosat. Andere Mittel, die alternativ eingesetzt werden könnten, sind schlechter abbaubar und belasten die Böden und Gewässer weitaus mehr als Glyphosat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das heißt nicht, dass man nicht weiter kritisch Forschung betreiben, die Frage der begleitenden Netzmittel, also Zusatzstoffe, beantworten und Alternativen entwickeln muss. Aber bitte zurück zur Sachlich- und Fachlichkeit! Keine polemische, pseudowissenschaftliche Diskussion,

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die die Menschen nur beunruhigt und niemandem hilft!

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur leere Versprechungen machen! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie von Anfang an machen sollen!)

Die Bewertung des Wirkstoffs durch die zuständigen Behörden aller Mitgliedstaaten der EU und der EFSA ergab, dass der Wiedergenehmigung von Glyphosat keine wissenschaftlichen Gründe entgegenstehen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPD, ich habe absolut kein Verständnis für Ihre unklare Haltung in dieser Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)

Dem augenscheinlich öffentlichen Mainstream unreflektiert zu folgen, wird Ihre Umfrageergebnisse nicht in die Höhe treiben. Auch Ihre Umweltministerin hat zeitweise zugegeben, dass es keine wissenschaftlichen Gründe für die Verweigerung gibt, und auch die deutsche Forderung nach stärkerer Berücksichtigung der Artenvielfalt hat die EU-Kommission in den Entwurf aufgenommen.

Wir haben hier im Haus die Verantwortung, fachliches und wissenschaftliches Wissen nach vorne zu stellen und nicht reißerischen Schlagzeilen in der Presse hinterherzulaufen.

Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Frau Pahlmann, Sie waren doch im Ausschuss!)

Der Kollege Ebner hat jetzt die Möglichkeit zu einer Kurzintervention.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6832131
Wahlperiode 18
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Erneuerung der Zulassung von Glyphosat
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