Michael KretschmerCDU/CSU - Kohleausstieg und Braunkohlesanierung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erschreckend, wie Linkspartei und Grüne bei dieser Debatte volkswirtschaftliche Vernunft, Interesse der Menschen, Notwendigkeiten, die aus Technik und Naturwissenschaften kommen, unterbuttern und ihre eigene Ideologie über alles stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz verursacht derzeit Kosten von jährlich 24 Milliarden Euro,
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also halten Sie nichts vom Pariser Klimavertrag?)
ein Wohlstandsverbrauch, der jedes Jahr auf dem Rücken der Verbraucher und der kleinen Leute ausgetragen wird. Jeder weiß, wenn wir jetzt aus der Braunkohle aussteigen, so wie es in den Anträgen steht, über die wir jetzt hier beraten,
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben ein ganz anderes Programm! Haben Sie das nicht gelesen?)
wird diese Summe sofort auf 30 Milliarden Euro pro Jahr steigen und das für mindestens 20 Jahre, meine Damen und Herren.
(Ulrich Freese [SPD]: 600 Milliarden Euro!)
Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln hat ausgerechnet: Der Ausstieg aus der Braunkohle kostet 70 Milliarden Euro. Ich glaube, diese Zahl reicht bei weitem nicht, sie wird doppelt so hoch sein.
(Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Später. – Deswegen ist es eine Frage der Vernunft und der Redlichkeit, wenn wir über das Thema Braunkohle so reden, wie es gemäß Technik und Volkswirtschaft notwendig ist. Wir brauchen diesen heimischen Energieträger, damit die Energiekosten nicht durch die Decke gehen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange denn?)
Und wir brauchen den Ausbau der Erneuerbaren nur in dem Maße, wie der so produzierte Strom auch vom Verbraucher verbraucht werden kann. Diese Produktion auf Teufel komm raus muss endlich ein Ende haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auf die Frage, wie es sich auf die Menschen in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier auswirkt, muss man ganz klar sagen: Die Leute in Trebendorf, in Schleife, in Rohne wollen als allerletztes diesen Demotourismus, der für dieses Wochenende angekündigt worden ist.
(Zuruf von der LINKEN: Wir haben aber Versammlungsfreiheit!)
Jeder, der dort hinfährt und sagt: „Wir beobachten das“, der soll ganz genau beobachten, ob diejenigen, die kommen, sich anständig verhalten, ob sie sich an Recht und Gesetz halten oder ob sie Gewalt gegen Sachen und Menschen anwenden, so wie das häufiger bei solchen Demonstrationen der Fall ist. Wenn im Internet dazu aufgefordert wird – das kann man dort lesen –, gegen Vattenfall-Mitarbeiter vorzugehen, auch privat, ihre Autos anzugreifen, sich zu merken, wo die Leute wohnen, dann ist das nicht anständig. Wenn man sich in einem Antrag zu dieser Demonstration bekennt und sagt: „Da fahren wir hin“, dann ist es das Mindeste, dass man diesen Punkt ganz klar und dezidiert benennt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Jurk [SPD] – Zurufe von der LINKEN)
Ich sage Ihnen deutlich: Diejenigen, die zu uns in die Lausitz kommen, um dort Menschen anzugreifen oder Dinge zu beschädigen, sollen sich auf einen längeren Aufenthalt in der Oberlausitz einrichten.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt übertrieben!)
Die Letzten, die vor drei Wochen dort waren, sitzen noch jetzt in der Justizvollzugsanstalt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)
Ich finde das genau richtig. Bei uns wird mit aller Härte des Gesetzes gegen solche Kriminellen vorgegangen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das? Können Sie mir erklären, was Sie hier erzählen? – Zurufe von der LINKEN)
In einem der vorliegenden Anträge geht es auch darum, die Braunkohlesanierung durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, also LMBV, fortzusetzen. Es geht um die Frage: Wie geht man mit der zukünftigen Renaturierung und dem Strukturwandel um? Hier sind zwei Sachen ganz wichtig.
Wer über Strukturwandel redet, dem muss die Größe der Aufgabe klar sein.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, jetzt auf einmal doch Strukturwandel! Eben wollten Sie noch die Kohle für immer!)
Das steht in den Anträgen aber an keiner Stelle geschrieben.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, wir reden über die Tagebausanierung!)
700 Millionen Euro gibt Vattenfall jedes Jahr an Kaufkraft in die Lausitz.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gewerbesteuer fordern sie gerade zurück, und zwar für die letzten zwei Jahre komischerweise!)
Damit sind nicht die Zahlungen an die Mitarbeiter gemeint, die im Kraftwerk oder in der Grube arbeiten, sondern damit sind Aufträge in die Region gemeint. Wer Strukturwandel will, der muss einen Ersatz für 700 Millionen Euro Kaufkraft schaffen,
(Zurufe der Abg. Birgit Wöllert [DIE LINKE] und Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
die jetzt beim Bäcker, beim Fleischer, in der Kfz-Werkstatt und anderswo ankommt.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie einmal mit der IHK!)
Wenn wir wollen, dass diese Region wirklich eine Chance hat, dann geht es um 700 Millionen Euro pro Jahr. Es ist klar, wenn man diese Zahl nennt, dass das nicht von heute auf morgen geschieht, dass es mindestens 30, 40 Jahre braucht,
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, damit widersprechen Sie dem Pariser Klimavertrag! Stimmt!)
wenn diese Region nicht vor die Hunde gehen soll. Deswegen ist unser Ziel eine Planungssicherheit für den Investor, aber vor allen Dingen für die Menschen in der Oberlausitz und in Brandenburg,
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, ja? Vier Jahre Planungssicherheit für die Beschäftigten!)
damit sie sich auf diesen Strukturwandel einstellen können. Wir stehen dafür. Deswegen setzen wir uns dafür ein.
Wir setzen uns auch für das sechste Verwaltungsabkommen für die Braunkohlerenaturierung ein. Die Verwüstung, von der hier die Rede war, meine Damen und Herren, ist in der DDR passiert,
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach Gott! Und jetzt gibt es keine Tagebaue mehr?)
und zwar in einer unmöglichen Art und Weise. Die DDR hat Raubbau an der Natur betrieben, wie es nicht schlimmer sein könnte.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ist ja auch erst 26 Jahre her!)
Das, was wir heute erleben, ist ein Landschaftsverbrauch, der anstrengend ist. Er ist, wenn man ihn sieht, auch nicht schön, aber er wird von den Menschen in der Region getragen, weil sie wissen, dass sie etwas für dieses Land leisten
(Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und er notwendig ist, damit es in dieser Region auch wirtschaftlich weitergehen kann.
Deswegen sage ich deutlich: Hören Sie auf, zu polarisieren! Stellen Sie sich den wirtschaftlichen, aber auch den ökologischen Notwendigkeiten, und betreiben Sie keine Politik im Wolkenkuckucksheim!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kretschmer, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gut, keine Zwischenfrage mehr. – Danke schön, Herr Kollege Kretschmer.
Letzter Redner in dieser lebendigen Debatte: Ulrich Freese für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6832209 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Kohleausstieg und Braunkohlesanierung |