12.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 16

Tom KoenigsDIE GRÜNEN - Willy-Brandt-Korps für humanitäre Hilfe

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag ist zutiefst unernst. Das sehen Sie zuallererst an dem Namen „Willy-Brandt-Korps“. Lafontaine hat einmal gesagt: „Ab heute gehört er uns.“

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Da hatte er recht!)

Sie wollen ihn für eine nationale Organisation der humanitären Hilfe reklamieren. Was hat er denn verbrochen, dass Sie seinen Namen nehmen wollen?

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Schafft England dann das Winston-Churchill-Korps, Frankreich das Charles-de-Gaulle-Korps und Spanien das Santiago-Carrillo-Korps? Und immer nationale Einheiten? Das ist doch das, was Ihr Antrag atmet.

(Beifall des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Haben Sie eigentlich einmal die Familie von Willy Brandt gefragt? Haben Sie einmal Matthias Brandt bei Polizeiruf 110 angerufen? Da kriegen Sie wahrscheinlich zu hören: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ oder „Smoke on the Water“.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)

Das ist doch nicht Ihr Ernst. Sie sagen, Sie wollen eine deutsche zivile und humanitäre Dachstruktur. Eben haben Sie noch gesagt: eine unabhängige Instanz. Sie wollen das nationalisieren. Haben Sie einmal mit den Hilfsorganisationen geredet – machen Sie doch mal eine Anhörung – und sie gefragt, was sie dazu sagen,

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Haben wir schon!)

wenn Sie plötzlich, während sich alle internationalisieren, eine deutsche Struktur schaffen wollen?

Es gibt einen Hintergrund: Sie wollen die Bundeswehr abschaffen, Sie wollen die NATO abschaffen, Sie wollen keinerlei Peacekeeping Operations, Sie wollen die 100 000 Blauhelme, die vor Ort tätig sind, nicht. Sie wollen all das ohne deutsche Beteiligung. Alle sollen abgezogen werden. Aber durch Ihren ganzen Antrag weht ein Wind von Renationalisierung der humanitären Hilfe und nicht von kosmopolitischer Internationalisierung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das richtet sich an andere Länder; aber es soll gut deutsch sein. „ Willy Brandt“ – ganz deutsch. Da kommen Sie nicht auf „Peace Brigades International“ oder irgend so etwas,

(Zurufe von der LINKEN)

sondern Sie wollen eine nationale Organisation; das sagen Sie auch immer wieder.

Bei dieser Renationalisierung treffen Sie sich ja auch mit Rechtsaußen. Ich werde Ihnen das immer wieder vorhalten. Denn wenn Sie sich auf Lafontaine beziehen, sage ich Ihnen: Der hat solche Tendenzen auch immer wieder gehabt. Da treffen sich ganz links und ganz rechts.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)

Da werden wir immer dagegen sein. Wenn es in Anträgen auch nur den Hauch dieser Stimmung gibt, werden wir immer dagegen sein. Das universalistische Konzept der humanitären Hilfe muss betont werden. Das ist der Inhalt der humanitären Hilfe, und daran müssen wir arbeiten.

Genau daran arbeitet auch der Kongress in Istanbul; das ist das Thema. Übrigens werden wir am nächsten Freitag Gelegenheit haben, wieder darüber zu diskutieren, und nach dem internationalen Kongress auch. Dann können wir uns darüber austauschen. Aber tun Sie das doch dem armen Willy Brandt nicht an, dass er dafür herhalten muss, dass Sie ein Willy-Brandt-Korps haben wollen. Da kann ich nur sagen: Willy-Brandt-Korps – die Augen links!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Tom Koenigs. – Letzte Rednerin in der Debatte: Dr. Ute Finckh-Krämer für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6832267
Wahlperiode 18
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Willy-Brandt-Korps für humanitäre Hilfe
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