13.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 171 / Tagesordnungspunkt 18

Klaus BarthelSPD - CETA-Abkommen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Dröge, genau das tun wir.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zunächst einmal muss man festhalten, worüber wir heute beraten und entscheiden. Es geht um zwei Anträge der Linksfraktion, einen älteren mit dem Titel „Für eine lebendige Demokratie – Fairer Handel statt TTIP und CETA“ und einen neuen Antrag zum vorläufigen Inkrafttreten des Abkommens. Der Antrag der Grünen zu CETA ist zurückgezogen und heute von der Tagesordnung abgesetzt worden. Das ist auch zu begrüßen, weil auch dieser Antrag überholt war und wir jetzt in eine neue Phase eintreten.

Den älteren Antrag der Linken von November 2015 können wir heute problemlos ablehnen. Das macht auch deutlich, was das Problem unserer Beratungen ist: Der Antrag bezieht sich nämlich auf einen CETA-Text, den es nicht mehr gibt. Er ist also überholt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])

Auf die inhaltlichen Widersprüche und Probleme dieses Antrags der Linken zu CETA habe ich hier schon in der ersten Beratung hingewiesen.

Was die Abstimmung über diese Anträge angeht, will ich vorsorglich noch einmal sagen – wir wissen ja, was in den Netzwerken passiert –: Wenn wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diese Anträge zu CETA heute ablehnen bzw. überweisen, heißt das noch lange nicht, dass wir am Ende für dieses Vertragswerk oder für TTIP sind – davon sind wir weiter entfernt denn je –; vielmehr sind wir jetzt in den Beratungen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Barthel, darf die Kollegin Sitte eine Zwischenfrage stellen?

Aber sicher.

Vielleicht nur eine kurze Korrektur, Herr Kollege. Es ist das Schicksal von Anträgen, dass sie irgendwann eingebracht werden. Dann werden sie in den Ausschüssen beraten, und dann kommen sie, mit einer Beschlussempfehlung versehen, wieder zurück. In der Zwischenzeit passiert politisch natürlich etwas, unter anderem, weil solche Anträge gestellt worden sind.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Antrag ist älteren Datums, es hat sich etwas verändert, und wir schließen diese Debatte heute mit einer Beschlussempfehlung ab. Das heißt: Dieser Antrag ist nicht veraltet. Er ist vielmehr eingebracht worden und hat Wirkung gezeigt.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ach!)

Heute wird die Behandlung dieses Antrags mit der Abstimmung über die Beschlussempfehlung abgeschlossen.

Uns reicht das aber nicht; deshalb gibt es einen zweiten Antrag. Die Kollegen haben gerade erläutert, warum das nicht reicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum war es ja klug, dass wir den ersten Antrag in die Ausschüsse überwiesen haben, was jetzt auch für den zweiten Antrag gilt.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Wir haben damals schon gesagt: Der Antrag bezieht sich auf einen Text, den wir nicht kennen und der sich zwischenzeitlich auch noch verändert hat. Das ist genau der Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ihr aktueller Antrag zu CETA, den der Kollege Ernst vorgestellt hat, ist natürlich wesentlich spannender. In der Tat ist die Frage zu klären, wie ein vorläufig in Kraft getretener CETA-Vertrag durch nationale Parlamente gegebenenfalls rückholbar ist. Das müssen wir noch klären. Aber eine Entscheidung über diesen Antrag kann es doch erst geben, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Erstens. Der Vertrag muss von der EU-Kommission vorgelegt sein, das heißt, er muss in die Landessprache übersetzt worden sein. Das wird voraussichtliche Ende Juni dieses Jahres der Fall sein. Vorher wird die EU-Kommission den Vertragsentwurf nicht in den Rat und nicht in die europäischen Gremien einbringen können.

Zweitens. Der Europäische Rat muss sich mit der Frage, ob es sich um ein gemischtes oder nicht gemischtes Abkommen handelt, befasst und dazu einen Beschluss gefasst haben. Die Position der Bundesregierung dazu ist bekannt.

Drittens. Der Rat muss dem Vertrag insgesamt zustimmen oder ihn ablehnen, und dann muss er noch durch das Europäische Parlament.

Der zweite Teil des Entscheidungsprozesses findet im Herbst statt. Es gibt also überhaupt keinen Grund, heute über den Antrag der Linken zu entscheiden, und deswegen überweisen wir ihn.

Wir haben uns schon darauf verständigt, Kollege Ernst, dass sich der Bundestag noch vor der Ratsbefassung, noch vor der Ratsentscheidung ausführlich mit CETA befassen wird und gegebenenfalls der Bundesregierung einen Auftrag mit auf den Weg geben kann. Das heißt für uns: Wir werden den Antrag überweisen. Dann können wir ihn im Wirtschaftsausschuss und in anderen Ausschüssen in Ruhe beraten, etwa in Form von Anhörungen. Für uns geht Sorgfalt vor Schnelligkeit, und deswegen wollen wir diesen Antrag an die Ausschüsse überweisen. Wir wollen jetzt eben nicht Knall auf Fall entscheiden müssen, bevor wir eine deutsche Fassung haben, sondern das Ganze in Ruhe im Parlament beraten. Das ist der Sinn der Übung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum Inhalt nur ganz kurz noch: Einerseits sehen wir natürlich, dass es große Fortschritte gegeben hat. Meine Kolleginnen und Kollegen werden dazu in der Folge noch etwas sagen. Aber Fakt ist doch – das hat auch Frau Dröge zugegeben –: Im letzten halben Jahr hat diese Bundesregierung, hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Substanz mehr erreicht als in den letzten fünf Jahren, in denen verhandelt worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dröge hat gesagt, der Entwurf liege seit zwei Jahren in Englisch vor. Ich will nur einmal daran erinnern, dass Frau Malmström uns damals in Brüssel zu CETA erklärt hat – wir waren zusammen dort –: It is done. – Aber Tatsache ist: Es ist eben nicht „done“. Wir müssen uns einfach einmal vorstellen, was es bedeutet hätte, wenn es von Anfang an die Transparenz, für die wir gesorgt haben, gegeben hätte, wenn es von Anfang an das öffentliche Interesse gegeben hätte, wenn es von Anfang an die qualifizierte Arbeit in den Parlamenten gegeben hätte und wenn es von Anfang an eine Regierungsbeteiligung der SPD gegeben hätte, die dafür gesorgt hat, dass sich etwas bewegt hat.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Barthel, der Kollege Ernst möchte Ihnen mit einer ganz kurzen Zwischenfrage Gelegenheit für eine ganz kurze Erweiterung Ihrer Redezeit geben. Das ist eine unwiderstehliche Versuchung, nicht?

Sie sagen es.

Bitte schön.

Herzlichen Dank. – Meine Frage ist wirklich ganz einfach. Wenn es hier darum geht, zu entscheiden, ob das Abkommen vorläufig in Kraft gesetzt werden kann – ohne Parlament – oder nicht, ist es völlig unerheblich, ob der Text in Chinesisch, Französisch, Russisch oder sonstwie vorliegt. Würden Sie mir da zustimmen?

Nein. Eine vorläufige Inkraftsetzung kann es doch nur geben, wenn sich der Rat damit beschäftigt hat und zum Beispiel die Frage des gemischten Abkommens entschieden ist und damit auch klar ist, wer die Zuständigkeiten hat. Wenn es nämlich kein gemischtes Abkommen sein sollte, wie die Kommission glaubt, dann wird es auch gar keine nationale Befassung geben können.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber eine vorläufige Zustimmung!)

– Deswegen wird es auch keine vorläufige Zustimmung geben,

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Eben!)

weil die Bundesregierung ja die Auffassung vertritt, dass es ein gemischtes Abkommen ist. – Die Frage, ob eine vorläufige Inkraftsetzung erfolgt, wird erst dann entschieden, wenn der Rat dem Vertrag insgesamt zustimmt oder eben nicht zustimmt.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ohne Parlament oder mit? Ohne uns oder mit uns? Das ist die Frage!)

– Das wird eben zu klären sein.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das können wir hier klären! – Gegenruf von der SPD: Das können wir hier nicht klären! Setzen!)

– Darum habe ich ja gesagt: Wir werden hier auch im Rahmen der Ausschüsse, etwa in Form von Anhörungen, beraten, wie sich die Sache verhält und welche Empfehlungen wir der Bundesregierung dann für die Zustimmung – gemischtes oder nicht gemischtes Verfahren, vorläufige Inkraftsetzung – mitgeben. Das ist jetzt nicht zu entscheiden. Der Eindruck, der hier erweckt wird, das wäre in den nächsten zwei, drei Wochen zu entscheiden, ist falsch. Das steht nicht an.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist eine Grundsatzfrage: mit oder ohne Parlament?)

– Das ist in der Tat eine Grundsatzfrage; die wollen wir klären. Diese Frage können wir aber nicht heute klären.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wieso nicht?)

Wir befinden uns mitten im Prozess, weil wir keine deutsche Textfassung haben und weil wir ständig darauf hingewiesen haben, hier nicht über etwas entscheiden zu wollen und zu können, das uns nicht vorliegt. Das beweisen auch Ihre Anträge dazu, die schon überholt sind, wenn sie hier in die dritte Beratung kommen.

(Beifall bei der SPD)

Wir sehen aber an diesem Verlauf und an dem, was wir noch vorhaben, dass auch in der Handelspolitik Demokratie möglich ist und dass wir auch zu entsprechenden Verfahren der Beratung in den Parlamenten kommen können. Für uns bleiben in der Tat noch viele inhaltliche Probleme – Kollegin Dröge hat darauf hingewiesen –, zum Beispiel die rote Linie, dass Investoren eben nicht besser zu behandeln sind als Menschen, der Positivlistenansatz, die Sperrklinkenklausel für Rekommunalisierung usw. Das wollen wir anhand eines deutschen Textes, der schwer genug zu verstehen sein wird, den wir in Englisch aber nicht verstehen, im Detail beraten.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es gibt Menschen, die verstehen das auch in Englisch!)

Wir werden der Bundesregierung auch etwas mit auf den Weg geben, was das vorläufige Inkrafttreten betrifft. Wir werden juristisch klären müssen, welche Rolle nationale Parlamente in diesem Prozess der Entscheidung spielen können. Das ist eine Frage, die in der Tat geklärt werden muss.

Herr Kollege.

Darin sind wir uns einig. Deswegen wollen wir heute nicht entscheiden, sondern erst beraten und uns mit der Substanz beschäftigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Peter Beyer erhält nun das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6833534
Wahlperiode 18
Sitzung 171
Tagesordnungspunkt CETA-Abkommen
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