13.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 171 / Tagesordnungspunkt 18

Peter BeyerCDU/CSU - CETA-Abkommen

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vorhin schon gehört, dass wir es, wenn man zurückschaut, mit einer Reihe von Anträgen zu diesem Thema zu tun haben, die da formell entweder direkt oder indirekt mit hineinspielen. Ich bin dem Kollegen Joachim Pfeiffer ausdrücklich dankbar, dass er noch einmal die Vorteile von Freihandelsabkommen – auch vor dem geschichtlichen Hintergrund, wie sich das entwickelt hat – beleuchtet hat.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Einige haben Vorteile! Das ist schon klar!)

Ich glaube, das ist gerade für die Fraktion Die Linke doch ganz erquicklich, weil sie das immer noch nicht verstanden hat.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)

Freihandelsabkommen, meine Damen und Herren, werden zur wirtschaftlichen Verbesserung gerade auch für die EU und für Deutschland beitragen, so eben auch CETA, wie es entworfen ist, das Handelsabkommen mit den Kanadiern. Es ist vielleicht ganz gut, das anfangs noch einmal einzuordnen. Ich will ein paar Zahlen nennen, um die Dimension aufzuzeigen und klarzumachen, über was wir uns hier unterhalten: Kanada ist für die Europäische Union der zwölftwichtigste Handelspartner. 2014 belief sich das Volumen des Handels mit Waren und Dienstleistungen zwischen Kanada und der Europäischen Union auf 32 Milliarden Euro. Deutschland ist innerhalb der EU-Mitgliedstaaten für Kanada der wichtigste Handelspartner – mit einem Volumen im Jahr 2014 von 9 Milliarden Euro; das ist der Wert der Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen von Deutschland nach Kanada. Bei diesen Zahlen – sie sind schon für sich eindrücklich – sieht man: Da ist noch ganz schön Luft nach oben.

Worum geht es bei CETA, in diesem ganz konkreten Fall? Es geht um den Wegfall von Zöllen. Es geht um den Abbau der sogenannten nichttarifären Handelshemmnisse. Es geht um den Zugang zu Märkten, zu öffentlichen Aufträgen in Kanada, aber auch vice versa. Es geht um eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Regulierung. Das sind Inhalte, die hohes Potenzial haben, die Wirtschaftskraft zu verbessern.

Schauen wir uns in den Anträgen einmal an, was die Opposition durch die Freihandelsabkommen alles befürchtet. Es heißt, es sei problematisch, dass sich CETA und TTIP – das möchte ich hier ausdrücklich mit in die Debatte einbringen – stärker als vorherige Abkommen auf Deregulierung, Liberalisierung, Wettbewerb und Kostensenkung konzentrieren. Ich sehe bei diesen angeblichen Problemen gar nichts Negatives, meine Damen und Herren; ganz im Gegenteil. Da müsste doch eigentlich ein Jubelschrei bei all jenen durch die Herzen gehen,

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)

die wirtschaftspolitisch und auch mit Wirtschaftsverstand denken. Das liegt doch auf der Hand.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Problem liegt, glaube ich, ganz woanders, nämlich bei den Antragstellern selbst.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)

Denn sie setzen die positiven Auswirkungen von Freihandelsabkommen immer mit der Absenkung von Standards gleich. Aber da machen Sie einen Denkfehler. Sie haben Freihandel nicht verstanden. Ich möchte an der Stelle nicht noch einmal all das Richtige erzählen, was insbesondere Kollege Pfeiffer hier ausgeführt hat; es ist ja schon in die Debatte eingeführt worden. Deregulierung hat nichts mit geringeren Standards zu tun, sondern schlicht mit weniger Normen und Vorschriften des Staates, mit weniger staatlichem Eingreifen. Dagegen können Sie doch auch unter dem Stichwort „Bürokratieabbau“ überhaupt nichts haben. Wollen Sie mehr Bürokratie? Nein!

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CETA ist mehr Bürokratie!)

Wir müssen sie abbauen. Das schafft Wirtschaftskraft. Das stärkt die Wirtschaft. Das ist gut für Arbeitsplätze. Das ist gut für die Bürger. Deswegen können wir natürlich nicht empfehlen – das wird Sie nicht überraschen –, den Anträgen zuzustimmen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das geht auf keinen Fall!)

Die Antragsteller sind vor allem immer gut im Schlechtreden. Da schwingt – das möchte ich hier auch ganz persönlich betonen – immer auch ein Stück Antiamerikanismus mit.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Was erzählen Sie denn hier für einen Quatsch? Ein bisschen mehr Niveau wäre schön!)

Auch – wie soll man das formulieren? – Antikanadismus spielt mit eine Rolle. Alles dies ist leider immer noch ablesbar, zum Teil explizit, zum Teil zwischen den Zeilen. Das ist etwas, was wir sicherlich auch mit bedenken müssen.

Wie wollen wir in Zukunft leben? Wollen wir nicht unseren Wohlstand, den relativen Wohlstand in Deutschland, in Europa, halten? Ich meine: Ja. Wir müssen alles dafür tun, dass wir den Lebensstandard halten und möglichst noch ausbauen. Das geht eben nicht, indem wir uns der immer weiter zusammenrückenden Welt verschließen, indem wir versuchen, die Globalisierung zurückzudrehen, was schon im Ansatz ein untauglicher Versuch wäre. Wir haben es in der Hand, Globalisierung zu gestalten, zu regulieren. Das ist der Weg, der beschritten werden muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Von den vielen anderen Befürchtungen, die sich in den nach der Rechtsförmlichkeitsprüfung von CETA veröffentlichten Texten gar nicht mehr wiederfinden, möchte ich nur zwei benennen:

Umweltschutz. Es hat sich nicht bestätigt, dass Umweltschutzstandards beeinträchtigt werden.

Schiedsgerichte. Beim Aufbau der Schiedsgerichtsbarkeit ist einiges erreicht worden. Es stimmt nicht, dass das immer noch auf dem gleichen Stand ist, der zunächst in den Texten niedergeschrieben war. Da ist einiges verändert worden. Zu den Verbesserungen gehören zum Beispiel die genaue Definition, was Investitionsrechte sind, das Prinzip „Wer verliert, der zahlt“, die Unzulässigkeit der Klagen von Briefkastenfirmen und auch die Öffentlichkeit der Verfahren und von Dokumenten. Das sind wesentliche Fortschritte, die wir nicht negieren sollten.

Was die Debatte über die Schiedsgerichte angeht, kommen noch einige wesentliche Vorschläge hinzu – das müssen wir auch bedenken –, die jetzt im Rahmen der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika von der EU-Kommission gemacht wurden. Die EU-Kommission wird nicht müde – sie hat es auch aktuell wieder getan –, das sogenannte „right to regulate“ für den nationalen Gesetzgeber zu betonen. Durch Investitionsschutzklagen können keine nationalen Gesetze ausgehebelt werden. Auch die Unabhängigkeit der Richter soll verbessert werden; Richter dürfen ab ihrer Ernennung nicht mehr parallel als Gutachter oder Anwälte in anderen Investitionsschutzverfahren tätig sein. Eine Berufungsinstanz wird eingeführt. – Bei all diesen wesentlichen Verbesserungen kann ich beim besten Willen nichts Negatives mehr erkennen.

Deutschland geht ja auch nicht jungfräulich in Investitionsschutzdebatten hinein. Deutschland hat 130 – ich betone es: 130 – Investitionsschutzabkommen mit Schiedsgerichtsklauseln abgeschlossen, ist zweimal verklagt und kein einziges Mal verurteilt worden. Vor diesem Hintergrund müssen wir nicht immer dann, wenn es um Schiedsgerichte geht, den Teufel an die Wand malen und den Untergang des Abendlandes einläuten. Das wird der Sache überhaupt nicht gerecht, meine Damen und Herren.

Was die vorläufige Anwendbarkeit des CETA-Abkommens angeht, wurde ja schon vieles Richtiges gesagt. Es geht nur um Sachverhalte, die ausdrücklich und klar der Zuständigkeit der EU zugewiesen sind. Wir dürfen doch bei der ganzen Debatte nicht ausblenden, dass spätestens durch den Lissaboner Vertrag das Aushandeln und der Abschluss von Handelsabkommen der EU übertragen worden sind. Das ist geltende EU-Vertragsrechtslage. Punkt! Das können wir nicht einfach durch solche Debatten wegdiskutieren; das ist so. Natürlich – darauf haben auch alle anderen Redner hingewiesen – müssen wir als Abgeordnete sehr darauf achten, dass wir im Ratifizierungsprozess ein Wörtchen mitzureden haben, da es sich bei TTIP und CETA um gemischte Abkommen handeln wird; denn wir sind Volksvertreter im besten Sinne des Wortes und wollen die Bürger vertreten. Wir wollen mitreden und über diejenigen Punkte, die nationale Belange betreffen, mitdebattieren. Es ist sinnvoll, dass die Teile von CETA – später auch von TTIP –, die in der Tat der originären Zuständigkeit der EU zugewiesen sind, direkt anwendbar sind. Das ist gut und wichtig für die Marktteilnehmer. Dadurch kommt dieses Abkommen unmittelbar denjenigen zugute, für die es gemacht ist, und eröffnet ihnen neue Chancen.

Meine Damen und Herren, mit CETA liegt ein ambitioniertes Abkommen vor, das insbesondere nach dem Regierungswechsel in Kanada – das dürfen wir nicht ausklammern – im Rahmen der Rechtsförmlichkeitsprüfung eine textliche Veränderung erfahren hat. Es ist ein ambitioniertes, es ist ein gutes Abkommen, das gut für uns alle ist: für die europäischen und auch für die deutschen Bürgerinnen und Bürger. Aus meiner Sicht ist es abschlussreif. Deswegen werbe ich dafür, dass wir die Anträge aus der Opposition nicht mittragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alexander Ulrich erhält das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6833585
Wahlperiode 18
Sitzung 171
Tagesordnungspunkt CETA-Abkommen
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