Dirk WieseSPD - CETA-Abkommen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Anmerkung zu Ihnen, Herr Ulrich: Sie haben Susanne Neumann angesprochen, die auf unserer Wertekonferenz gewesen ist. Susanne Neumann ist der SPD beigetreten und nicht der Linkspartei, weil sie uns vertraut, die Probleme zu lösen.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt inhaltlich zu Ihrem Antrag. Der erste Punkt, den Sie heute mit Ihrem Antrag vorgelegt haben, bezieht sich auf die Frage des gemischten Abkommens. Herr Ernst, Sie behaupten immer wieder in Ihren Anträgen, das sei nicht eindeutig. Zahlreiche Gutachten, beantragt durch die SPD-Bundestagsfraktion und die Bundesregierung, und der Juristische Dienst des Europäischen Rates haben eindeutig bestätigt, dass es sich bei CETA um ein gemischtes Abkommen handelt. Sie haben immer wieder behauptet, dass die Kommission möglicherweise zu einer anderen Entscheidung kommt. In dem Fall, also wenn die EU sagen sollte, dass es kein gemischtes Abkommen ist, kann der Europäische Rat die Kommission mit qualifizierter Mehrheit überstimmen, und er hat schon signalisiert, dass er das tun wird. Das, was Sie hier immer wieder vorbringen, ist juristisch falsch. Es ist ein gemischtes Abkommen, und das wird im Oktober bestätigt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweiter Punkt. Herr Präsident, Sie haben uns Abgeordneten noch einen Hinweis gegeben. Ich bin Ihnen auch dankbar, dass Sie einen Brief an den Rechtsausschuss geschrieben haben. Der Rechtsausschuss hat sich mit Ihrem Anliegen zu Fragen des gemischten Abkommens ausführlich befasst. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der Rechtsausschuss fraktionsübergreifend, also mit CDU/CSU, Grünen, SPD und Linkspartei – ich glaube, Sie wissen gar nicht, was sie beschlossen haben –, deutlich gemacht hat, dass wir die Parlamentsrechte gestärkt sehen wollen und generell von gemischten Abkommen ausgehen. Das haben die Sachverständigen auch bestätigt. Wir haben Ihnen diesen Brief zukommen lassen. Ich glaube, das waren sehr gute Beratungen, die wir fraktionsübergreifend geführt haben. Sie müssen den Brief nur auch mal lesen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Wo ist jetzt der Widerspruch?)
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die vorläufige Anwendbarkeit. Die vorläufige Anwendung des CETA-Abkommens tritt nur in Kraft, wenn sowohl der Europäische Rat als auch das Europäische Parlament dem zustimmen.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht zwingend!)
Ich weiß, dass es im Vertrag von Lissabon dazu Unklarheiten gibt;
(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, klar! Das ist doch genau der Punkt!)
man hätte sich an der einen oder anderen Stelle genauer ausdrücken können. Aber es ist mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt und von der EU-Kommission bestätigt, dass ohne die Zustimmung des Europäischen Parlamentes dieses Abkommen nicht vorläufig angewandt wird. Das bitte ich auch einmal zur Kenntnis zu nehmen.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Es geht um dieses Parlament! Um uns geht’s!)
Es ist richtig, dass hier Gewohnheitsrecht besteht. Darum wird da ohne die Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament nichts gehen. Sie werden sich bis Januar oder Februar Zeit für die Beratungen nehmen.
Im Hinblick auf die vorläufige Anwendbarkeit will ich einen Punkt für die SPD-Bundestagsfraktion ganz deutlich machen. Es gibt im Lissabon-Vertrag im Bereich des Investitionsschutzes Unklarheiten hinsichtlich sogenannter Direktinvestitionen auf der einen Seite, die in der Alleinzuständigkeit der EU-Kommission liegen, und Portfolioinvestitionen auf der anderen Seite, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Ich sage für die SPD-Bundestagsfraktion ganz eindeutig: Aufgrund dieser gemischten Zuständigkeiten, die ich für eindeutig halte, muss das ganze Investitionsschutzkapitel in CETA von der vorläufigen Anwendbarkeit ausgenommen werden. Dafür werden wir uns als SPD-Bundestagsfraktion einsetzen, weil sonst eine Bindungswirkung ausgelöst würde, die wir an dieser Stelle – ich glaube, parteiübergreifend – nicht wollen.
(Beifall bei der SPD)
Ich will einen dritten Punkt ansprechen. Herr Kollege Klaus Ernst, Sie zitieren bei Gutachten – das machen Sie ganz geschickt – immer die Überschriften. Sie nehmen die Kritik des Deutschen Richterbundes am Investitionsschutzgerichtshof auf Grundlage von CETA auf. Sie machen sich die Meinung des Deutschen Richterbundes zu eigen. Ich nenne einmal ein Beispiel: Der Deutsche Richterbund kritisiert, dass dort die Unabhängigkeit der Richter nicht gewährleistet ist. Die 15 öffentlich-rechtlich bestellten Richter bekommen dafür, dass sie sich in der ersten Instanz nur bereithalten, jeweils 2 000 Euro monatlich, ohne überhaupt ein Verfahren durchzuführen. Dafür, dass sie sich in der Berufungsinstanz nur bereithalten, bekommen sie 7 000 Euro. Wenn das Gehälter sind, die der Linkspartei nicht ausreichen, dann habe ich bis zum heutigen Tage etwas noch nicht mitbekommen.
In diesem Sinne: Vielen Dank und allen schöne Pfingsten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie haben viel nicht mitbekommen, Herr Kollege!)
Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Bärbel Höhn.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6833589 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | CETA-Abkommen |