13.05.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 171 / Tagesordnungspunkt 19

Enak Ferlemann - Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich

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Sehr geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich vor. Dabei geht es um ein sehr wichtiges Gesetz, auf das viele im Eisenbahnsektor schon seit längerer Zeit warten.

Die Eisenbahn ist ein faszinierendes Verkehrssystem. Aber die Eisenbahn braucht einen rechtlichen Rahmen und eine infrastrukturelle Ausstattung. Die Zukunft des Eisenbahnwesens liegt nicht in den nationalen Bahnen, sondern in einem europäischen Eisenbahnraum. Ich betone: in einem gemeinsamen europäischen Eisenbahnraum. Denn Zugverkehr ist dann besonders effizient, wenn er über lange Strecken geht, insbesondere was den Hochgeschwindigkeitsverkehr angeht, aber auch im Güterverkehr. Deswegen ist Eisenbahn ein prioritäres europäisches Verkehrssystem.

Dafür brauchen wir neben der Infrastruktur, die an vielen Stellen noch Ausbaubedarf hat, aber in Europa in einem guten Zustand ist, vor allem einen Ordnungsrahmen. Wir brauchen transparente Regeln für den Wettbewerb. Wir brauchen höhere Sicherheitsstandards und die Möglichkeiten, Innovationen in das System einführen zu können.

Dabei haben die EU-Kommission und mit ihr auch das Europäische Parlament seit langen Jahren einen Grundsatz: Die Effizienz des Systems erfordert die Trennung von Netz und Betrieb. Das heißt, die Infrastruktur ist staatlich und der Betrieb durch viele verschiedene Betreiber privat.

Wir in Deutschland haben dazu eine etwas andere Position.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!)

Wir fahren ein sogenanntes integriertes System. Das heißt, wir trennen nicht Netz und Betrieb, sondern wir fahren beides in einem integrierten Modell, was viele Vorteile bietet.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Nachteile!)

Allerdings hielt man in Europa vom ersten bis zum vierten Eisenbahnpaket an dem Grundsatz fest. Aber durch beharrliches Wirken gerade dieser Bundesregierung ist es gelungen, als Ausnahme von diesem starren Grundsatz möglich zu machen, dass auch integrierte Modelle aus europäischer Sicht genehmigungsfähig sind.

Aber wenn man dies durchsetzen will, braucht man, da man es mit Monopolen zu tun hat, eine Marktdarstellung. Dafür braucht man eine strenge Regulierung. Wir haben Ihnen in der vergangenen Legislaturperiode den Entwurf eines sehr strengen Regulierungsgesetzes vorgelegt, der damals nicht mehr vom Parlament beschlossen wurde. Wir haben Ihnen in dieser Legislaturperiode wiederum einen Regulierungsgesetzentwurf vorgelegt, der eine Regulierung nach dem Standard der EU-Richtlinien ausweist. Überall da, wo die EU-Richtlinie Spielraum für nationale Gesetzgebung lässt, haben wir ihn genutzt, um das Gesetz besonders einfach, aber auch besonders transparent und gut umsetzbar zu machen. Ich glaube, es ist gut, dass die Europäer uns nicht mit einer Verordnung beschränken, sondern eine Richtlinie erlassen haben, die uns einen gewissen Handlungsspielraum gibt, und den haben wir genutzt.

Wir haben uns für die Entgeltregulierung entschieden. Ich glaube, es ist gut, dass wir das gemacht und Ihnen einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt haben. Denn so wird vorab klargestellt, wer welche Trassenpreise zu bezahlen hat. Damit ein Monopolist sich nicht selber die Trassenpreise so genehmigen kann, wie er sie gerne hätte, haben wir Ihnen, glaube ich, ein gutes System vorlegen können, mit dem sie im Markt simuliert werden.

Ein Sonderfall ist der Nahverkehr. Parallel zu den Beratungen über das Regulierungsgesetz geht es um das Regionalisierungsgesetz. Hiermit gibt der Bund den Ländern das Geld, um den Nahverkehr auf der Schiene in Deutschland möglichst effektiv und effizient zu betreiben. Dafür stellen wir ab diesem Jahr die sagenhafte Summe von 8 Milliarden Euro bis einschließlich 2031 bei einer jährlichen Steigerungsrate von rund 1,8 Prozent bereit. Die Länder erwarten von uns, dass wir bei den Trassenpreissteigerungen nach Möglichkeit nicht über diese 1,8 Prozent hinausgehen; denn dann wird die effektive Summe geringer.

(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt „nach Möglichkeit“?)

Dem wollen wir auch Rechnung tragen. Deswegen haben wir Vorschläge gemacht, aus denen hervorgeht, wie wir diesem Länderbegehren entsprechen können. Wir wollen dem Regulierer zwar Vorgaben machen. Aber diese Vorgaben dürfen das Regulieren nicht unmöglich machen. Ich glaube, wir haben im Gesetzentwurf einen guten Weg vorgeschlagen.

Natürlich muss man wissen, dass alles, was wir im Nahverkehr nicht umlegen können, auf den Fernverkehr und den Güterverkehr zusätzlich umgelegt werden muss. Wir haben uns aber dazu entschieden, Ihnen dies vorzuschlagen, weil wir uns mit den Ländern bei den Beratungen über das Regulierungsgesetz so verständigt haben. Es ist daher richtig, das so im Gesetzentwurf vorzusehen. Wir werden gerade über diesen Punkt sicherlich eine breite Debatte führen: Ist die vorgeschlagene Regelung gut? Kann man sie so umsetzen? – Auch die Länder werden sich an dieser Diskussion weiterhin beteiligen. Aber insgesamt kann man feststellen, dass wir für die Diskussion eine sehr gute Grundlage geschaffen haben. Ich wünsche mir, dass das von Ihnen und den Ländern im Bundesrat mitgetragen wird.

Es ist wichtig, dass wir diese Regulierung bekommen; denn nur mit einer strengen Regulierung können wir das integrierte Modell weiterhin betreiben und es bei der Europäischen Kommission genehmigungsfähig halten. Das ist für unser Eisenbahnwesen eine zwingende Voraussetzung. Deswegen hat dieser Gesetzentwurf die von mir eingangs geschilderte Bedeutung.

Ich wünsche uns gute Beratungen dieses Gesetzentwurfs und freue mich auf kontroverse, aber letztlich zielführende Debatten, die dann hoffentlich zum Beschluss dieses Gesetzentwurfs führen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine Leidig für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6833658
Wahlperiode 18
Sitzung 171
Tagesordnungspunkt Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich
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