Kirsten LühmannSPD - Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Anwesende! Ich komme auf das Thema der heutigen Debatte zurück. Das Thema ist, dass die Bundesregierung einen Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich eingebracht hat. Ich habe es Ihnen mitgebracht. Ich habe vielleicht eine andere Zählung als Sie, Frau Leidig. Hier sind es 294 Seiten plus einige Anlagen, also ein sehr gewichtiges Gesetzeswerk.
Wir haben heute die erste Lesung. Bei diesem komplexen Regelwerk wird es sicher noch einige Zeit dauern, bis wir uns hier zur endgültigen Verabschiedung dieses Gesetzes wiedertreffen. Wie schon vom Staatssekretär erwähnt, handelt es sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Für die SPD ist aber diese Regulierung im Eisenbahnbereich auch ein Teil, der sich in die Gesamtstrategie Bahn dieser Bundesregierung einfügt, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Wir wollen einen funktionierenden, leistungsfähigen und bezahlbaren Schienenverkehr.
(Beifall bei der SPD)
Hierbei sind der Ausbau und der Erhalt des Schienennetzes sowie dessen optimale Nutzung im Personen- und im Güterverkehr notwendige Voraussetzungen. Mit der LuFV, der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, haben wir seit 2009 ein Steuerungsinstrument in der Hand, um die Infrastrukturmittel, die wir zur Verfügung stellen, wirksam und qualitätsoffensiv einzusetzen.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Hat ja nicht geklappt!)
Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir den Vertrag erneuert, und wir stellen in den Jahren 2015 bis 2019 die Rekordsumme von insgesamt 28 Milliarden Euro für den Erhalt der Schieneninfrastruktur zur Verfügung.
Kollegin Lühmann, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Leidig?
Ich würde gerne zu Ende vortragen. Dann können wir uns gerne unterhalten. Außerdem – ich habe es ja gesagt –: Wir werden diskutieren. Das hier ist die erste Lesung. Ich glaube, wir haben jede Menge Zeit – im Ausschuss, in den Anhörungen –, darüber noch zu diskutieren, Frau Leidig.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan haben wir eine Strategie für die nächsten Jahre vorgelegt, die mit dem Prinzip „Erhalt vor Neubau“ und der Engpassbeseitigung von hochbelasteten Korridoren den Schwerpunkt an der richtigen Stelle gesetzt hat. In dieser Legislaturperiode haben wir zusätzlich zu den von mir eben genannten LuFV-Mitteln insgesamt 4,5 Milliarden Euro für diese Bedarfsplanmaßnahmen, also die Mittel zum Neubau, zur Verfügung gestellt. Neben dem Erhalt und Ausbau der Kapazität des Schienennetzes sowie natürlich dem Lärmschutz, dem wir als Bundesregierung und der sie tragenden Koalition ein besonderes Augenmerk schenken, gehören faire Preise für die Benutzung der Infrastruktur und ein diskriminierungsfreier Zugang für alle Wettbewerber zum Gerüst des Ganzen.
Aber die beste Infrastruktur nutzt wenig, wenn Verkehre aufgrund von Intransparenz und nicht klarer Preisgestaltung nicht ausreichend auf der Schiene landen. Beim Schienennetz haben wir nämlich die Situation – im Gegensatz zum Personenverkehr und Güterverkehr –, dass der DB-Konzern über ein Monopol verfügt. In einem Monopol muss der Staat die Möglichkeit haben, Renditen zu begrenzen. Gerade weil es ein Monopol ist, müssen die zugrundeliegenden Preise zur Nutzung der Infrastruktur auch transparent sein.
Es ist schon etwas seltsam, wenn sich Eisenbahnverkehrsunternehmen darüber beschweren, dass sie bei einem Halt an einem Bahnhof zwar ein Entgelt bezahlen müssen, es ihnen aber nicht völlig klar ist, wofür sie eigentlich bezahlen, und dass sie gegebenenfalls auch für eine Ausstattung zahlen müssen, die entweder gar nicht vorhanden ist oder die ihre Kunden nicht nutzen können.
(Gustav Herzog [SPD]: Oder nicht funktioniert!)
Daher wollen wir mit diesem Gesetz mehr Transparenz schaffen. Transparenz konnten wir bisher aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen nicht vollständig schaffen. Mit diesem Gesetz schaffen wir sie.
Allerdings – auch das hat diese Regierung vereinbart – wollen wir keine Überregulierung bis ins letzte Schräublein des Schienennetzes oder bis zum letzten Seifenspender in den sanitären Anlagen bei Station und Service, sondern wir wollen – das haben wir im Koalitionsvertrag beschrieben – eine Regulierung mit Augenmaß.
Zentrale Themen hierbei sind die weitere Verbesserung des diskriminierungsfreien Zugangs und die Optimierung der Ausgestaltung der Regulierung. Auch hier kommt der Bundesnetzagentur eine zentrale Rolle zu, die wir stärken werden.
Die Preise für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur sollen künftig nicht mehr unkontrolliert steigen können, vor allem nicht im Personennahverkehr. Die dort tätigen Bahnen bzw. die Bestellenden ihrer Nahverkehrsleistungen beklagten in der Vergangenheit die Erhöhung der Trassenpreise, die teilweise schneller stiegen als die Mittel, die den Auftraggebenden zur Verfügung standen.
Wird mit dem neuen Gesetz nun alles besser? Hat die Bahn die Trassenpreise bislang korrekt berechnet? Geht der Konzern effizient mit öffentlichen Geldern um? Genehmigt er sich bei der Kalkulation zu viel Rendite? Reichen ein Mehr an Transparenz und eine Einsetzung aus, den Anstieg der Trassenpreise begrenzen zu können? Was bringt diese Regulierung schließlich für die Verbrauchenden?
Der Bundesrat hat 57 Änderungsanträge eingebracht, da er einige der von mir aufgeworfenen Fragen im Gesetz nicht hinreichend beantwortet sieht. Die Bundesregierung hat hierzu eine Gegenäußerung gemacht und ist dabei bereits auf einige Vorschläge des Bundesrates eingegangen.
Eines steht allerdings auch fest: Es müssen noch einige wichtige Punkte geklärt werden, so die Frage, wie die Trassenpreise im Nahverkehr begrenzt werden. Hier gibt es noch unterschiedliche Auffassungen zwischen Bund und Ländern über die Auslegung des Inhalts der schon gestern hier debattierten Vereinbarung zu den Regionalisierungsmitteln. Wer zahlt das Defizit, wenn die nachgewiesenen notwendigen Steigerungen der Trassenpreise die dafür zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel eines Bundeslandes übersteigen? Ein anderes Bundesland mit möglichen Überschüssen, eine Art Länderfinanzausgleich bei den Regionalisierungsmitteln? Oder gar der Fernverkehr, was die neue Angebotsoffensive der Bahn in diesem Bereich schon beenden würde, ehe die ersten Verkehre auf den neuen Strecken begonnen hätten? Hier müssen wir im laufenden parlamentarischen Verfahren Antworten und sinnvolle Regeln finden wie auch für das Thema „Zugang zu Serviceeinrichtungen“.
Abschließend stelle ich fest: Wir sind mit dem Gesetzentwurf auf einem guten Weg. Wo Wettbewerb funktionieren soll, benötigen wir Regeln, und dies umso mehr, wenn es sich wie bei der Eisenbahninfrastruktur um ein Monopol handelt. Der Gesetzentwurf verfügt da über einen interessanten Instrumentenmix, –
Frau Kollegin Lühmann, achten Sie bitte auf die Zeit.
– um Anreiz, Transparenz und Effizienz in das deutsche Schienennetz zu bringen. Daher freue ich mich auf spannende Beratungen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Matthias Gastel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6833711 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich |