Oliver WittkeCDU/CSU - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen. Herr Krischer, es ist nicht in Ordnung, dass Sie heute zum wiederholten Mal zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte miteinander vermischen und versuchen, einen Gesamtzusammenhang herzustellen. Sie haben heute zum wiederholten Mal vor diesem Hohen Haus die kriminelle Energie, die im VW-Konzern dazu geführt hat, dass in betrügerischer Absicht Software eingesetzt wurde,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was die anderen machen, ist keine betrügerische Absicht?)
um Ergebnisse zu verändern, in einen Topf geworfen mit dem Ausnutzen von Regelungslücken, wie die Kollegin Lühmann das gerade dargestellt hat. Das ist schlicht unseriös. Es gehört sich nicht, dass kriminelle Machenschaften mit einem anderen Sachverhalt vermischt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Damit haben Sie schon offenbart, worum es Ihnen eigentlich geht. Es geht Ihnen nicht um Aufklärung, sondern am Ende darum, eine ganze Branche in Misskredit zu bringen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schaffen die ganz ohne unser Zutun! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schaffen die schon selber!)
Es geht Ihnen darum, einen Feldzug gegen das Automobil fortzusetzen. Es geht Ihnen eben nicht um Aufklärung, um eine Verbesserung der Situation. Diese politische Absicht ist heute hier noch einmal offenbar geworden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will sagen, dass wir in der Tat vollstes Vertrauen in die Arbeit des Bundesverkehrsministeriums und des Bundesverkehrsministers, aber auch in die Arbeit der nachgeordneten Behörden haben. Dieses Vertrauen gründet sich auf den bisherigen Umgang mit dieser Angelegenheit, die in einem Untersuchungsausschuss in den nächsten Monaten näher beleuchtet werden soll. Bundesminister Dobrindt hat besonnen, angemessen, konsequent und zügig reagiert, genau so, wie wir das erwartet haben.
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Er ist nicht in Panikmache verfallen, hat nicht, wie Sie das machen, skandalisiert,
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Märchenstunde sind wir denn hier?)
sondern hat in der richtigen Reihenfolge zunächst aufgeklärt, dann bewertet und anschließend Konsequenzen gezogen. So geht seriöse Politik. Das unterscheidet ihn von Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum glaubt Ihnen das keiner?)
Unmittelbar nach Bekanntwerden, Frau Kollegin Künast, ist eine Untersuchungskommission eingesetzt worden, die insgesamt 53-mal getagt hat. Die Ergebnisse sind nach wenigen Monaten präsentiert worden, im Übrigen anders als zu Ihrer Zeit als Bundesumweltministerin, als Sie auf den ADAC-Artikel nicht reagiert haben.
(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Darum freuen wir uns auch, Sie wahrscheinlich im Untersuchungsausschuss begrüßen zu dürfen; denn Sie waren damals mit in der Regierung, als das vorgetragen wurde, was Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion offenbar zum Gegenstand des Untersuchungsausschusses machen wollen.
Herr Kollege Wittke, ich muss Sie fragen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Krischer?
Nein, Frau Präsidentin, ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen.
Gut, danke.
Das Kraftfahrt-Bundesamt ist angewiesen worden, alle relevanten Fahrzeuge der Euro-5- und Euro-6-Klasse auf unzulässige Abschalteinrichtungen zu untersuchen. Das Ergebnis ist Ihnen allen bekannt. Kein anderer Hersteller hat in betrügerischer Absicht Software manipuliert, so wie es im VW-Konzern vorgekommen ist.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sind doch überall Tricksereien drin!)
Das ist ein Fakt, an dem Sie nicht vorbeikommen, auch wenn es Ihnen nicht schmeckt. Es ist ein Fakt.
Aber es ist auch richtig: Es sind sogenannte Thermofenster genutzt und weit ausgelegt worden, sodass als erste Konsequenz aus den Untersuchungen insgesamt 630 000 Fahrzeuge deutscher Hersteller, nämlich von Audi, von Opel, von Porsche, von Mercedes und von VW, zurückgerufen und neu eingestellt werden. Damit wird dieser breite Ermessensspielraum künftig deutlich eingeengt. Somit kommen wir real zu einer Verbesserung der Situation. Auch das können Sie doch nicht leugnen. Hier geht es nicht um zukünftige Fahrzeuge, sondern um die Fahrzeuge, die heute schon im Verkehr sind. Für die wird es in den nächsten Wochen und Monaten eine Verbesserung der Abgassituation geben.
Wichtig ist: Es geht nicht nur um die 630 000 Fahrzeuge deutscher Hersteller. Auch ausländische Hersteller haben ihre Bereitschaft angekündigt, genauso zu verfahren; denn nicht nur deutsche Hersteller sind betroffen, sondern ganz genauso französische, italienische und andere Hersteller, nur dass die Zulassungsbehörden nicht in Deutschland sitzen, weshalb nicht direkt Einfluss genommen werden kann. Das heißt, wir werden am Ende bei weit über 1 Million Autos als Konsequenz aus dem Handeln des Bundesverkehrsministers zu einer deutlichen Verbesserung kommen. Dafür, Herr Dobrindt, möchten wir an dieser Stelle herzlich Danke sagen. Das ist eine erste messbare Konsequenz aus diesem Skandal.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich will aber auch darauf hinweisen, dass dieser Untersuchungsausschuss nicht alle Probleme wird beseitigen können; diesen Eindruck sollten wir nicht erwecken. Es wird weiterhin strafrechtliche Untersuchungen geben müssen. Nicht umsonst ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit gegen 17 Mitarbeiter im weiteren Umfeld des VW-Konzerns. Da gehört das auch hin; denn wer gegen Recht verstößt, muss in einem Rechtsstaat von der Justiz, von den Strafverfolgungsbehörden belangt werden. Das kann nicht Aufgabe eines Untersuchungsausschusses sein. Darum ist es gut, dass die Justiz tätig geworden ist. Darum ist es gut, dass wir auch da in den nächsten Monaten wichtige Ergebnisse bekommen werden, die sicherlich zu weiteren Konsequenzen führen werden.
Aber es wird auch auf europäischer Ebene Handlungsbedarf geben; das hat die bisherige Debatte gezeigt. Wir sind froh darüber, dass das Bundesverkehrsministerium und Minister Dobrindt angekündigt haben, bei der Europäischen Union solle darauf gedrängt werden, dass künftig strengere Maßstäbe gelten, dass es strengere Untersuchungen gibt, und zwar nicht nur bei der Typenzulassung, sondern auch im weiteren Verfahren, also auch dann, wenn Autos zur Abgassonderuntersuchung zum TÜV oder zu anderen Untersuchungsorganisationen müssen, um diese Fahrzeuge ebenfalls sauberer zu bekommen. Auch das wird eine ganz wichtige Aufgabe in den nächsten Monaten sein, die aber eben auf europäischer Ebene angegangen wird.
Für uns ist im Zusammenhang mit dem VW-Skandal eines besonders wichtig: Es wurde nicht nur schnell, konsequent und zielgerichtet gearbeitet, sondern es wurde vor allem für die Verbraucher kostenneutral das Vertrauen wiederhergestellt, was zwingend notwendig ist.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)
Denn Tatsache ist: Es werden in Deutschland nach wie vor erstklassige Autos gebaut. Wir werden nicht zulassen, dass Sie eine ganze Branche in Verruf bringen. Darum war es so wichtig, jetzt zu handeln und die Folgen des VW-Skandals nicht zulasten des Verbrauchers zu regeln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir möchten, dass weiterhin deutsche Ingenieure in deutschen Automobilfirmen gute Autos bauen.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)
Bei all den Debatten, die wir in den kommenden Wochen und Monaten führen werden, dürfen wir eines nicht vergessen: Das, was bisher an Umwelterrungenschaften im Bereich der Automobilindustrie geleistet worden ist, kam zu einem ganz maßgeblichen Teil aus deutschen Automobilunternehmen, war von deutschen Ingenieuren entwickelt. Wenn hier jetzt so getan wird, als seien das alles Verbrecher, wenn hier jetzt so getan wird, als seien das die größten Luftverpester, wenn hier jetzt so getan wird, als sei das eine Industrie von gestern, dann will ich Ihnen ausdrücklich widersprechen: Wir haben größtes Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie. Wir sind sicher, dass unsere Ingenieure auch künftig einen Beitrag dazu leisten werden, dass Automobile nicht nur in Deutschland, sondern weltweit immer sauberer werden und damit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Luft in unseren Städten besser wird. Was Sie gesagt haben, Herr Krischer, dass in den letzten 20 Jahren die Luft immer schlechter geworden ist, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Die Luft ist deutlich besser geworden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine letzte Bemerkung, die mir ganz besonders wichtig ist: Wir werden nicht zulassen, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss zu einem Tribunal gegen eine ganze Branche, die für Deutschland von immenser Bedeutung und Wichtigkeit ist, umfunktionieren.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Dann lesen Sie doch mal den Antrag!)
Wir sind an Aufklärung interessiert, aber nicht am politischen Kampf gegen die Automobilindustrie in Deutschland. Darum freuen wir uns auf die Diskussion in den kommenden Monaten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Oliver Krischer um eine Kurzintervention gebeten. Bitte schön.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6834031 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung eines Untersuchungsausschusses |