01.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 172 / Zusatzpunkt 1

Thomas BareißCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Oliver Krischer, Frau Verlinden, ich muss offen sagen: Ich habe nicht geglaubt, dass solche Debatten zum Thema Energiewende im Deutschen Bundestag noch möglich sind. Da wird von Konterrevolution gesprochen und davon, dass Braunkohle die Stromleitungen verstopfe, Kernenergie natürlich auch. Die Grünen argumentieren an der Realität meilenweit vorbei.

Wir haben in den letzten Jahren so viel gemacht – der Minister hat es beschrieben – wie keine andere Bundesregierung zuvor. Heute kommen 33 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Wir sind über das Ziel, das wir uns ursprünglich gesetzt hatten, weit hi­nausgeschossen. Wir haben mehr gemacht, als Sie noch vor zehn Jahren gefordert haben. Jetzt zu behaupten, wir würden die Energiewende abwürgen, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Wir versuchen, sie vernünftig und wirtschaftlich zu gestalten, die Systeme zu integrieren, zu vernetzen und Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit in die Energiewende zu bekommen.

Was mich aber am meisten an den Debatten, die die Grünen angestoßen haben, stört, ist, dass es keinen Versuch gibt, Vorschläge einzubringen, wie wir das EEG weiterentwickeln und wie wir auf die Herausforderungen der Zukunft eingehen sollen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch gemacht!)

Da kommt nichts von Ihnen, außer Debatten, die wir schon vor fünf Jahren hatten. Sie leben immer noch in der Welt der Markteintrittsinstrumente. Sie beklagen immer, dass die erneuerbaren Energien nicht marktfähig sind. Sie sind es aber. Sie können heute schon auf dem Markt bestehen. Wir haben heute nicht mehr ein zartes Pflänzchen im Bereich der erneuerbaren Energien, sondern einen starken Baum, der allerdings tragfähig sein muss und den wir jetzt in den Markt und in die Systeme integrieren müssen.

Deshalb brauchen wir jetzt ein EEG 2016, in dem an den richtigen Stellschrauben gedreht wird. Dazu haben wir viele Dinge vor, die ganz wichtig sind. Eines der Themen – das wurde schon angesprochen – ist der Netzausbau, der in den Ausbau der erneuerbaren Energien inte­griert werden muss. Es wurden schon Zahlen genannt. Ich möchte das Ganze etwas verdeutlichen. Wir haben 2009 mit dem EnLAG, dem ersten großen Leitungsausbauprogramm, 1 800 neue Leitungen für die nächsten Jahre beschlossen. Wir haben dann nur zwei Jahre später im Bundesbedarfsplan festgestellt, dass wir noch 6 200 Kilometer zusätzlich brauchen, um die erneuerbaren Energien, die wir in den nächsten Jahren zubauen wollen, zu integrieren. Es geht also um 8 000 Kilometer neue Leitungen. Davon haben wir heute 700 Kilometer realisiert. Eigentlich wollen wir in vier oder fünf Jahren fertig sein. Das heißt, wir haben gerade einmal 9 Prozent der Leitungen, die wir dringendst brauchen, fertiggestellt. Ich will gar nicht darüber diskutieren, woran das liegt; denn das wäre eine Scheindebatte. Die Realität aber ist, dass wir nicht so vorankommen, wie wir es bräuchten.

Die andere Seite habe ich gerade beschrieben. Wir sind auf dem Stromsektor eigentlich schon bei über 33 Prozent an erneuerbaren Energien. Eigentlich wollten wir dieses Jahr erst bei 28 Prozent sein.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist doch super!)

Das heißt, wir haben mit 120 Prozent die Quote eigentlich schon übererfüllt. Die Netzausbauzahlen und die Ausbauzahlen bei den erneuerbaren Energien passen nicht mehr zueinander. Sie müssen stärker zueinandergebracht werden. Sonst würde das ganze System keinen Sinn mehr machen. Dann würden uns die Bürger zu Recht fragen, ob das, was wir hier machen, überhaupt noch eine Zukunft hat.

Wir brauchen jetzt einen wirtschaftlich und technisch besser abgestimmten Prozess. Das sagen übrigens auch Ihre Parteikollegen wie zum Beispiel Herr Habeck aus Schleswig-Holstein, der ja bald Ihr Spitzenkandidat sein will. Er hat am 20. Mai – ich zitiere – gesagt: Wir müssen jetzt „bei der Umsetzung der Energiewende Tempo rausnehmen“. Er sieht vor Ort, wo die Probleme liegen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir wollen das Tempo nicht herausnehmen, sondern in den nächsten Jahren die Tempi besser aufeinander abstimmen und den ursprünglich von uns vorgesehenen Korridor besser einhalten. Ich glaube, dass wir das mit den vorgesehenen Instrumenten auch entsprechend schaffen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen jetzt – das ist ganz wichtig; wir, die CDU/CSU, haben das schon lange gefordert – den Systemwechsel hin zu Ausschreibungen vornehmen. Das bedeutet, dass wir eine bessere Mengensteuerung haben werden. Die Zubauraten werden für alle Seiten im Bereich der Stromversorgung verlässlicher sein. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass wir die Preise für erneuerbare Energien durch Markt und Wettbewerb – und nicht mehr im Deutschen Bundestag – festlegen.

(Beifall der Abg. Bernhard Kaster [CDU/CSU und Hubertus Heil [Peine] [SPD])

Das wird ganz wichtig sein. Im Übrigen funktioniert das in anderen Ländern gut. Dänemark beispielsweise ist in diesem Bereich wesentlich weiter. Auch dort zeigt sich, dass es funktioniert. In Dänemark werden beispielsweise an Offshorewindparks 10 Cent die Kilowattstunde gezahlt. Bei uns sind es noch 15 Cent. Das heißt, dort hat man die Preissprünge schon realisiert und die Energiewende wesentlich effizienter gestaltet.

Im Übrigen funktioniert die Ausschreibung auch in Deutschland. Wir haben in Deutschland extra ein Pilotprojekt über Solarfreiflächenanlagen durchgeführt. Auch hierbei hat es sich gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die Vielfalt der Akteure entsprechend gewährleisten können. Das heißt, dass auch kleine Anbieter mitmachen können. Auch das war ein ganz wichtiges Anliegen, dessen Berücksichtigung dazu führt, dass die Energiewende alle Bürger entsprechend mitnimmt.

Ich komme zum Schluss. Das EEG, das wir jetzt anpacken wollen, muss – das ist ganz wichtig – mehr Markt beinhalten und verlässlicher sein. Wir brauchen Planungssicherheit. Und es muss mit diesem Gesetz wirtschaftlicher und günstiger werden. Die Ministerpräsidenten haben gestern Abend getagt. Ich kenne das Ergebnis – darauf bin ich gespannt – im Detail noch nicht.

Wir wollen noch vor der Sommerpause mit dem EEG fertig werden. Das heißt, wir müssen uns jetzt sputen und uns anstrengen. Es gibt aber noch weitere Punkte, die wichtig sind. Eigenstrom und besondere Ausgleichsregelungen sind zwei ganz große Bausteine, die für uns – auch in der Debatte während der nächsten drei Wochen – wichtig sind. Das heißt, wir brauchen keine Grabenkämpfe – so wie sie von den Grünen geführt werden –, sondern wir brauchen jetzt Verlässlichkeit auch in der Gesetzgebung.

Ich sage Ihnen nur eines: Trauen Sie den erneuerbaren Energien etwas zu!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Ralph Lenkert von der Linken das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6885720
Wahlperiode 18
Sitzung 172
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa
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